Zum Hauptinhalt springen

Sozial. Gerecht. Frieden. Für alle.

Die Zukunft, für die wir kämpfen

Es liegt an uns allen. Wir können das Land verändern. Wir können die Zukunft für die Menschen gerechter und besser machen. Ein gutes Leben für alle wäre längst möglich. Der Reichtum wächst jeden Tag, aber er kommt nur wenigen zugute. Die Welt ist aus den Fugen, es liegt an uns, sie neu zu gestalten. Die Bundestagswahl kann eine Richtungsentscheidung werden: für ein sozialeres, nachhaltigeres Land, ein gerechtes Europa und eine friedlichere Welt. Die Frage wird sein: Wollen wir den oberen Zehntausend in diesem Land mehr Macht und Einfluss geben und die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertiefen? Oder wollen wir den Sozialstaat stärken, das Klima retten, neue und bessere Arbeit schaffen und gerechter verteilen und für sichere Renten und gute Löhne für alle Menschen kämpfen? Wollen wir denjenigen Politikerinnen und Politikern vertrauen, die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen verantworten und die Gesellschaft spalten? Oder sind wir bereit, uns mit den Reichen und Mächtigen anzulegen? Wollen wir Konkurrenzdruck, Angst und Verunsicherung nachgeben, oder wollen wir stärker über unser Leben und unsere Gesellschaft selbst bestimmen? Wie wir diese Fragen beantworten, wird über unsere Zukunft und unser Zusammenleben entscheiden.

DIE LINKE will eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt: Wir wollen ein Land, in dem alle ihren gerechten Anteil an der Gesellschaft haben. In dem das Leben für die Menschen wieder planbar ist. Wir wollen, dass alle Menschen frei von Armut sind und keine Angst vor sozialem Absturz haben. Wir wollen, dass Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen bessergestellt werden. Wir wollen ein Land, in dem Reichtum das ist, was allen gehört: öffentliche Bildung, Gesundheit, saubere Umwelt, Kultur. In dem Wohnen für alle bezahlbar ist. In dem Natur und Klima geschützt und unsere Ressourcen nicht verschwendet werden. Wir wollen ein Land, in dem alle Menschen gleichberechtigt zusammenleben und an den demokratischen Entscheidungen beteiligt sind – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten, ihrer körperlichen Verfassung, ihrer Herkunft und sozialen Stellung, ihrem Geschlecht, Alter oder ihrer sexuellen Orientierung. Eine inklusive Gesellschaft, in der niemand ausgegrenzt wird. Dafür treten wir an. Gegen den Hass, die Abschottung und die Vorurteile der Rechten. Gegen Aufrüstung und Auslandseinsätze der Bundeswehr. Für soziale Gerechtigkeit und Frieden und einen Aufbruch der Demokratie.

Wir kämpfen für eine Gerechtigkeitswende. Die gibt es nicht zum Nulltarif, nicht für warme Worte und nicht ohne Konflikt mit Konzernen, Superreichen und ihren politischen Verbündeten. Der Einfluss der Reichsten in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ist groß: Wer hat, dem wird gegeben. Ihre Interessen und ihre Macht reichen um den Globus, befördern Freihandel, Umweltzerstörung und Konkurrenz und Kriege, die zu Flucht und Vertreibung führen. Große Konzerne beherrschen zunehmend das Internet. Der Zugang zu guter Bildung und Arbeit bleibt vielen verschlossen. Die Kluft zwischen starken und schwachen Regionen, reichen und armen Stadtvierteln vergrößert sich.

Deutschland ist das wirtschaftlich stärkste Land in Europa. Die Einkommen aus Unternehmen und Vermögen sind seit Anfang des Jahrtausends um rund 30 Prozent gestiegen, die Nettoeinkommen der Beschäftigten im Schnitt um drei Prozent. Die Ungleichheit wird immer wieder hergestellt. Wirtschaftliche Macht übersetzt sich in politische Macht. Die Bundesregierung hat daran nichts geändert und es auch nicht versucht. Im Mittelpunkt des deutschen »Wirtschaftserfolges« stehen gesteigerte Produktivität – durch mehr Druck auf die Beschäftigten und mehr Automatisierung – und prekäre, schlecht entlohnte Dienstleistungen. Für die, die den Reichtum erarbeiten, bedeutet das: Sie haben davon nur mehr Druck, mehr Stress, mehr Erschöpfung, weniger Lohn. Im ganzen Land existieren Regionen, in denen es kaum Aussichten auf eine gute Zukunft gibt. Immer noch sind in den ostdeutschen Bundesländern die Löhne und Alterseinkommen niedriger, und es gibt dort mehr Armut. Wenn sich die Politik daran bindet, die Bedingungen für das Kapital möglichst günstig einzurichten, führt das zu immer neuen Krisen: wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen.

Nicht erst seit 1989 sind viele Kriege um eine neue Ordnung der Welt, die Öffnung von Märkten und den Zugang zu Ressourcen für den Freihandel geführt worden. Die soziale Ungerechtigkeit ist eines der größten Probleme unserer Zeit. Sie befördert die Ausbeutung und die globale Umweltzerstörung, sie schafft Leid und Zerstörung. Sie befeuert Ausbeutung und Umweltzerstörung. Sie zerstört die Demokratie. Sie schafft Leid. Sie raubt Millionen Menschen die Hoffnung, die Lebensgrundlage und die Zukunft und treibt sie in die Flucht. Die deutsche Regierung trägt Mitschuld an dieser neuen Unordnung unserer Welt. Sie hat maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen. Mit einem Rekord bei Rüstungsexporten, auch in Krisengebiete, mit ihrer Beteiligung an oder der Unterstützung von westlichen Militärinterventionen.

Wenn es um Rüstung und Verteidigung geht, gilt für die Bundesregierung offensichtlich kein Sparzwang und keine »Schwarze Null«: Die Ausgaben im Bundeshaushalt sind massiv erhöht worden und sollen weiter steigen. Dringend notwendig wäre dagegen, friedliche Konfliktlösungen zu stärken und die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen: einen ungerechten Welthandel und den globalen Kapitalismus.

Die Bundesregierung aber stärkt den Finanzkapitalismus: in Deutschland, in Europa und weltweit. Wohnungen, Lebensmittel, Gesundheit werden zu Märkten für die Spekulation. Die Gewinne kommen nur einer Minderheit zugute. Die Folgen: Die Menschen in Deutschland leben unter ihren Möglichkeiten. Die Politik der deutschen Regierung in Europa hat verheerende Folgen für die Menschen. Die deutsche Regierung spielt eine zentrale Rolle dabei, die Europäische Union weiter zum Wettbewerbsraum umzubauen. Standortkonkurrenz, Druck auf Löhne und Sozialstaat und der Freihandel sind aber weder im Interesse der Menschen in Deutschland noch im übrigen Europa.

Die Europäische Union ist heute in einer tiefgreifenden Krise. Dahin haben Sozialkürzungen, Austerität und der Mangel an Demokratie geführt. Gerade die Bundesregierung hat diesen Kurs immer bestärkt. Die Antworten der Mächtigen auf die Krisen setzen auf mehr Abschottung, Aufrüstung und auf eine europäische Interventionsarmee. Truppenbewegungen von EU und NATO an den Grenzen zu Russland gefährden den Frieden. Die Mächtigen lassen sich auf Geschäfte mit Despoten wie Erdogan ein. Sie dulden, dass ein Mitgliedsstaat wie Ungarn die Demokratie abbaut. Sie schwächen Gewerkschaften und verschärfen ihren neoliberalen Kurs der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Gleichzeitig wachsen Rassismus und Nationalismus und die Hetze gegen Menschen, die vor den Folgen dieser Politik auf der Flucht sind. Rechte Parteien und autoritäre Populistinnen und Populisten in Europa und den USA heizen Rassismus, Nationalismus und Frauenfeindlichkeit an.

Wir wollen ein anderes Europa, ein Europa der Menschen, nicht der Banken und Konzerne. Wir wollen einen Neustart der Europäischen Union, mit neuen Verträgen, neuen Strukturen, neuen Hoffnungen. Die neoliberale Politik von Privatisierung, Spekulation und unsozialer Kürzungspolitik wollen wir beenden. Wir wollen die sozialen Rechte in der EU stärken. Wir wollen abrüsten und Waffenexporte verbieten. Wir brauchen in Europa und weltweit eine neue Entspannungs- und Friedenspolitik. Wir werden uns niemals damit abfinden, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken oder in Tod und Folter abgeschoben werden. Wir wissen: Wir müssen die Ursachen bekämpfen, nicht die Symptome. Wir müssen Krieg, Waffenexporte und die Ungerechtigkeiten in der globalen Wirtschaft beenden. DIE LINKE steht an der Seite der Armen und Erwerbslosen wie an der Seite der Geflüchteten. Wir streiten für ein friedliches, solidarisches und demokratisches Europa.

Mächtige Konzerninteressen verhindern, dass Umweltzerstörung und Klimawandel gestoppt werden. Die Konzerne sichern ihre Profite, indem sie wirtschaftliches Wachstum auf Kosten von Natur und Umwelt organisieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Deutschland die Klimaziele für das Jahr 2020 nicht einhalten. Der neoliberale Kapitalismus nutzt ungebrochen fossile Brennstoffe, die Zerstörung von Klima und Natur schreitet voran. Wir müssen uns entscheiden, was wir retten wollen: Kapitalismus oder Klima. Wir wollen die Erzeugung und den Verbrauch von Energie umweltverträglich umbauen. DIE LINKE ist die einzige Partei, die für ein anderes Wirtschaftssystem eintritt: für einen wirklichen sozialen und ökologischen Umbau. Menschen vor Profite.

Wir leben in einem reichen Land. Aber für viele Menschen ist davon nichts zu spüren: Sie arbeiten, kommen aber kaum über den Monat. Das öffentliche Eigentum schmilzt, das private Eigentum war noch nie so ungleich verteilt wie heute. Viele öffentliche Einrichtungen verkommen. In unzähligen Schulen regnet es herein, und es fehlt das Geld für eine angemessene Reinigung. An den Universitäten fehlt es in den Vorlesungen immer öfter an Plätzen. In öffentlichen Krankenhäusern werden notwendige Investitionen nicht durchgeführt, Schwimmbäder, Sporthallen, Theater und Bibliotheken werden geschlossen. Brücken, Spielplätze, Fuß- und Radwege werden nicht im nötigen Umfang instand gehalten. Was an öffentlichen Angeboten fehlt, muss privat bezahlt werden. Viele Menschen können das nicht.

Wir leben in einem Land, in dem viele Menschen arm sind. Die Schlangen an den Tafeln werden nicht nur am Monatsende immer länger. Mehr und mehr Kinder kommen ohne Frühstück in die Schule. Klassenfahrten sind oft eine finanzielle Herausforderung. Das solidarische Gewebe der Gesellschaft ist dünn geworden. Wir leben in einem Land, in dem viele Menschen reich sind: Rund eine Million sind Millionäre. Aber eine Vermögensteuer wird nicht erhoben.

Wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich öffnet, bedeutet das auch mehr Druck auf die in der Mitte: Stress und Verunsicherung prägen den Alltag vieler Menschen. Sie erwarten wenig von der Zukunft, von der Rente, von Politik. Viele Menschen haben das Gefühl, dass sie nicht bekommen, was ihnen zusteht. Und sie haben Recht. Über 25 Jahre lang haben die verschiedenen Bundesregierungen die Gesellschaft entsichert. Notwendige Investitionen in das öffentliche Eigentum wurden zurückgehalten. Die Explosion der Mieten in den Städten verschärft die Umverteilung zugunsten der Vermögenden. Eine bezahlbare Wohnung zu haben, ist für viele zu einer Existenzfrage geworden. Verdrängung, Entmietung und Verteuerung durch Herausmodernisieren sind an der Tagesordnung. Die Städte sind der Spekulation anheimgefallen. Die Agenda 2010 und das Hartz-IV-System haben Millionen Menschen in den Niedriglohn gestoßen und zur Armut und Bevormundung verurteilt. Sie wurden abgehängt. Die großen Parteien kümmern sich nicht um sie, sondern sorgen für Resignation. Die Interessen der Reichen werden geschützt. Die Interessen der Mehrheit, die öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen nutzt, werden verkauft. Die Schuldenbremse wird als Sparsamkeit angepriesen, erweist sich aber als Dogma: Dringender Bedarf wird nicht mit Förderung und Investitionen beantwortet, selbst wenn im Bundeshaushalt Überschuss ist. Ungleichheit setzt sich fest. In der Schule wirkt die soziale Herkunft wieder stärker: Wer arm oder als Arbeiterkind hineingeht, geht in Richtung Niedriglohn heraus. So verspielt die falsche neoliberale Politik Zukunft und soziale Sicherheit der Menschen!

Öffentliche und persönliche Sicherheit sind Bestandteil von sozialer Gerechtigkeit. Sicherheit wird immer mehr zu einem Zustand, den man sich leisten können muss. Unsicherheit und die soziale Ungleichheit befördern die Suche nach Sündenböcken. Angst und Sorge wachsen, wo Mangel herrscht. Rechte Parteien nutzen die Unsicherheiten aus. Sie versuchen, die Mobilisierung gegen die Schwächsten der Gesellschaft zu lenken. Dabei können sie an der Mobilisierung gegen Muslime aus der Mitte der Gesellschaft anknüpfen. Rassistische Hetze und Gewalt nehmen zu. DIE LINKE steht an der Seite derjenigen, die Opfer rassistischer Angriffe sind, und derjenigen, die sich gegen Rassismus und für ein solidarisches Miteinander einsetzen. Wir sind Teil der Willkommens- und Solidaritätsbewegung für die Geflüchteten. Deutschland ist schon lange ein Einwanderungsland. Wir wollen ein gutes Zusammenleben stärken, mit allen, die hier leben: eine soziale Offensive für alle. Gegen einen rechten Kulturkampf, gegen die falschen Versprechen, dass es »uns« besser geht, wenn es »den anderen« schlechter geht, wollen wir eine Gesellschaft, in der wir ohne Angst verschieden sein können. Wir schaffen ein verlässliches soziales Netz der Gesellschaft und stellen eine gerechte Verteilung des Reichtums her.

Zeit für eine grundlegende Veränderung

Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat auf Druck der Gewerkschaften und der LINKEN einen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt, aber immer noch können viele Menschen von ihrer Arbeit nicht leben. Wir haben immer noch einen größeren Niedriglohnsektor als die meisten westlichen europäischen Länder. Die Regierung brüstet sich damit, dass wenige bereits ab 63 in Rente gehen können, aber tut nichts gegen die explodierende Zahl von älteren Menschen, die arm sind oder sein werden. Die Bundesregierung spricht darüber, reiche Erben zu besteuern, tatsächlich werden sie entlastet. Sie beklagt den Klimawandel, tut aber kaum etwas Wirksames dafür, dass selbst die niedrig bemessenen Klimaziele 2020 erreicht werden. Sie beklagt die Flüchtlinge, aber sie exportiert weiter Waffen in Krisengebiete. Sie spricht von internationaler Verantwortung und plant, die Ausgaben für das Militär massiv zu erhöhen.

Wir kämpfen um jede Verbesserung im Alltag. Aber wir wissen auch, es braucht mehr als oberflächliche Korrekturen. Wir sind an einem Wendepunkt. Denn: Ein System, das Menschen massenhaft in die Altersarmut schickt, hat abgewirtschaftet. Mit einer bloß anderen Verwaltung der Gegenwart kommt keine bessere Zukunft. Wenn wir keine Alternativen durchsetzen, zerstört der Kapitalismus zunehmend die Gesundheit der Menschen, ihren sozialen Zusammenhalt und die Demokratie. Massenerwerbslosigkeit und Armut im globalen Maßstab, Kriege, rechter und islamistischer Terror, Millionen Menschen, die vor Verfolgung, Armut, Krieg und den Folgen des Klimawandels fliehen und ihre Heimat verlassen müssen – all das zeigt: Der globale Kapitalismus führt zu immer mehr Verwerfungen und Krisen. Dieses System im Interesse einer Klasse von Kapitaleigentümern und Superreichen steht den Interessen der Mehrheit der Menschen entgegen. DIE LINKE kämpft daher für Alternativen zum Kapitalismus. Wir wollen einen neuen Sozialismus, einen demokratischen, ökologischen, feministischen und lustvollen Sozialismus.

Gegen die geballte Macht von Unternehmen, Reichen und ihren politischen Parteien brauchen wir eine Revolution der sozialen Gerechtigkeit. Statt einer Gesellschaft, in der zentrale Bereiche des Lebens Profit, Wettbewerb und Privatisierung unterstellt werden, wollen wir:

Eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt.

Was wir dringend angehen: 

  • Gute Arbeit und gute Löhne: Den gesetzlichen Mindestlohn erhöhen wir auf  12 Euro. Selbst die Bundesregierung weiß: Darunter reicht es nicht zum Leben und für eine Rente oberhalb der Grundsicherung. Wir wollen prekäre Arbeit abschaffen: Befristungen ohne sachlichen Grund, Minijobs und Leiharbeit werden ausgeschlossen. Die Ausnahmeregeln für Befristungen im wissenschaftlichen Bereich wollen wir abschaffen. Die Arbeit mit Menschen muss besser bezahlt werden!
  • Soziale Garantien des Lebens: Armut abschaffen, statt die Armen bekämpfen: Wir schaffen das Hartz-IV-System ab und ersetzen es durch eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro ohne Sanktionen und Kürzungsmöglichkeiten. Der Bezug des Arbeitslosengeldes muss deutlich verlängert werden.
  • Wir schaffen eine Kindergrundsicherung, die alle Kinder vor Armut und Ausgrenzung schützt. Sie sichert ihnen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und gute Entwicklungsmöglichkeiten.
  • Das Rentenniveau muss wieder auf 53 Prozent angehoben werden. Das bedeutet für einen Standardrentner oder eine Standardrentnerin: rund 126 Euro netto mehr im Monat. Wir wollen eine Solidarische Mindestrente von 1.050 Euro.
  • Mehr Zeit zum Leben statt schuften bis zum Umfallen: Wir wollen Arbeit so umverteilen, dass die einen nicht mehr in Stress und Überstunden untergehen und die anderen nicht so viel Arbeit finden, wie sie wollen. Kürzere Vollzeit um die 30 Stunden in der Woche mit guten Standards: Wir wollen ein neues Normalarbeitsverhältnis und ein Recht auf Feierabend. Und eine gerechtere Verteilung der Tätigkeiten zwischen den Geschlechtern. Wir wollen die Rente ab 65 oder nach mindestens 40 Beitragsjahren ab 60 Jahren.
  • Wir haben ein Programm für die Zukunft, das sich am Bedarf und den Bedürfnissen der Menschen orientiert – weg mit der Politik von Schuldenbremse und »Schwarzer Null«: Wir investieren in Bildung und Gesundheit, in mehr Personal in Pflege und Erziehung, in sozialen Wohnungsbau. Wir investieren in erneuerbare Energien, öffentlichen Nahverkehr, schnelle Internetverbindungen und in Barrierefreiheit. Wir schaffen einen sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft. Wir bekämpfen Massenerwerbslosigkeit und schaffen neue Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit.
  • Wir finanzieren dieses Zukunftsprogramm, indem wir Reichtum begrenzen: Vermögen oberhalb einer Million Euro wollen wir besteuern, auch hohe Erbschaften. Steuern der Konzerne werden wir erhöhen und den Steuervollzug durchsetzen. Privatisierungen und »öffentlich-private Partnerschaften«, etwa beim Bau von Autobahnen oder Schulen, lehnen wir ab.
  • Auch in der Einkommensteuer wollen wir die unteren und mittleren Einkommen entlasten, die oberen stärker belasten: Wir erhöhen den monatlichen Grundfreibetrag auf 1.050 Euro zu versteuerndes Einkommen. Mit unserem Steuerkonzept werden alle entlastet, die weniger als 7.100 Euro brutto im Monat (Steuerklasse I) verdienen. Wir sehen zwei Stufen einer gesonderten Reichensteuer vor: 60 Prozent auf die Teile des zu versteuernden Einkommens oberhalb von rund 260.000 Euro Jahreseinkommen und 75 Prozent auf die oberhalb einer Million Euro.
  • Stopp von Mieterhöhungen! Wir wollen eine wirkliche Mietpreisbremse, flächendeckend und ohne Schlupflöcher. Wir wollen jährlich mindestens 250.000 neue Sozialwohnungen schaffen. Wir wollen sozialen, kommunalen und gemeinnützigen Wohnungsbau stärken und ein Verbot der Spekulation mit Wohnraum.
  • Statt der Zwei-Klassen-Medizin schaffen wir eine Solidarische Gesundheitsversicherung. Alle zahlen mit allen Einkommen ein, die Beiträge sinken und die Versorgung wird besser für alle. Zuzahlungen z.B. für Zahnersatz und Brille schaffen wir damit ab.
  • Immer noch trennt eine Mauer den Osten vom Westen: Wir wollen den Rentenwert Ost sofort an das Westniveau angleichen. Wir kämpfen für gleiche Löhne und gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West.
  • Den Klimawandel stoppen! Wir wollen den Umstieg auf erneuerbare Energien, eine ökologische Verkehrswende und den Schutz unserer Umwelt.
  • Wir schaffen gute Bildung für alle: mit gut ausgestatteten Kitas und Schulen und genügend Ausbildungs- und Studienplätzen.
  • Wir lehnen Aufrüstung, Waffenexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie jegliche deutsche Unterstützung von Militärinterventionen ab. Die Militärausgaben dürfen nicht erhöht, sondern müssen deutlich gesenkt werden. Statt wie die Bundesregierung auf Aufrüstung, Konfrontation und Sanktionen gegen Russland zu setzen, werden wir eine Friedens- und Entspannungspolitik einleiten.
  • Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge! Wir brauchen eine gerechte Entwicklungshilfe und fairen globalen Handel.
  • Wir unterstützen die Forderungen nach einem sofortigen Stopp der Abschiebungen und nach einem Bleiberecht für alle.
  • Wir wollen sichere Fluchtwege schaffen, damit das Sterben im Mittelmeer aufhört. Das Recht auf Asyl stellen wir wieder her und setzen die Genfer Flüchtlingskonvention durch. Der schmutzige Deal mit der Türkei und anderen Ländern muss aufgekündigt werden!
  • Wir wollen eine solidarische Einwanderungsgesellschaft: mit sozialer Sicherheit statt Konkurrenz um Arbeitsplätze, Wohnungen und Bildung. Mit einer sozialen Offensive für alle, die den Zusammenhalt der Gesellschaft stärkt.
  • Wir wollen einen Neustart der Europäischen Union mit grundlegend veränderten EU-Verträgen: solidarisch, friedlich, demokratisch, ökologisch. Soziale Rechte, Tarifverträge und demokratische Gestaltungsmöglichkeiten müssen Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten der Unternehmen haben. Dazu gehört, das Europaparlament zu stärken. Die unsoziale Kürzungspolitik werden wir beenden.
  • Wir wollen Demokratie für alle. Alle hier lebenden Menschen sollen die Möglichkeit haben, sich am demokratischen Prozess zu beteiligen. Dazu zählt auch Transparenz staatlichen Handelns.
  • Wir lehnen die neoliberalen Freihandels- und Konzernschutz-Abkommen ab: TTIP mit den USA, CETA mit Kanada, JEFTA mit Japan, die Freihandelsabkommen mit Afrika, das Dienstleistungsabkommen TiSA und ähnliche Abkommen. Sie sind demokratie-feindlich und schränken die Entwicklungsmöglichkeiten schwächerer Länder ein. Deutschland muss ihnen die Zustimmung verweigern.

Dafür kämpfen wir in den Parlamenten und auf der Straße, in Regierungen und in den Betrieben, im Bund, den Ländern und den Kommunen. Außerparlamentarische Bewegungen sind ein wichtiger Motor linker Politik. Wir werden es nicht allein schaffen, Politik und Gesellschaft eine neue Richtung zu geben. Wir wissen um die Notwendigkeit von Gewerkschaften, freien Wohlfahrts- und Sozialverbänden und engagierten Bürgerinnen und Bürgern.

Stimmen wir nicht nur ab, erheben wir unsere Stimme! Es gibt viel Wut und Empörung – zu Recht. Vieles läuft falsch. Die gute Nachricht: Es muss nicht so bleiben. Es geht anders, wenn wir es anders machen. Wir sind viele, viel mehr, als wir denken: Wir schauen nicht weg, wir stehen auf gegen Unrecht und Unmenschlichkeit. Viele Menschen sind in Bewegung: für gerechten Welthandel, für Klimaschutz, für Frieden und Abrüstung, gegen Rassismus, für eine Aufwertung von Sozial- und Erziehungsdiensten, für höhere Löhne im Einzelhandel, gegen steigende Mieten und Verdrängung, für mehr Personal in Gesundheit und Pflege, für gute Arbeit und gegen Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit. Wir streiten. Wir demonstrieren. Wir haben Hoffnung. Wir sind die Hoffnung auf Veränderung. Gemeinsam können wir das Land verändern. Auf jede und jeden kommt es an.

Millionen Menschen in Deutschland wünschen sich bessere Löhne, sichere Arbeitsplätze, weniger Stress und Arbeitszeiten, die mit dem Leben mit Kindern, mit Familie und Freundschaften vereinbar sind. Aber diese berechtigten Ansprüche werden für viele Beschäftigte und Selbständige nicht eingelöst. Viele arbeiten bis zur Erschöpfung und kommen doch mit ihrem Lohn kaum bis zum Monatsende über die Runden. Ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in unsicheren Arbeitsverhältnissen wie Leiharbeit, Werkverträgen, befristeter Beschäftigung, Minijobs, Solo- und Scheinselbständigkeit. Prekär Beschäftigte können das eigene Leben kaum planen und sich kaum eine berufliche Perspektive aufbauen. DIE LINKE vertritt genauso die Interessen der vielen Beschäftigten, die mit auskömmlichem Gehalt und unbefristeten Arbeitsverhältnissen arbeiten. Sorgen um den Arbeitsplatz und die berufliche Zukunft, Dauerstress und belastende Arbeitszeiten machen krank. Wir stellen uns den Versuchen der Arbeitgeber entgegen, die Belegschaften spalten: in Beschäftige in unsicheren Arbeitsverhältnissen und Beschäftigte, die nicht direkt davon betroffen sind.

DIE LINKE kämpft für einen grundlegenden Kurswechsel in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik und für ein neues Normalarbeitsverhältnis. Das alte Normalarbeitsverhältnis, das nach dem Zweiten Weltkrieg von Beschäftigten und Gewerkschaften erkämpft wurde, bedeutete Sicherheit gegen das Risiko von sozialem Abstieg. Es erlaubte, die Zukunft zu planen und die Grundlagen dafür zu legen, dass es den Kindern einmal besser geht. Wir wollen ein neues Normalarbeitsverhältnis, das für alle Menschen soziale Sicherheit ermöglicht und auf individuelle Lebenslagen Rücksicht nimmt: Die Löhne müssen für ein gutes Leben und für eine Rente reichen, die den Lebensstandard im Alter sichert. Arbeit darf nicht krank machen, sie muss planbar und mit dem Leben mit Kindern vereinbar sein. Arbeit muss für alle Menschen sicher und unbefristet, tariflich bezahlt, sozial abgesichert und demokratisch mitgestaltet sein. Das gilt, egal ob die Arbeit mit Laptop oder Wischmopp, im Pflegekittel oder Blaumann geleistet wird. In einem reichen Land wie Deutschland fängt sozial gerechte Politik damit an, dass Armut trotz Arbeit, sozialer Abstieg und permanente Unsicherheit in prekären Jobs sofort gestoppt werden. DIE LINKE will als Sofortmaßnahmen durchsetzen:

  • Der gesetzliche Mindestlohn wird auf 12 Euro erhöht. Der Mindestlohn von 8,84 Euro, den die Große Koalition auf Druck der Gewerkschaften, Sozialverbände und der LINKEN endlich eingeführt hat, ist zu niedrig. Der gesetzliche Mindestlohn muss jährlich angehoben werden, dabei ist mindestens die Produktivitäts- und Preisentwicklung zu berücksichtigen. Er muss so bemessen und fortlaufend angepasst werden, dass er wirksam vor Altersarmut schützt. Und er muss flächendeckend gelten: Alle Ausnahmeregelungen wollen wir streichen. Um die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns zu kontrollieren, müssen dringend mehr staatliche Kontrolleure und Kontrolleurinnen eingestellt werden.
  • Befristungen stoppen! Immer mehr Menschen hangeln sich jahrelang von einem befristeten Job zum nächsten. Jeder zweite neu abgeschlossene Arbeitsvertrag ist befristet. DIE LINKE fordert daher die ersatzlose Streichung der »sachgrundlosen Befristung« aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Sachgründe müssen strikt beschränkt, Kettenbefristungen verboten werden: Der zweite Arbeitsvertrag beim gleichen Arbeitgeber muss unbefristet sein, Befristungen sollen auf längstens ein Jahr beschränkt werden. Auch im öffentlichen arbeiten Beschäftigte immer öfter und länger befristet – vor allem junge Berufseinsteiger. Der öffentliche Dienst muss Vorbild sein: Sachgrundlose Befristungen müssen ausgeschlossen werden.
  • Lohndumping durch Leiharbeit und Werkverträge verhindern! Leiharbeit schafft im gleichen Betrieb Beschäftigte zweiter Klasse. Beschäftigte in Leiharbeit verdienten 2015 nur knapp 60 Prozent des Durchschnittslohns. Wir wollen die Leiharbeit abschaffen. Bis dahin kämpfen wir um bessere Bedingungen für die Beschäftigten! Lohndumping muss sofort unterbunden werden: Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen müssen den gleichen Lohn wie Festangestellte plus eine Flexibilitätszulage von  10 Prozent erhalten! Kein Einsatz von Leiharbeitsbeschäftigten darf länger als drei Monate dauern. Leiharbeiter müssen nach drei Monaten im Betrieb übernommen werden und dürfen nicht gegen andere Leiharbeiter ausgetauscht werden. Der Einsatz von Leiharbeit und die Vergabe von Werkverträgen müssen an die Zustimmung des Betriebsrates und die Einhaltung der im Kernbetrieb gültigen Tarifverträge gebunden werden. Der Missbrauch von Werkverträgen durch Scheinwerkverträge muss wirksam unterbunden werden, indem die Beweislast umgekehrt wird und zukünftig beim Arbeitgeber liegt.
  • Immer mehr Beschäftigte, mehrheitlich Frauen und Alleinerziehende, werden in unfreiwillige Teilzeit, Mini- und Midi-Jobs und damit in Altersarmut abgedrängt. DIE LINKE fordert soziale Absicherung: Ab dem ersten Euro muss eine volle Pflicht zur Sozialversicherung gelten. DIE LINKE setzt sich für die Ersetzung von Mini- und Midi-Jobs durch unbefristete Arbeitsverträge und existenzsichernde Einkommen ein. Dazu wollen wir einen Rechtsanspruch auf eine Mindeststundenzahl im Arbeitsvertrag von 22 Stunden pro Woche einführen. Dieser soll für alle Beschäftigten gelten. Ausnahmen darf es nur aus schwerwiegenden wirtschaftlichen Gründen geben. Die Beweispflicht hierfür muss beim Unternehmen liegen. Zudem müssen Arbeitgeber verpflichtet werden, den Abschluss von Teilzeitverträgen unter 22 Stunden mit dem Betriebsrat zu erörtern, der Betriebsrat muss ein Vetorecht erhalten.
  • Beschäftigte in Privathaushalten brauchen Einkommen, die zum Leben reichen, und eine Stärkung ihrer Arbeitsrechte, alle Beteiligten brauchen Planungssicherheit. Um informelle Arbeit zurückzudrängen und zu gewährleisten, dass Beschäftigte nicht weiterhin auf mehrere prekäre Jobs angewiesen sind, wollen wir Beschäftigung im Bereich häuslicher Dienstleistungen (u.a. Reinigung, Pflege, Kinderbetreuung) regulieren. Bevorzugt soll Arbeit in Privathaushalten über zertifizierte Agenturen, gemeinwohlorientierte oder kommunale Träger organisiert werden. Die zertifizierten Dienstleistungsplattformen müssen Tarifverträge, unbefristete Beschäftigung, das Recht auf eine vertragliche Mindeststundenzahl und die Bezahlung nach dem Mindestlohn garantieren. Zudem müssen Beratungs- und Weiterbildungsangebote für Beschäftigte in Privathaushalten ausgebaut werden. Um Überausbeutung zurückzudrängen, müssen Beschäftigte in Privathaushalten ohne Arbeits- und Aufenthaltsrechte die Möglichkeit einer Legalisierung erhalten.
  • Die Regelung im Arbeitsschutzgesetz, dass die Verhütung psychischer Belastung zum gesetzlich verpflichtenden Arbeitsschutz gehört, muss mit Leben erfüllt werden. Das gesetzliche Instrument der Gefährdungsbeurteilung ist deshalb schärfer durchzusetzen, zu kontrollieren, und offensichtliche Mängel sind zu sanktionieren. Die Arbeitsschutzämter sind finanziell und personell besser auszustatten.
  • Um die gleichberechtigte Teilhabe der Beschäftigten zu verbessern, müssen entsprechende Strategien entwickelt und umgesetzt werden (Diversity-Strategien). Auch entsprechende Dienstvereinbarungen müssen abgeschlossen werden. Diskriminierungen und Mobbing sind zu ahnden. Für alle Beschäftigtengruppen, die von Diskriminierung betroffen sind oder sein könnten, müssen Gleichstellungspläne erstellt werden.

Höhere Löhne statt steigender Rendite

Die Einführung der Agenda-2010-Reformen durch die Regierung von SPD und Grünen – mit Zustimmung von Union und FDP – bereitete Niedriglöhnen, prekärer Beschäftigung und Tarifflucht den Weg. In den vergangenen Jahren sind die Löhne kaum gestiegen. Tarifverträge gelten nur noch für eine Minderheit der Beschäftigten. Wo Unternehmen Tarifflucht begehen, sinken häufig die Löhne; prekäre Arbeit, Stress und die Erpressbarkeit der Belegschaften nehmen zu. DIE LINKE kämpft für eine Umverteilung des Reichtums von den Profiten zu den Löhnen. Die Löhne für Gering- und Normalverdienende müssen deutlich steigen!

Die Bundesregierung hat nichts gegen die Tarifflucht der Unternehmen getan. Wir wollen die Verhandlungsposition von Beschäftigten und Gewerkschaften verbessern. Die Arbeitgeberseite kann gegen die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ein Veto einlegen. Das wollen wir abschaffen.

  • Ein Tarifvertrag muss auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn z.B. ein Drittel der Beschäftigten der jeweiligen Branche von diesem Tarifvertrag erfasst wird. Ein Tarifvertrag ist ferner im öffentlichen Interesse auf Antrag einer Tarifvertragspartei für allgemeinverbindlich zu erklären, wenn die Absicherung des Tarifvertrages gegen die Folgen wirtschaftlicher oder sozialer Fehlentwicklungen erforderlich ist. Es muss als »öffentliches Interesse« angesehen werden, Tarifverträge in ihrer Reichweite zu stärken und einen Unterbietungswettbewerb zu Lasten von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu verhindern. Bei Betriebsübergängen in nicht tarifgebundene Unternehmen und bei Auslagerungen müssen die bisherigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung unbefristet geschützt bleiben und auch für neu Eingestellte gelten.
  • Einige Unternehmen verstoßen systematisch gegen den Mindestlohn, das Arbeitsrecht und das Betriebsverfassungsgesetz. Recht muss durchgesetzt werden: In der Arbeitswelt gibt es aber häufig einen Freifahrtschein, der Rechtstaat versagt häufig. DIE LINKE fordert die Einrichtung einer staatlichen Beschwerdestelle unter Einbeziehung des DGB. Wir wollen Staatsanwaltschaften für Straftatbestände aus dem Arbeitsrecht schaffen und mehr Personal für die Aufsichtsbehörden einrichten.
  • Der Staat muss eine Vorreiterrolle für gute Löhne einnehmen: Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen wollen wir daran knüpfen, dass Tarifverträge eingehalten werden und an Kriterien der Gewerkschaften für gute Arbeit gebunden sind. Die Löhne in den unteren und mittleren Einkommensgruppen des Öffentlichen Dienstes müssen deutlich steigen.

DIE LINKE will gute Löhne für alle Beschäftigten. Wir wollen verbindliche Obergrenzen für Manager- und Vorstandsgehälter: Sie dürfen nicht mehr als das Zwanzigfache des niedrigsten Gehalts im Unternehmen betragen. Die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der Schweiz hatten ein Verhältnis von 1 zu 12 gefordert – das ist der nächste Schritt. Jahresgehälter über einer halben Million Euro dürfen nicht mehr steuerlich abzugsfähig sein. Wir wollen Wege prüfen, wie sie in Portland (USA) gegangen werden: Dort wird für Unternehmen eine Strafsteuer erhoben, deren Löhne zu weit auseinander gehen. Wir fordern verbindliche Regeln für alle öffentlichen Unternehmen. Obergrenzen für Gehälter in Unternehmen sollen dazu beitragen, die Einkommen in der Gesellschaft gerechter zu machen. Wir schlagen vor, dass niemand mehr als vierzig Mal so viel verdienen sollte wie das gesellschaftliche Minimum. Das sind derzeit knapp eine halbe Million Euro im Jahr.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Um die Lohndiskriminierung von Frauen zu überwinden, braucht es einen grund-legenden Kurswechsel in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftspolitik. Ein verbind-liches Entgeltgleichheitsgesetz und Lohnmessungsinstrumente sind wichtige Schritte. DIE LINKE will darüber hinaus den Niedriglohnbereich, in dem mehrheitlich Frauen tätig sind, abschaffen. Alle Geschlechter müssen die gleichen Chancen haben, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Deshalb schaffen wir familiengerechte Arbeitszeiten, eine Umverteilung der Arbeit, Ausbau von Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen sowie von Angeboten für Menschen mit Pflegebedarf. Die gesellschaftlich unverzichtbare Arbeit mit den Menschen in Kindertagesstätten, in Pflegeberufen und in der sozialen Arbeit, die immer noch mehrheitlich von Frauen geleistet wird, muss anerkannt und besser bezahlt werden! DIE LINKE wird mehr Geld in soziale Dienstleistungen investieren (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«). Wir beenden die Unterfinanzierung von Bildung, Gesundheitsversorgung und Pflege. Der Pflegemindestlohn muss auf 14,50 Euro erhöht und Tarifregelungen für Pflegefachkräfte müssen bundeseinheitlich für verbindlich erklärt werden (vgl. Kapitel IV »Solidarische Gesundheitsversicherung«).

  • DIE LINKE will die Rechte von Beschäftigten in Privathaushalten stärken. Kontrollen und arbeitsrechtliche Unterstützung müssen ausgeweitet werden.
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag muss auch für Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter und für Beschäftigte gemäß Arbeitnehmerentsendegesetz gelten.
  • Immer noch erhalten Beschäftigte im Osten Deutschlands weniger Lohn als im Westen, im Durchschnitt 24 Prozent. Der Niedriglohnsektor ist größer. Dem stellen wir uns entgegen. Wir unterstützen die Gewerkschaften beim Kampf um bundeseinheitliche Flächentarifverträge (vgl. Kapitel X »Gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West«).

Statt digitales Prekariat: soziale Absicherung für alle Beschäftigten

Digitalisierung und die Arbeit und Auftragsvergabe über Clouds und Plattformen schaffen neue, oft entgrenzte und prekäre Beschäftigungsformen. Im Zuge der fortschreitenden digitalen Vernetzung entsteht eine große Vielfalt an neuen Formen von Arbeit und Beschäftigung. Unternehmen können im Internet – in der Cloud – in großem Stil auf eine große Menge von Arbeitskraftanbietern – die Crowd – zugreifen, Kandidaten fallweise auswählen und für Teilaufgaben beauftragen. Die Beschäftigten haben meist keine soziale Absicherung, Mitbestimmung, Tarifverträge, und sie sind nicht gewerkschaftlich organisiert. Das Arbeitsrecht findet keine Anwendung.

Die Zahl der digitalen Tagelöhner, die ihre Arbeit per Internet anbieten, wächst stetig. Die große Mehrheit verdient wenig. Freelancer sind zumeist nicht für Zeiten der Erwerbslosigkeit versichert und haben keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die digitale Agenda der Bundesregierung gibt keine Antwort darauf, wie diese Prekarisierung zurückgedrängt werden kann.

Crowdworking steht für eine neue digitale und globalisierte Arbeitswelt. Die Begriffe »Beschäftigte« »Arbeitgeber« und »Betrieb« müssen den neuen Gegebenheiten angepasst werden. DIE LINKE verteidigt die Schutzrechte und die demokratische Mitbestimmung der Beschäftigten gemeinsam mit den Gewerkschaften. Wir wollen sie so ausweiten, dass Crowd- und Cloud-Arbeit reguliert und gute Arbeit auch in der Cloud möglich wird. Arbeitsschutzrechte müssen umfassend gelten und nach Empfehlungen einer Kommission aus Gewerkschaften, Expertinnen und Experten aus Arbeitsrecht und Arbeitsmedizin auf diese Herausforderungen hin überarbeitet werden. Es muss ein EU-Rahmen zum Thema Crowdworking geschaffen werden, damit Mindestlöhne, Arbeitszeitregulierung, Sozialversicherung, Rentenversicherung, Besteuerung etc. weder ausgehöhlt noch umgangen werden können. Bei Crowdwork-Plattformen müssen sowohl die Betreiber als auch die Auftraggeber an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme paritätisch beteiligt werden.

Die Entwicklung neuer Technologien und die Digitalisierung führen dazu, dass sich die Anforderungen an die Arbeit und die berufliche Kompetenz der Menschen verändern. Auch im Beruf ist Weiterbildung eine wichtige Voraussetzung, um mit den technischen Veränderungen Schritt zu halten. Das heißt aber nicht, dass die Unternehmen die Verantwortung für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten als deren Bringepflicht ansehen dürfen. Bislang werden die Menschen mit dieser Anforderung im Stich gelassen. DIE LINKE will ein umfassendes Recht auf Weiterbildung. Die Qualifizierung der Beschäftigten ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nicht auf die Einzelnen abgewälzt werden darf.

  • Bei der betrieblichen Weiterbildung dürfen Arbeitgeber nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Fortbildungsmaßnahmen, die im Interesse der Unternehmen sind, müssen auch von diesen finanziert werden. Alle Beschäftigten müssen zum Zwecke der Weiterbildung einen Rechtsanspruch erhalten, ihre Arbeitszeit zeitweise zu reduzieren oder zeitlich begrenzt ganz aussetzen zu können. Wo Unternehmen Regelungen verweigern, muss eine gesetzliche Verpflichtung greifen: Der Arbeitgeber muss während der Bildungsteilzeit einen teilweisen Lohnausgleich von mindestens 70 Prozent des Nettogehalts und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Der Staat muss Bildungsteilzeit von Beschäftigten durch eine stärkere Berücksichtigung bei den Rentenansprüchen und der Höhe von Ansprüchen auf ALG I unterstützen. Für Geringverdienende (mit Einkommen von 70 Prozent und weniger des Durchschnittslohns einer Branche) muss ein vollständiger Lohnausgleich durch staatliche Zuschüsse garantiert werden.
  • Damit sich alle Unternehmen gleichermaßen an der Finanzierung beruflicher Weiterbildung beteiligen, schlägt DIE LINKE einen Weiterbildungsfonds vor, in den alle Unternehmen einer Branche einzahlen.

Für eine soziale Absicherung für Solo-Selbständige

In Deutschland gibt es über zwei Millionen Solo-Selbstständige. Ihre sozialen Probleme müssen endlich ernst genommen werden. Viele haben ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen. Ihre Beiträge zur Gesetzlichen Krankenkasse werden aber nicht nach diesem Einkommen berechnet. Die Folgen sind eine starke finanzielle Belastung oder eingeschränkte gesundheitliche Versorgung für viele Selbstständige. Auch die Altersvorsorge ist für viele Selbstständige ein großes Problem, oft droht Altersarmut. So ist lediglich ein Viertel der Solo-Selbstständigen in ein obligatorisches System der Altersvorsorge einbezogen. Das wollen wir ändern.

  • Deshalb fordern wir in einem ersten Schritt, dass der Mindestbeitrag sich nach der Geringfügigkeitsgrenze (aktuell 450 Euro im Monat) bemisst und ab dieser Grenze sich der Beitrag nach dem tatsächlichen Einkommen richtet.
  • Solo-Selbstständige müssen in die Erwerbslosen-, Gesundheits-, Renten- und Pflegeversicherung einbezogen werden. Dies darf nicht dazu führen, dass Solo-Selbstständige ergänzend Mindestsicherung in Anspruch nehmen müssen.
  • Das gesetzliche Rentensystem werden wir zu einer Erwerbstätigenversicherung ausbauen, in dem auch Selbstständige pflichtversichert sind (vgl. Kapitel II »Gute Renten für alle!«).
  • Wir schaffen branchenspezifische Mindesthonorarregelungen, die bundesweit gelten. Damit wollen wir einem ruinösen Preiswettbewerb entgegenwirken. Die öffentliche Hand muss eine Vorreiterrolle einnehmen mit einer Mindesthonorarordnung bei öffentlich finanzierten Aufträgen.

Dauerstress stoppen! Mehr Zeit zum Leben

Die Arbeitgeberverbände versuchen, unter dem Deckmantel der Digitalisierung eine umfangreiche Deregulierung von Standards und Arbeitszeiten durchzusetzen: immer und überall erreichbar sein, Überstunden und Arbeit auf Abruf, am Wochenende und nachts. Diese Vision einer hochflexiblen Arbeitswelt richtet sich gegen die Interessen der Beschäftigten nach planbarer, begrenzter und selbstbestimmter Arbeit. Dem halten wir entgegen: Flexibilität im Arbeitsleben muss sich nach den Bedürfnissen der Beschäftigten richten. Die Beschäftigten müssen mehr Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeit und Arbeitszeit haben.

In den vergangenen Jahren haben Burn-out und psychische Erkrankungen infolge von Dauerstress und belastenden Arbeits- und Lebensbedingungen dramatisch zugenommen. Es wird Personal gespart und der Leistungsdruck wird erhöht. In vielen Berufen – ob in der Pflege, in der Kita oder auf dem Bau – schaffen es die Beschäftigten aufgrund der hohen Belastung nicht bis zur Rente. Arbeit darf nicht krank machen. Sie muss so geregelt werden, dass die Gesundheit ein ganzes Arbeitsleben über erhalten wird.

Home-Office oder E-Mails in der Freizeit und am Wochenende abzurufen, führt oft zu Überstunden ohne Freizeit- oder Lohnausgleich. Wir wollen einen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf mobiles Arbeiten und Home-Office schaffen, aber nur freiwillig und mit verbindlichem tarifvertraglichen Schutz vor Überlastung und Stress. Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit führt dazu, dass niemals Feierabend ist. Das ist nicht nur für Menschen mit Kindern eine enorme Belastung.

DIE LINKE setzt sich für Gesetzesveränderungen ein, die zu mehr Zeitsouveränität für die Einzelnen und Schutz gegen Dauerstress und Überlastung führen:

  • Eine Anti-Stress-Verordnung, wie sie auch von Gewerkschaften gefordert wird. Zudem braucht es ein individuelles Veto-Recht gegen Überlastung. Betriebs- und Personalräte müssen umfassende Mitbestimmungsrechte bei Personaleinsatz, Zielvorgaben und Arbeitsplanung erhalten.
  • Es gibt ein Recht auf Feierabend. Die gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit muss auf 40 Stunden reduziert werden. Ausnahmen müssen strikter begrenzt und stärkere Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden und Arbeitnehmervertretungen müssen gesetzlich vorgeschrieben werden.
  • Jedes Jahr leisten die Beschäftigten Millionen Überstunden ohne Bezahlung. Dieser Lohnraub muss sofort beendet werden. Arbeitgeber müssen verpflichtet werden, Arbeitszeiten vollständig zu erfassen und mit Zuschlägen oder Freizeitausgleich abzugelten. Wir wollen das Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit sowie eine Begrenzung und den zeitnahen Ausgleich von Mehrarbeit gesetzlich verankern. Dienstreisen und in der Freizeit erbrachte Arbeitsleistungen müssen vollständig als Arbeitszeit angerechnet werden. Arbeit auf Abruf wollen wir auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken. Ausnahmen von der gesetzlich zulässigen Tageshöchstarbeitszeit und den erforderlichen Ruhezeiten lehnen wir ab. Nacht-, Schicht- und Wochenendarbeit müssen strenger reguliert und auf ein unvermeidbares Maß zurückgeführt werden. Wo Schichtarbeit unvermeidbar ist, müssen Arbeitgeber verpflichtet werden, gesundheitlich und sozial verträglichere Modelle zu verwirklichen. So vermindern beispielsweise kurze Schichtblöcke (maximal drei hintereinanderliegende Schichten) die Umstellungsschwierigkeiten durch den Wechsel von Früh-, Spät- und Nachtschicht.
  • Wir unterstützen Initiativen von Gewerkschaften und Betriebsräten, atypische und besonders belastende Arbeitszeiten durch zusätzliche Freizeit auszugleichen.
  • Den Mindesturlaubsanspruch im Bundesurlaubsgesetz wollen wir schrittweise von 24 auf 30 Werktage anheben.
  • Wir wollen den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz verbessern. Dazu gehört eine Arbeitsschutzverordnung zu psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz. Und wir wollen das Jugendarbeitsschutzgesetz verbessern. Es muss stärker kontrolliert werden, dass die Arbeitszeiten eingehalten werden und der Arbeitsschutz umgesetzt wird. Die zuständige Gewerbeaufsicht und andere Aufsichtsbehörden müssen mehr Personal erhalten.

Ein neues Normalarbeitsverhältnis bedeutet nicht, dass alle ein Leben lang Vollzeit in einem Betrieb arbeiten, sondern kürzere Arbeitszeiten und eine gerechte Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, auch zwischen den Geschlechtern. Die Arbeit muss zum Leben passen und nicht das Leben um die Arbeit kreisen!

  • Wir wollen ein Recht auf vorübergehende Arbeitszeitverkürzung: Der bestehende Rechtsanspruch auf Teilzeit (verankert im Teilzeit- und Befristungsgesetz) muss durch ein Rückkehrrecht auf die vorherige vertragliche Arbeitszeit ergänzt werden. DIE LINKE fordert einen Rechtsanspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit, sofern in dem Unternehmen Arbeit mit der entsprechenden Qualifikation vorhanden ist (vgl. Rechtsanspruch auf Mindeststundenzahl).
  • Erziehungsarbeit und Pflegearbeit müssen gesellschaftlich anerkannt und bei der Arbeitszeitgestaltung stärker berücksichtigt werden. Es braucht einen Rechtsanspruch auf familiengerechte und kürzere Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen (vgl. in Kapitel III »Familien dort unterstützen …«). Um eine neue Pflegesituation für Angehörige organisieren zu können, wird ein Rechtsanspruch auf eine sechswöchige Pflegezeit eingeführt (vgl. Kapitel XII »Für einen linken Feminismus«).
  • Sabbatjahre für alle: Beschäftigte sollen zweimal in ihrem Berufsleben die Möglichkeit haben, für ein Jahr auszusteigen (Sabbatjahr). Damit verbunden ist ein Rückkehrrecht auf den gleichen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Die Sabbatzeiten können auch als kleinere Auszeiten von drei bis sechs Monaten genommen werden.

Schon heute sind über drei Millionen Erwerbslose von der Erwerbsarbeit ausgeschlossen. Viele Teilzeitbeschäftigte wünschen sich, mehr Stunden arbeiten zu können. Gleichzeitig haben Beschäftigte 2015 insgesamt 1,8 Milliarden Überstunden geleistet, davon fast eine Milliarde unbezahlt! Wenn die Arbeit gerechter verteilt wäre, könnten statt Überstunden und Dauerstress über eine Million Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit von 30 bis 35 Stunden geschaffen werden. Die gestiegene Produktivität der Arbeit macht es möglich: Wohlstand und mehr Zeit für alle statt hohe Profite für eine Minderheit von Kapitaleigentümern. Durch eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung kann das Versprechen der Digitalisierung, selbstbestimmter zu arbeiten und zu leben, für alle Wirklichkeit werden. So kann die Massenerwerbslosigkeit auch unter Bedingungen der Digitalisierung wirksam bekämpft und die Arbeit, auch zwischen den Geschlechtern, gerecht verteilt werden.

DIE LINKE will gemeinsam mit Erwerbslosen, Beschäftigten und ihren Gewerkschaften einen grundlegenden Wandel in der Arbeitswelt durchsetzen: gute Arbeit für alle, aber weniger Arbeit für die Einzelnen. Arbeit umverteilen statt Dauerstress und Erwerbslosigkeit.

Unser Ziel ist klar: Sechs Stunden Arbeit pro Tag im Schnitt sind genug! Im 20. Jahrhundert war der Acht-Stunden-Tag ein Erfolg der Kämpfe der Bewegung der Arbeiterinnen und Arbeiter. Im 21. Jahrhundert brauchen wir eine flexiblere und kürzere Normalarbeitszeit, eine kurze Vollzeit, die um die 30-Stunden-Woche kreist. DIE LINKE kämpft für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich. Wir unterstützen Gewerkschaften und Initiativen beim Kampf um kürzere Arbeitszeiten und mehr Zeitsouveränität. Damit Arbeitszeitverkürzung nicht zu Arbeitsverdichtung führt, braucht es verbindliche Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitsorganisation und Personalbemessung. Betriebs- und Personalräte müssen ein erzwingbares Mitbestimmungs- und Vetorecht bei der Arbeitsmenge, Arbeitsorganisation und Personalbemessung (Personal- und Stellenpläne) erhalten.

Gewerkschaften stärken, Mitbestimmung und Streikrecht ausweiten

Die demokratische Mitbestimmung der Beschäftigten wird ausgehöhlt und angegriffen. Immer mehr Unternehmen versuchen Betriebsratsgründungen und gewerkschaftliche Organisierung mit zum Teil kriminellen Methoden zu verhindern. Wer sich nur für Höchstrenditen interessiert, fühlt sich von wirklicher Mitbestimmung der Beschäftigten gestört. Für uns jedoch ist klar: Gute Arbeit gibt es nur, wenn es umfassende demokratische Mitbestimmung gibt.

Starke Gewerkschaften und Streiks sind unerlässlich, um die Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten zu verbessern.

  • Die Gewerkschaften müssen ein umfassendes Verbandsklagerecht zur Einhaltung von Tarifverträgen und gesetzlichen Bestimmungen erhalten. Sie müssen auch das Recht zu Kollektivbeschwerden nach dem Protokoll der Europäischen Sozialcharta bekommen.
  • DIE LINKE verteidigt das in der Verfassung verankerte Streikrecht. Daher fordern wir die Rücknahme des Tarifeinheitsgesetzes, das mit einer Einschränkung des Streikrechts verbunden ist. Das im Grundgesetz verankerte Streikrecht muss ausgeweitet werden: Solidaritätsstreiks mit Beschäftigten anderer Betriebe und Branchen und politische Streiks zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen und zur Verteidigung von Demokratie und Frieden müssen ins Streikrecht eingeschlossen werden. Der Antistreikparagraph § 160 SGB III begünstigt die ohnehin stärkere Seite, die Arbeitgeber, und muss daher abgeschafft werden.
  • Das Streikrecht und die betrieblichen Mitbestimmungsrechte müssen auch für die Beschäftigten in Kirche, Diakonie und Caritas uneingeschränkt gelten: Der § 118 des Betriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahmen für Religionsgemeinschaften und Tendenzbetriebe muss gestrichen werden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss auch in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden. Das Arbeitsrecht muss sicherstellen, dass ein aus Sicht der Kirchen »fehlendes privates Wohlverhalten« nicht zur Grundlage von Kündigungen in kirchlichen Einrichtungen und Betrieben gemacht werden darf.
  • Die weißen Flecken auf der Landkarte der betrieblichen Mitbestimmung – Betriebe ohne Mitbestimmung oder gewerkschaftliche Vertretung – müssen beseitigt werden. DIE LINKE setzt sich dafür ein, die Wahl von Betriebsräten zu erleichtern: Das vereinfachte Wahlverfahren wird für alle Unternehmen verbindlich. Alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten, die keinen Betriebsrat haben, müssen jährliche Mitarbeiterversammlungen durchführen, auf denen Gewerkschaften über das Betriebsverfassungsgesetz informieren. Der Kündigungsschutz muss auf alle Organe der Betriebsverfassung ausgeweitet und ab dem Zeitpunkt der Bewerbung für eine Betriebsratswahl von 12 auf 24 Monate verlängert werden. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst müssen die gleichen Mitbestimmungsrechte gelten.

Die Aufgaben von Betriebsräten werden auch durch die Digitalisierung vielfältiger. Wir wollen die Freistellungen von Betriebsräten im Verhältnis zu den Mitarbeiterzahlen unter BetrVG § 38 deutlich anheben.

Wer die Bildung eines Betriebsrats oder dessen Arbeit behindert, macht sich strafbar. Aber nur in seltenen Fällen kommt es zur Anklage. Um effektiv gegen solche Behinderung von Gewerkschaften und Betriebsräten (Union Busting und Betriebsräte-Bashing) vorgehen zu können, muss die Strafverfolgung bei Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz verbessert werden.

  • Wir wollen schärfere Sanktionen gegen Arbeitgeber und Anwaltskanzleien, die sich auf die Verhinderung von gewerkschaftlicher Organisierung spezialisiert haben.
  • Verstöße gegen die Betriebsverfassung müssen auch strafrechtlich stärker verfolgt werden. Die Bußgelder müssen erhöht werden und sich an der wirtschaftlichen Stärke des Unternehmens orientieren. Es muss ein zentrales Melderegister geschaffen werden, in dem Betriebsratswahlen mit ihrem Verlauf und Ergebnis erfasst werden. Darin sollen auch alle Informationen über Behinderung, Manipulation und Beeinflussung zusammenfließen. Über das Melderegister kann nachvollzogen werden, wie viele Betriebsratswahlen eingeleitet, aber nicht erfolgreich abgeschlossen wurden. Dadurch würde es für Gewerkschaften und NGOs einfacher, Strategien gegen Union Busting und Betriebsratsbekämpfung zu entwickeln.
  • Wirksame Mitbestimmung braucht starke Betriebsräte, die nicht durch das Management erpressbar sind. Die Verpflichtung der Betriebsräte auf die Wahrung des Betriebsfriedens im Betriebsverfassungsgesetz wollen wir deshalb abschaffen. Wir wollen zwingende Mitbestimmungs- und Vetorechte der Beschäftigten und ihrer Betriebsräte bei allen wirtschaftlichen Fragen. Das gilt besonders für Betriebsänderungen, Standortänderungen und Entlassungen sowie die Gestaltung der Tätigkeiten und der Arbeitsbedingungen.

Viele Beschäftigte machen die Erfahrung, dass kreative Ideen und die Stimme der Belegschaft gegenüber den Vorgesetzten oder dem Management kaum zählen. Die Beschäftigten sind aber Expertinnen und Experten bei der Gestaltung der Arbeit. Deshalb wollen wir die Mitgestaltungsrechte jedes und jeder Beschäftigten durch mehr direkte Demokratie im Betrieb stärken.

Belegschaften müssen einmal im Monat zwei Stunden Beratungszeit während der Arbeitszeit erhalten, um sich über Fragen zur Arbeitsgestaltung und Arbeitszeit austauschen und Initiativen zur Mitbestimmung entwickeln zu können.

Die gesetzliche Rente muss den Lebensstandard im Alter wieder sichern und wirksam vor Armut schützen. Das sind die Grundpfeiler unserer Rentenpolitik. In einem der reichsten Länder der Welt muss das selbstverständlich sein.

Wir wollen eine Umkehr in der Rentenpolitik: Mit den Renten»reformen« von SPD und Grünen wurde dafür gesorgt, dass die Unternehmen deutlich weniger in die Rentenkasse einzahlen als die Beschäftigten. Die Folge: Das Niveau der gesetzlichen Rente befindet sich im Sinkflug. Von einst rund 53 Prozent im Jahr 2000 wird es auf 41,7 Prozent im Jahr 2045 fallen. Altersarmut bedroht viele Rentnerinnen und Rentner. Durch die Rente erst ab 67 können wir erst später ohne Abschläge in Rente gehen. Die meisten werden früher in Rente gehen: Damit wird ihre Rente noch mal drastisch gekürzt.

Die staatlich geförderte Riesterrente ist gescheitert. Sie kann die in die gesetzliche Rente gerissenen Lücken nicht schließen. Es werden Milliarden an Subventionen verpulvert, die in den Kassen der Versicherungskonzerne statt in den Portemonnaies der Rentnerinnen und Rentner landen. Dies gilt ebenfalls für die Rürup-Rente (Basis-rente). Millionen Menschen mit normalem und niedrigem Einkommen können nicht privat vorsorgen. Jahr für Jahr sind immer mehr Rentnerinnen und Rentner von Altersarmut und sozialem Abstieg betroffen. Derzeit leben 2,7 Millionen Menschen nach ihrem 65. Geburtstag in Armut oder sind von Armut bedroht. Das muss dringend geändert werden.

Wir wollen diese Entwicklung umkehren. Es reicht nicht, nur die weitere Absenkung zu stoppen. Das Rentenniveau von 53 Prozent muss sofort wiederhergestellt werden. Das bedeutet: 126 Euro netto mehr im Monat für einen »Standardrentner«.

Niemand darf im Alter arm sein – durch Berufsunfähigkeit, Zeiten der Erwerbslosigkeit oder Kindererziehung und auch nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Berufstätigkeit. Niemand darf gezwungen sein, zum Überleben Pfandflaschen zu sammeln. Wir wollen eine Solidarische Mindestrente von 1.050 Euro netto im Monat – darunter droht Armut. Die Solidarische Mindestrente ist einkommens- und vermögensgeprüft, sie wird bei Bedarf gezahlt. Unser Nachbarland Österreich zeigt: Ein gesetzliches Rentensystem kann vor Armut schützen und zugleich finanzierbar sein. Statt einen Teil der Alterssicherung vom Kapitalmarkt abhängig zu machen, wurde in Österreich das gesetzliche Rentensystem zu einer Erwerbstätigenversicherung ausgebaut, in die auch Politikerinnen und Politiker einzahlen. Die Altersrenten sind deutlich höher als bei uns. Auch in Österreich sind die hohen Renten der Wirtschaft und den Arbeitgebern ein Dorn im Auge. Doch das bisherige Modell zeigt: Eine umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist finanzierbar, sie sichert den Lebensstandard und sie schützt vor Altersarmut. Und das spätestens ab 65 Jahren!

Die Bundesregierung rechnet aktuell damit, dass der Beitragssatz bis 2030 auf 22 Prozent ansteigen wird, und erwartet von den Beschäftigten, dass sie zusätzlich vier Prozent ihres Lohnes in Riester und 3,2 Prozent in die betriebliche Altersversorgung oder die betriebliche Altersvorsorge stecken. DIE LINKE sagt: Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur betrieblichen Altersversorgung bzw. zur betrieblichen Altersvorsorge müssen paritätisch von den Unternehmen bzw. den Auftraggebenden und den Beschäftigten finanziert werden. Das gilt für alle Erwerbstätigen. Die Beitragshöhe darf sich nicht nach der Zahlungswilligkeit der Unternehmen richten. Perspektivisch kann der Arbeitgeberanteil, vergleichbar dem österreichischen Modell, über dem Arbeitnehmeranteil liegen.

Erwerbslosigkeit, Niedriglöhne und prekäre sowie befristete Beschäftigung sind Gift für gute Rentenansprüche im Alter. Das erschwert es vor allem Frauen, sich eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen. Auch für sie muss gelten: von guter Arbeit zu guter Rente!

  • Wir wollen das Rentenniveau anheben: Das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, damit die Renten für alle spürbar steigen. Ein Rentenniveau von 53 Prozent kostet Beschäftigte und Arbeitgeber bei einem durchschnittlichen Verdienst von 3.092 Euro nur je 32 Euro mehr im Monat. Die vier Prozent Beitrag von 110 Euro (nach Zulagen) für eine Riesterrente könnten dafür entfallen. Durchschnittsverdienende hätten also 78 Euro mehr in der Tasche.
  • Solidarausgleich für Niedriglohn: Zeiten niedriger Löhne wollen wir ausgleichen. Die »Rente nach Mindestentgeltpunkten« wollen wir auch für Zeiten nach 1992 einführen und verbessern. Vollzeiterwerbstätige mit zwölf Euro Stundenlohn und mehr erhielten dann in der Regel eine Rente von mehr als  1.050 Euro. Eine Einzelhandelskauffrau mit einem Verdienst von 1.940 Euro brutto hätte dadurch monatlich gut 270 Euro mehr Rente. Von dieser Rente würden vor allem Frauen und Ostdeutsche profitieren.
  • Ausbildungszeiten müssen rentenrechtlich besser anerkannt werden und zu höheren Renten führen.
  • Zeiten der Erwerbslosigkeit, der Kindererziehung und Pflege müssen besser abgesichert werden, damit sie nicht zu Armutsrenten führen.
  • Für jedes Kind wollen wir drei Entgeltpunkte – das sind zurzeit über 90 Euro sogenannter »Mütterrente« – auf dem Rentenkonto gutschreiben. Egal, ob ein Kind 1960 oder 2010, in Ost oder West geboren wurde. Diese Verbesserung muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus Steuern finanziert werden.
  • Für regelmäßig geleistete freiwillige und unbezahlte Arbeit von Bürgerinnen und Bürgern im organisierten anerkannten Rettungsdienst, Brandschutz, Katastrophenschutz und THW werden durch den Staat angemessene Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.

Wir wollen eine Erwerbstätigenversicherung: Für alle Erwerbseinkommen müssen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Auch Politikerinnen und Politiker, Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler, Beamtinnen und Beamte und Managerinnen und Manager sollen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Bereits erworbene Ansprüche werden erhalten bzw. überführt. Für Langzeiterwerbslose müssen endlich wieder Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden.

  • Die Beitragsbemessungsgrenze wollen wir vereinheitlichen, dann in mehreren Schritten drastisch anheben und schließlich aufheben. Wer ein Gehalt von 10.000 Euro und mehr im Monat hat, muss auch für  10.000 Euro und mehr Beiträge zahlen. Die Höhe der Rentenansprüche über dem Doppelten des Durchschnittes soll abgeflacht werden.
  • Die Riester-Rente wollen wir in die gesetzliche Rente überführen: Individuell erworbene Rentenansprüche können freiwillig auf das persönliche Rentenkonto bei der Rentenversicherung übertragen werden. Extraprofite für die Versicherungswirtschaft wollen wir dabei verhindern. Die staatlichen Subventionen von über drei Milliarden Euro jährlich werden wir abschließen und die Zuschüsse an die Gesetzliche Rentenversicherung entsprechend erhöhen. Außerdem soll es Versicherten und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erleichtert werden, bis zu einer bestimmten Grenze freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
  • Die Beschäftigten dürfen nicht den Risiken auf dem Kapitalmarkt ausgesetzt werden: Wir lehnen es ab, die Arbeitgeber im Rahmen kapitalgedeckter betrieblicher Altersvorsorge und sogenannter »Zielrenten« aus der Haftung zu entlassen. Das gilt auch für den Verzicht auf Rentengarantien zugunsten einer reinen Beitragszusage.
  • DIE LINKE ist für eine betriebliche Altersversorgung, die überwiegend von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern finanziert wird. Der Ausbau der überwiegend von den Beschäftigten finanzierten betrieblichen Altersvorsorge – vor allem durch Entgeltumwandlung – darf nicht als Alibi für ein weiter sinkendes Rentenniveau missbraucht werden. Wir werden die Doppelverbeitragung mit Krankenversicherungsbeiträgen bei betrieblicher Altersvorsorge sofort beenden. Betriebsrenten dürfen nicht frei von Sozialabgaben sein. So werden die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung geschwächt und die Rentenansprüche aller Versicherten – egal ob sie über den Betrieb vorsorgen oder nicht – sinken. Ungleichheit wird so verschärft.
  • Die Rente erst ab 67 muss zurückgenommen werden. Forderungen nach einem Renteneintritt erst ab 69, 70, 71 oder 73 sind unrealistisch und unverantwortlich. Arbeiten bis zum Umfallen ist unwürdig und weder gesellschaftlich noch sozialpolitisch akzeptabel. Jede und jeder muss wieder spätestens ab 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Das ist finanzierbar. Wenn Menschen mindestens 40 Jahre Beiträge gezahlt haben, sollen sie bereits ab 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Perspektivisch sollen alle ab 60 Jahren in Rente gehen können.
  • Wer krank wird, darf nicht noch niedrige Renten zu befürchten haben: Der Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten muss erleichtert werden. Die Abschläge wollen wir streichen, auch für diejenigen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Die Zurechnungszeit (die Zeit, die »hinzugerechnet« wird, weil der oder die Versicherte wegen der Erwerbsminderung nicht einzahlen konnte) wollen wir in einem Schritt von 62 auf 65 Jahre anheben.
  • Wir wollen die Benachteiligung der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner endlich beenden. Wir fordern eine sofortige Angleichung an das Westniveau, ohne zukünftige Rentnerinnen und Rentner zu benachteiligen (vgl. in Kapitel X »Gerechtigkeit für die Menschen in Ostdeutschland«).

Solidarische Mindestrente: Wer bereits heute auf lange Phasen mit schlechten Löhnen, Erwerbslosigkeit oder Krankheit zurückblicken muss, hat trotzdem Anspruch auf ein würdevolles Leben im Alter. Kein Mensch soll im Alter von einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze leben müssen. Die Solidarische Mindestrente soll deshalb an alle Menschen im Rentenalter als Zuschlag – oder im Einzelfall auch als Vollbetrag – von der Rentenversicherung gezahlt werden, die weniger als 1.050 Euro Nettoeinkommen im Alter haben. Die Solidarische Mindestrente ist einkommens- und vermögensgeprüft. Sie wird aus Steuern finanziert. Die Unterhaltsansprüche nach dem BGB werden berücksichtigt. Wir werden mit deutlich höheren Vermögensfreibeträgen sicherstellen, dass soziale Härten vermieden und normales, selbstgenutztes Wohneigentum unangetastet bleibt. Unser Ziel lautet: Niemand soll im Alter von weniger als 1.050 Euro leben müssen. Die Höhe der Solidarischen Mindestrente wird regelmäßig an die Entwicklung der Lebenshaltung angepasst, darf aber nicht abgesenkt werden.

Seit Jahren gibt es eine verfestigte Erwerbslosigkeit in Deutschland: zwischen drei und zehn Prozent in den verschiedenen Regionen. Die Regierung spricht von Aufschwung. Aber die Arbeitslosenstatistik ist schöngerechnet. Viele Menschen werden in sinnlosen Maßnahmen geparkt oder nicht mitgezählt: etwa wenn sie älter als 58 Jahre sind, arbeitsunfähig erkrankt oder in Fremdvermittlung. Andere sind trotz Arbeit arm und müssen aufstocken.

Wer jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, ist trotzdem von Hartz IV und Armut bedroht. Lang erworbene Ansprüche werden vernichtet. Den Einzelnen wird in die Schuhe geschoben, was ein gesellschaftliches Problem ist. Die Angst vor dem sozialen Absturz soll Menschen drängen, auch schlechte oder schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen. Wer sich wehrt, ist von Sanktionen und Kürzungen bedroht. Wer länger als ein Jahr erwerbslos ist, findet seltener eine neue Arbeit. Diese Menschen werden bedrängt und diskriminiert. Das Hartz-IV-System ist gescheitert und muss abgeschafft werden! Wir ersetzen es durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung.

Wir wollen die Ursachen der Erwerbslosigkeit bekämpfen, soziale Sicherheit garantieren und Armut beseitigen. Dazu müssen 1. zusätzliche, gut bezahlte und tariflich abgesicherte Arbeitsplätze geschaffen werden – statt Minijobs und unfreiwilliger Teilzeitarbeit. 2. Wer erwerbslos ist, darf nicht in Armut gedrängt werden. Weg mit Hartz IV! Und wir wollen 3. einen öffentlichen Beschäftigungssektor für Menschen schaffen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können. Das sind drei Voraussetzungen für ein sozial sicheres Leben und Arbeiten.

Eine gerechte Versicherung gegen Erwerbslosigkeit

Wir wollen eine Versicherung gegen Erwerbslosigkeit, mit der der zuvor erreichte Lebensstandard annähernd gesichert werden kann. In die Versicherung zahlen Beschäftigte und Arbeitgeber ein.

  • Wir wollen, dass das Arbeitslosengeld I länger gezahlt wird und Ansprüche darauf schneller erworben werden. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I wird nach einem mindestens sechsmonatigen Arbeitsverhältnisses erworben. Die Rahmenfrist wird auf drei Jahre verlängert. Bei Bedarf wird Arbeitslosengeld I steuerfinanziert auf Höhe der Mindestsicherung aufgestockt.
  • Sperrzeiten und Sanktionen im SGB II und SGB III werden ausnahmslos abgeschafft. Zuvor erarbeitete Ansprüche dürfen nicht verworfen werden.
  • Arbeitsangebote an Erwerbslose müssen deren Qualifikationen angemessen sein und den beruflichen Werdegang und ihre Weiterbildungsinteressen berücksichtigen.
  • Wir wollen ein Recht auf Erwerbsarbeit und ein Recht, auch eine konkrete Arbeit abzulehnen: Niemand darf gezwungen werden, gegen seine oder ihre Überzeugung eine bestimmte Erwerbsarbeit anzunehmen.
  • Alle Erwerbslosen sollen einen Anspruch auf qualifizierte Förderung und Weiterbildung haben. Das gilt unabhängig davon, wie lange sie erwerbslos sind.Gute Arbeit und öffentliche Beschäftigung schaffen.

Wir wollen eine Arbeitsmarktpolitik, die mehr gute Arbeitsplätze schafft. Wir wollen die öffentliche Daseinsvorsorge stärken und mehr Personal in Bildung, Erziehung, Gesundheit und Pflege schaffen. Dazu legen wir ein Programm für Investitionen in die Zukunft auf (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«).

  • Wir wollen den Schutz der Arbeitsplätze stärken: Massenentlassungen bei profitablen Unternehmen wollen wir verbieten. Der Kündigungsschutz wird gestärkt. Das Kündigungsschutzgesetz gilt für alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten. Der Betriebsrat hat bei Kündigungen nicht nur ein Beteiligungs-, sondern ein Vetorecht.
  • Die Mittel für Bildung und Qualifizierung von Erwerbslosen wollen wir erhöhen. Sie sollen einen Rechtsanspruch auf Beratung und Weiterqualifizierung haben. Freiwilligkeit, Interessen und Fähigkeiten müssen bei der Vermittlung im Vordergrund stehen, statt Erwerbslose in sinnlose Schulungsmaßnahmen zu zwingen.

Wir wollen neue Perspektiven für Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können, auch aufgrund körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen. Dafür schaffen wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit zusätzlichen existenzsichernden und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Sie sollen Stadtteilzentren, Initiativen und kulturelle Projekte stärken. Sie müssen sich an den regionalen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Erwerbslosen ausrichten. Die Entlohnung darf den Mindestlohn und einen Bruttolohn von monatlich mindestens  1.500 Euro (Vollzeit) nicht unterschreiten. Alle verfügbaren Gelder wollen wir einsetzen, um gesellschaftlich nützliche Beschäftigung statt Erwerbslosigkeit zu finanzieren (sogenannter Passiv-Aktiv-Transfer).

Die Beschäftigten haben einen Rechtsanspruch auf eine Arbeitszeit von mindestens 22 Stunden in der Woche. Die Angebote sind für die Erwerbslosen freiwillig.

Mindestsicherung ohne Sanktionen statt Hartz IV

Hartz IV bedeutet Armut per Gesetz. Statt auf Gängelung im Jobcenter und Kürzungen des Existenzminimums setzt DIE LINKE auf die Sicherung der sozialen Garantien des Lebens. Wir unterstützen Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie Erwerbslosengruppen im Kampf um die Verbesserung der sozialen Situation der Menschen, die in Armut leben.

Wir kämpfen um jede Verbesserung für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. Aber wir sagen deutlich: Bei Hartz IV reichen kleine Korrekturen nicht. Wir kämpfen gegen Armut und Sanktionen. Das Existenzminimum darf nicht gekürzt werden!

  • Deshalb wollen wir das Hartz-IV-System abschaffen und ersetzen. Wir ersetzen es mit guter Arbeit, einer besseren Erwerbslosenversicherung und einer bedarfsgerechten individuellen Mindestsicherung ohne Sanktionen und Kürzungen. Die Höhe muss derzeit 1.050 Euro betragen. Sie gilt für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und Erwerbsunfähige ohne hinreichendes Einkommen oder Vermögen.
  • Wir wollen, dass die Leistungen der sanktionsfreien Mindestsicherung jährlich entsprechend den Lebenshaltungskosten angehoben werden. Einmal in der Legislaturperiode wird die Höhe der Mindestsicherung anhand der Armutsrisikogrenze und anhand eines Warenkorbs überprüft.
  • Das Prinzip der Bedarfs- und Einstandsgemeinschaften wollen wir abschaffen. Wir ersetzen es durch individuelle Ansprüche (Individualprinzip) unter Berücksichtigung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen.
  • Kürzungen, Leistungseinschränkungen oder Sperrzeiten, egal mit welcher Begründung, lehnt DIE LINKE ab.

Diese Mindestsicherung sichert sowohl erwerbsfähige als auch nicht erwerbsfähige Erwachsene, z.B. Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner. Zusätzlich fordern wir:

  • Sonderbedarfe, z.B. für chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen, werden im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung bzw. des Bundesteilhabegesetzes gewährt.
  • Bei Bedarf wird zusätzlich ein Wohngeld (Bruttowarmmiete) gezahlt.
  • Wir setzen uns für eine Mindestsicherung für alle dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen ein. Das Asylbewerberleistungsgesetz wird abgeschafft. Asylbewerberinnen und Asylbewerber und hier lebende EU-Bürgerinnen und -Bürger werden in die Mindestsicherung einbezogen.
  • Damit auch Menschen mit geringem Einkommen rechtlicher Beistand ermöglicht wird, fordern wir den Ausbau der Prozesskosten- und Beratungshilfe. Wir wollen die Kriterien für die Bewilligung, den Einsatz von Einkommen und Vermögen wie auch die Mutwilligkeitsklausel verändern. Zudem setzen wir uns für gebührenfreie und unabhängige Beratungsstellen ein.
  • Die Mittel für Mobilität müssen den realen Preisen entsprechen. Wir treten für ein Sozialticket im öffentlichen Nahverkehr ein. Perspektivisch wollen wir einen entgeltfreien öffentlichen Nahverkehr für alle.

DIE LINKE thematisiert das Grundeinkommen wie viele soziale Bewegungen, Nicht-Regierungsorganisationen und Verbände. Dabei ist DIE LINKE nicht entschieden, wir wollen die kontroversen Diskussionen weiterführen. Auch deshalb unterstützt DIE LINKE die Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Grundeinkommen im Deutschen Bundestag.

Wir unterstützen die Selbstorganisation von Erwerbslosen und Geringverdienenden in Initiativen, Betrieben und Gewerkschaften und streiten an ihrer Seite im Parlament und auf der Straße. Wir werden uns niemals damit abfinden, dass in einem der reichsten Länder der Welt Menschen dauerhaft in Armut leben. Das leitet auch unser Handeln in möglichen Regierungskoalitionen.

Kinderarmut abschaffen!

Der Armuts- und Reichtumsbericht der Wohlfahrtsverbände zeigt erneut, dass die Armut in Deutschland zunimmt. Besonders von Armut bedroht sind Alleinerziehende, Familien mit drei und mehr Kindern, Erwerbslose und Menschen mit Migrationshintergrund. Auch die Kinderarmut ist weiter angestiegen. Fast jedes fünfte Kind wächst in Armut auf. Die Armut von Kindern und Jugendlichen ist ein zentrales Problem und beschämend für unsere reiche Gesellschaft. Die Regierung hat kein Konzept vorgelegt, um Kinder und Jugendliche sicher vor Armut zu schützen. Armut grenzt aus, entmutigt und raubt den Kindern Chancen auf Entwicklung und Zukunft. Wir schaffen gleiche Chancen für alle Kinder!

Unser Plan gegen Kinderarmut:

  1. Kinderarmut ist »Elternarmut«. Wir kämpfen gegen Niedriglohn und für eine Mindestsicherung, die vor Armut schützt.
  2. Gegen Armut von Kindern und jungen Erwachsenen brauchen wir einen eigenständigen Aktionsplan gegen Kinderarmut. Er muss von Bund und Ländern und unter der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erarbeitet werden. Bürokratische Hürden und Scham verhindern häufig, dass Unterstützung beantragt wird. Wir wollen unbürokratische Lösungen schaffen, die allen Kindern die gleichen Chancen eröffnen.
  3. Darüber hinaus brauchen Kinder und Jugendliche eine bessere öffentliche soziale Infrastruktur. Diese beinhaltet die kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs und kostenfreien Zugang zu Kultur- und Bildungseinrichtungen. Vielerorts fallen die Angebote für Kinder und Jugendliche den kommunalen Schuldenbremsen zum Opfer. Wenn nur noch »zwingend notwendige« Aufgaben übernommen werden, leiden die Angebote, die Kinder und Jugendliche z.B. in ihrer kulturellen Selbstbestimmung unterstützen sollen. Soziale Ungleichheiten der Herkunftsfamilien schlagen dann stärker durch. Bildung muss gebührenfrei sein von der Kita bis zur Universität (vgl. Kapitel VIII »Gute Bildung. Für alle«). Wir wollen die Bildungseinrichtungen besser ausstatten. In Schule und Kita sollen kostenfreie hochwertige Mahlzeiten Standard sein.

Die Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Familien unterscheiden sich nach Lebensform und familiärer Situation (wie z.B. bei Alleinerziehenden), Alter, Wohnort (Unterkunftskosten und soziale Infrastruktur), Förderungsbedarf und den Möglichkeiten, an der Gesellschaft teilzuhaben. Diese Unterschiede müssen mit einer eigenständigen Kindergrundsicherung abgedeckt werden: Pauschale Geldleistungen wollen wir zu einer eigenständigen Kindergrundsicherung zusammenfassen. Somit werden Hürden und Schwellen abgebaut, die Menschen davon abhalten, Leistungen in Anspruch zu nehmen. Damit und mit den kostenfreien Angeboten wird Armut von Kindern und Jugendlichen verhindert und sie werden vor Ausgrenzung und Diskriminierung geschützt. Allen Kindern und Jugendlichen werden gute Teilhabe- und Entfaltungsmöglichkeiten geboten.

  • Jedes Kind ist uns gleich viel wert: Aktuell können wohlhabende Eltern für ihre Kinder einen höheren Betrag steuerlich geltend machen, als Eltern mit geringerem Einkommen an Kindergeld bekommen. Wir wollen als Sofortmaßnahme das Kindergeld für alle Kinder auf 328 Euro erhöhen. In Gegenden mit besonders hohen Mieten wird das Kindergeld – wie die Kindergrundsicherung – im Bedarfsfall durch entsprechend regionalisiertes Wohngeld ergänzt.
  • Für alle in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen fordert DIE LINKE gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine eigenständige, individuelle Grundsicherung in Höhe von zu versteuernden 573 Euro. Die Kindergrundsicherung wird entsprechend der Entwicklung des Existenzminimums von Kindern angepasst. Sie soll Kinder und Jugendliche aus der verdeckten Armut und dem Stigma von Hartz-IV-Leistungen herausholen. Sie setzt sich zusammen aus einem monetären Grundbetrag und einem Betrag, der die Mängel der Infrastruktur für Kinder ausgleichen soll. Wir streiten für eine Gesellschaft, in der sämtliche Leistungen für Bildung, Kinderbetreuung und Erziehung sowie öffentliche Güter wie Mobilität, Kultur und Freizeitangebote nicht nur, aber zuallererst für Kinder kostenfrei zur Verfügung stehen. Wenn diese soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche geschaffen ist, kann die Kindergrundsicherung um den entsprechenden Betrag reduziert werden.

Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen

Familie ist da, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen: Als Lebensgemeinschaft, Ein-Eltern-Familie, als Klein- oder Großfamilie, als Ehepaar, als Mehrgenerationenhaushalt oder in anderen Formen der Gemeinschaft. Familie ist da, wo Menschen füreinander da sind, gleichgültig welchen Geschlechts. Rechte und konservative Politikerinnen und Politiker greifen die Gleichberechtigung der Frauen an, wollen gleichgeschlechtliche Partnerschaften schlechter stellen und propagieren ein Familienbild des vorletzten Jahrhunderts. DIE LINKE steht für eine emanzipatorische und zukunftsweisende Familienpolitik. Familienpolitik muss darauf zielen, allen Menschen ein gutes, planbares Leben ohne Zukunftsangst zu ermöglichen. Dafür müssen öffentliche Infrastruktur und soziale Sicherheit wirksam ausgebaut werden.

Doch der notwendige Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung stockt. Die Bundesregierung plant, zentrale Rechtsansprüche und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe abzubauen. Die öffentliche und soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche hat sich vielerorts verschlechtert. Angebote wurden reduziert, Musikschulen verteuert oder Bibliotheken und Schwimmbäder geschlossen. Ein gutes Sozialsystem, besonders die Kinder- und Jugendhilfe, und öffentliche Angebote stärken die Familien.

  • DIE LINKE streitet für ein inklusives Kinder- und Jugendhilfegesetz. Die Rechtsansprüche und die Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte von Kindern und Jugendlichen müssen gestärkt werden.
  • Wir wollen ein ausreichendes, bedarfsgerechtes und qualitativ hochwertiges beitragsfreies Ganztags-Betreuungsangebot für Kinder schaffen: Darauf sollen Kinder einen Rechtsanspruch haben, unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern. Es muss den unterschiedlichen und altersspezifischen Bedürfnissen gerecht werden. Bei der Bereitstellung von Kita-Plätzen gilt der tatsächliche Bedarf und nicht eine beliebig ermittelte Quote. Zudem ist die rechtliche und finanzielle Grundlage für ein flächen- und bedarfsgerechtes ganztägiges Schulangebot zu schaffen.
  • Eltern brauchen Betreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten, damit sie Beruf und Familienleben vereinbaren können. Gleichzeitig müssen in diesen Einrichtungen die Standards guter Arbeit realisiert werden. Werden die Dienstleistungen ausgebaut, muss auch das Fachpersonal aufgestockt werden. DIE LINKE unterstützt die Beschäftigten in Kindertagesstätten bei ihren Forderungen nach Anerkennung ihrer Arbeit, angemessener Bezahlung und guten arbeitsrechtlichen Bedingungen (vgl. Kapitel XIII »Gute Bildung. Für alle«).
  • Wir wollen Arbeitszeitmodelle schaffen, die Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung von Arbeitszeit, die sich lediglich an den betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten mehr Zeitautonomie. Betriebe brauchen ausreichend Personal, um z.B. den Ausfall durch Kind-krank-Tage auszugleichen.
  • Eltern erhalten besonderen Kündigungsschutz bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes.
  • Der Wiedereinstieg in den Beruf nach einer schwangerschafts- und erziehungsbedingten Pause muss durch kostenfreie Weiterbildungsangebote erleichtert werden.

DIE LINKE streitet für eine Kindergrundsicherung. Wir wollen die Rechte und Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe und die Infrastruktur für Kinder verbessern. Wir wollen eine sichere Finanzierung von Frauenhäusern und so auch die Kinder stärken (vgl. Kapitel XII »Für einen linken Feminismus«).

Wir wollen Alleinerziehende – Ein-Eltern-Familien – stärken. Sie machen einen großen Anteil der Familien aus. Sie sind zugleich am stärksten von Armut betroffen und werden vielfältig diskriminiert: beim Zugang zu Ausbildung und Arbeit, Teilhabe am öffentlichen Leben und Chancengerechtigkeit für Kinder in der Bildung. Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf.

  • Den Bezug des Unterhaltsvorschusses wollen wir bis zum Abschluss der Schulbildung oder Ausbildung und mindestens bis zum 18. Lebensjahr des Kindes ohne Einschränkungen ausweiten. Das Kindergeld soll nur zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden statt wie jetzt zu 100 Prozent. Unterhaltsvorschuss und Kindergeld dürfen nicht auf die SGB-II-Leistungen angerechnet werden.
  • Der Bezug von Elterngeld, vor allem von Elterngeld Plus für Alleinerziehende, muss verbessert werden.
  • Alleinerziehende benötigen mehr Unterstützung, um ins Berufsleben zurückzukehren oder um eine Ausbildung abzuschließen. Entsprechende Förderung, Weiterbildungsangebote und Angebote zu sozialer Vernetzung wollen wir verbessern.
  • Kranksein ist für Eltern kleiner Kinder fast immer eine Belastung – für Alleinerziehende kann es schlicht eine Katastrophe sein. Langwierige Genehmigungsverfahren für eine Haushaltshilfe der Krankenkassen helfen hier kaum. Alleinerziehende brauchen schnelle und unbürokratische Hilfe.

Soziale Ungerechtigkeit macht krank. Als Folge eines starken Konkurrenzdrucks nehmen nicht nur psychische Erkrankungen zu. Generell gilt: Wer arm ist, ist häufiger krank und stirbt früher. Die Gesundheitsreformen der letzten Regierungen haben die Ungerechtigkeit im Gesundheitssystem verschärft. Unternehmen wurden entlastet, Versicherte müssen allein für steigende Kosten aufkommen. Gleichzeitig machen Pharmaindustrie und Krankenhauskonzerne Milliardenprofite mit Versichertengeldern. Gesetzliche Krankenkassen müssen miteinander konkurrieren – dabei müssten der Bedarf und die Versorgung im Mittelpunkt stehen. Leistungen wurden gekürzt, Zuzahlungen und Zusatzbeiträge für die Versicherten eingeführt. Wer heute krank wird, muss oft tief in die Tasche greifen. Allein der Zahnersatz kann zur Existenzfrage werden. In Krankenhäusern gibt es viel zu wenige Pflegekräfte. Seit Jahren werden dringend notwendige Investitionen in den Krankenhäusern zurückgehalten.

Wir wollen ein solidarisches, gerechtes und barrierefreies Gesundheitssystem, in dem die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht. Gesundheit darf nicht weiter zu einem Markt verkommen, auf dem die Profite mehr zählen als die Menschen: Statt immer weiter zu privatisieren, muss das Gesundheitssystem als Teil des Sozialstaats öffentlich organisiert werden. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens steht nicht nur einer guten Versorgung, sondern auch guten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten entgegen. Wir wollen Krankenhäuser bedarfsgerecht finanzieren und den Personalmangel bekämpfen. Die ambulante gesundheitliche Versorgung wollen wir sowohl in den Städten als auch auf dem Land verbessern.

Wir setzen auf eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle einzahlen. Die Zwei-Klassen-Medizin wollen wir überwinden. Zuzahlungen und Leistungsausschlüsse wie etwa beim Zahnersatz und bei Brillen, bei Arzneimitteln und im Krankenhaus oder bei der Physiotherapie bilden eine zusätzliche Hürde für einkommensarme Menschen. Wir werden daher vollständig zum Sachleistungsprinzip zurückkehren: Alle Leistungen werden wieder ohne Zuzahlung gewährt.

Der Einfluss der Pharmaindustrie muss zurückgedrängt werden. Medikamentenpreise wollen wir begrenzen.

Wir wollen das Gesundheitswesen von Barrieren befreien: Hindernisse beim Zugang zu Arztpraxen und Krankenhäusern müssen beseitigt, Untersuchungstechniken und Behandlungsmethoden den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen angepasst werden. Wir wollen auch die Kommunikation den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen anpassen: Leichte Sprache und verständliche Patienteninformationen müssen selbstverständlich werden.

Eine Solidarische Gesundheitsversicherung für alle: Schluss mit der Zwei-Klassen-Medizin

Die gesetzliche Krankenversicherung wurde als System der Solidarität entwickelt: Gesunde sind solidarisch mit kranken Menschen, die Versicherten und ihre Arbeitgeber zahlen gemäß dem Einkommen ein und alle Versicherten erhalten notwendige Leistungen nach ihrem individuellen Bedarf. Dieses Grundprinzip wurde in den letzten Jahrzehnten zunehmend ausgehöhlt. Von Gerechtigkeit in der Finanzierung des Gesundheitssystems kann heute keine Rede mehr sein. Einige Hunderttausend Menschen haben immer noch keinen Krankenversicherungsschutz – fast zehn Jahre nach Einführung der Krankenversicherungspflicht!

Die paritätische Finanzierung wurde abgeschafft, steigende Kosten müssen allein die Versicherten tragen, der Arbeitgeberanteil ist eingefroren. Zuzahlungen und Zusatzbeiträge belasten die Versicherten, sie sind sozial ungerecht und für viele kaum leistbar. Besserverdienende, falls sie überhaupt gesetzlich versichert sind, zahlen einen kleineren Anteil ihres Einkommens als Menschen mit einem durchschnittlichen Lohn oder Geringverdienende. Einkommen wie Aktiengewinne sind von Beiträgen ausgenommen, auf Lohneinkommen müssen Beiträge gezahlt werden.

Im ersten Schritt wollen wir die paritätische Finanzierung wiederherstellen und die Zuzahlungen abschaffen. Der Zwei-Klassen-Medizin stellen wir unser Modell einer Solidarischen Gesundheitsversicherung entgegen. Wir wollen, dass alle in Deutschland lebenden Menschen Mitglied der Solidarischen Gesundheitsversicherung werden, auch die derzeit Privatversicherten. Alle – auch Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbstständige – zahlen entsprechend ihrem gesamten Einkommen ein. Alle erhalten eine gleichermaßen hochwertige medizinische Versorgung – ohne Zuzahlungen und Zusatzbeiträge, paritätisch von Arbeitgebern und Beschäftigten finanziert. Wir wollen Arbeitseinkommen nicht weiter benachteiligen und keine Ausnahmen für Kapitaleinkommen und Gewinne. Auch die Benachteiligung von kleinen und mittleren Einkommen wollen wir beenden, dazu wird die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft. Versicherte mit einem Einkommen oberhalb der bisherigen Beitragsbemessungsgrenze werden mit ihrem gesamten Einkommen in die solidarische Finanzierung einbezogen. Das Prinzip lautet: Alle zahlen ein, damit es für alle besser und bezahlbar wird.

So kann der Beitragssatz von derzeit durchschnittlich 15,7 Prozent (2017) dauerhaft auf unter zwölf Prozent abgesenkt werden, ohne Leistungen zu kürzen. Im Gegenteil: Alle medizinisch notwendigen Leistungen werden wieder von der Krankenkasse bezahlt. Dabei wird der allergrößte Teil der Bevölkerung durch dieses Konzept finanziell entlastet, auch viele Selbstständige und Rentnerinnen und Rentner. Arbeitgeber und Versicherte zahlen jeweils die Hälfte, also dann weniger als sechs Prozent.

Die private Vollversicherung wird damit abgeschafft. Die private Krankenversicherung wollen wir auf Zusatzleistungen beschränken und den Beschäftigten der Versicherungsunternehmen einen sozial verträglichen Übergang in die gesetzlichen Krankenkassen ermöglichen.

Bessere Versorgung und mehr Personal im Krankenhaus

Seit Anfang der 1990er Jahre werden Krankenhäuser zu Wirtschaftsunternehmen nach Kriterien des Marktes und des Wettbewerbs umgebaut. Viele wurden privatisiert. Es geht oft nur noch um Kosteneinsparung und Gewinnmaximierung. In den Krankenhäusern herrscht Pflegenotstand – es fehlen mindestens 162.000 Stellen, darunter 100.000 Pflegekräfte. Im europäischen Vergleich ist Deutschland Schlusslicht beim Pflegepersonal. Immer weniger Beschäftigte müssen immer mehr Patientinnen und Patienten in kürzerer Zeit versorgen. Die Folgen: fehlende Zuwendung, mangelnde Hygiene bis hin zu mehr Unfällen und Todesfällen. Nach vielen Studien steigt das Sterberisiko mit steigender Arbeitsbelastung: Wenn eine Pflegekraft einen Patienten oder eine Patientin mehr zu versorgen hat, steigt das Risiko um bis zu neun Prozent. Ein großer Anteil der Infektionen durch Keime im Krankenhaus kann auf den Personalmangel zurückgeführt werden. Krankenhausinfektionen haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen und führen jährlich zu bis zu 15.000 vermeidbaren Todesfällen. Rund die Hälfte der Todesfälle wäre durch bessere Hygiene vermeidbar. Personalmangel im Krankenhaus gefährdet die Gesundheit der Patientinnen und Patienten.

Wir wollen den Abbau von Personal durch Einsparung und Outsourcing stoppen und rückgängig machen. Wir unterstützen die Forderungen der Gewerkschaften nach Besetzung der fehlenden Stellen im gesamten Bereich der Krankenhäuser sowie nach Rücknahme von Ausgliederungen und Privatisierungen (etwa der Küchen- und Reinigungsdienstleistungen).

Um den Personalnotstand zu bekämpfen, will DIE LINKE eine gesetzliche Personalbemessung einführen. Wir brauchen verbindliche bundesweite Vorgaben, wie viele Pflegekräfte für wie viele Patientinnen und Patienten vorhanden sein müssen. Wir brauchen 100.000 Pflegefachkräfte mehr!

Ökonomischer Wettbewerb zwischen Krankenhäusern führt dazu, dass zwischen lukrativen Patientinnen und Patienten und solchen, mit denen kein Gewinn zu machen ist, unterschieden wird. Viele Patientinnen und Patienten fragen sich, ob eine Behandlung aus ökonomischen Gründen erfolgt oder unterlassen wird. Stationen werden geschlossen, wenn sie sich nicht lohnen, obwohl sie gebraucht werden. Das System der Fallpauschalen (DRGs) zwingt Krankenhäuser dazu, mit dem wenigsten Personal in der kürzesten Zeit die meisten und schwersten »Fälle« zu behandeln, um nicht in die roten Zahlen zu geraten. Gleichzeitig machen private Krankenhauskonzerne Gewinne auf Kosten der Beschäftigten. Für Patientinnen und Patienten bedeuten Fallpauschalen oft zu frühe Entlassung und Wiedereinweisung (»Drehtüreffekt«). Diese Logik muss durchbrochen werden:

  • DIE LINKE will eine Finanzierung der Krankenhausbehandlung, die Patientinnen und Patienten nicht als pauschale Fälle betrachtet, sondern den notwendigen Bedarf des Krankenhauses deckt und sich am Gemeinwohl und nicht an wirtschaftlichen Kriterien orientiert. Die Fallpauschalen gehören abgeschafft.

Krankenhäuser sind Teil des Sozialstaates. Ihr Zweck ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen stationären Leistungen. Die Finanzierung der Krankenhäuser durch Krankenkassen muss genauso an diesem Grundsatz ausgerichtet werden wie die öffentliche Krankenhausplanung und die Investitionen der Bundesländer. Diese gehen aber seit vielen Jahren stetig zurück. Folge ist ein ständig wachsender Investitionsstau. Um die dringlichsten Investitionen überhaupt noch zahlen zu können, greifen die Krankenhäuser auf Betriebsmittel zu, die eigentlich für Personal gedacht sind – mit allen negativen Folgen.

  • Um den Investitionsstau in den Krankenhäusern abzubauen, muss der Bund die zuständigen Länder zweckgebunden unterstützen. Wir fordern eine jährliche Beteiligung des Bundes in Höhe von 2,5 Mrd. Euro (die andere Hälfte tragen die Länder). Damit kann der heute bestehende Investitionsbedarf bei den Krankenhäusern in den kommenden etwa zehn Jahren abgebaut werden. Darüber hinaus versetzen wir die Länder in die Lage, ihren Investitionsverpflichtungen nachzukommen: Wir führen die Vermögensteuer wieder ein (vgl. Kapitel V »Ungleichheit ist unsozial. Wir steuern um«). Die Einnahmen daraus gehen in die Länderhaushalte.
  • Krankenhäuser gehören in die öffentliche Hand: Weitere Privatisierungen müssen verhindert und bereits privatisierte Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in nicht profitorientierte Trägerschaft überführt werden. Wir wollen Gesundheitseinrichtungen durch öffentliche Träger zurückkaufen. Wir erleichtern und fördern, dass kommunale Krankenhausverbünde geschaffen werden. Es muss gesetzlich ausgeschlossen werden, dass Krankenhäuser mit dem Ziel der Gewinnmaximierung und Kapitalrendite betrieben werden. Entstehende Überschüsse müssen wieder ins Gesundheitswesen zurückfließen, vor allem in eine verbesserte Personalbemessung und zur besseren Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Ambulante Versorgung in Stadt und Land verbessern – kürzere Wartezeiten!

Zu einer guten gesundheitlichen Versorgung gehören Wohnortnähe, angemessen kurze Wartezeiten auf einen Termin und eine gute Notfallversorgung. Deutschland hat eine hohe durchschnittliche Arztdichte, trotzdem klagen viele Menschen über Unterversorgung. Nicht nur in ländlichen Regionen müssen teils lange Wege und lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. In strukturstarken Regionen mit vielen Privatversicherten finden sich dagegen oft mehr Ärztinnen und Ärzte, als notwendig wären.

 

  • Wir wollen die bessere Bezahlung für die Behandlung von Privatversicherten und damit ungleiche Wartezeiten abschaffen. Neue Versorgungsformen wie Patientinnen- und Patientenbusse, Gemeinschafts- und Teilzeitpraxen oder medizinische Versorgungszentren in öffentlicher Hand können die Arbeit im ländlichen Raum für junge Medizinerinnen und Mediziner und nichtärztliches Fachpersonal attraktiver machen und somit garantieren, dass angestellte Allgemein- und Fachärzte auch in Teilzeitstellen arbeiten können.
  • Polikliniken sollen mittelfristig zu einem Rückgrat der ambulanten Versorgung werden. Denn sie gewährleisten nicht nur eine hochwertige, interdisziplinäre Behandlung, sondern bieten auch die von vielen jungen Ärztinnen und Ärzten gewünschten flexiblen und familiengerechten Arbeitsbedingungen. Wir wollen Kommunen unterstützen, eigene Gesundheitseinrichtungen zu betreiben und so die Versorgung zu sichern. Damit alle Menschen eine gute und wohnortnahe Gesundheitsversorgung erhalten, brauchen die Kommunen eine bessere finanzielle Ausstattung und – ähnlich wie bei der Krankenhausplanung – die Kompetenzen, Versorgungszentren zu planen.
  • Nicht nur die Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten, sondern auch mit Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Physio- sowie Ergotherapeutinnen und -therapeuten, Logopädinnen und Logopäden, Podologinnen und Podologen, Hebammen und Entbindungspflegern sowie Apotheken muss gewährleistet werden – gerade im ländlichen Raum und in benachteiligten Regionen. Sie muss wohnortnah erfolgen, z.B. über integrierte Lösungen wie Versorgungszentren, Hebammenstützpunkte und Kooperationen.
  • DIE LINKE setzt sich für eine Stärkung der Qualifizierung und für eine bessere Bezahlung der Gesundheits- und Heilberufe ein. Ausbildungen in Gesundheitsberufen müssen gebührenfrei sein und Arbeitsleistungen während der Ausbildung vergütet werden.
  • Wir wollen eine gewaltfreie Psychiatrie und die Abschaffung von Sondergesetzen. Die räumlichen Bedingungen und die personelle Ausstattung müssen eine Behandlung ohne Zwang und Gewalt ermöglichen.
  • Psychisch kranke Menschen wollen wir vor dem Gesetz und in den Sozial-versicherungen gleichstellen und ihnen Zugang zu unserem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor ermöglichen (vgl. Kapitel III »Soziale Sicherheit«).
  • Wir wollen die häusliche und ambulante Versorgung ausbauen, so dass weniger stationäre Behandlungen notwendig sind.
  • Die psychotherapeutische Versorgung deckt in vielen Regionen bei weitem nicht den Bedarf. Die Bedarfsplanung muss gerade in diesem Bereich dringend überarbeitet werden. Auch die Finanzierung der Therapie muss den Bedarf decken.
  • Wir fordern ein gebührenfreies Direktstudium für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, das die psychologischen und die Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten zusammen ausbildet. Für die Weiterbildung zur Teilnahme an der kassenpsychotherapeutischen Versorgung ist eine angemessene Vergütung zu zahlen.
  • Das Gesundheitswesen wollen wir konsequent von Barrieren befreien. Das bedeutet nicht nur, Hindernisse beim Zugang zu Arztpraxen und Krankenhäusern zu beseitigen, sondern auch, Untersuchungstechniken und Kommunikation den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen anzupassen. Leichte Sprache und verständliche Patienteninformationen müssen selbstverständlich werden.
  • Für die Haftpflichtversicherungen der Hebammen und Entbindungspfleger muss endlich eine grundlegende Lösung gefunden werden. Wir wollen einen öffentlichen Haftungsfonds, um die Hebammen und Entbindungspfleger unabhängig von privaten Versicherungen zu machen. Hebammen können erste Ansprechpartnerinnen für Schwangere und die Schwangerenvorsorge sein – wie in den Niederlanden. Dieses Verständnis eines neuen Berufsbildes sollte sich auch in der Vergütung niederschlagen.
  • Wir wollen den heilberuflichen Charakter des Apothekerberufs stärken. Deswegen lehnen wir Apothekenketten, erst recht in der Hand von Aktiengesellschaften, ab. Den Versandhandel mit Arzneimitteln wollen wir so weit wie möglich begrenzen und damit die persönliche Beratung und die wohnortnahe Versorgung stärken.

 

Bezahlbare Medikamente statt Profite für Pharmakonzerne

Die gesetzlichen Krankenkassen geben in Deutschland über 35 Milliarden Euro für Arzneimittel aus – die Tendenz steigt schnell. Patientinnen und Patienten werden durch hohe Zuzahlungen belastet. Die meisten nicht verschreibungspflichtigen Medikamente müssen sie komplett aus eigener Tasche bezahlen, selbst wenn diese ärztlich verordnet wurden. Keines der bisherigen Gesetze hat die Macht der Pharmaindustrie brechen können. Die Gesundheitspolitik der letzten Bundesregierungen hat es zugelassen, dass im ersten Jahr nach der Zulassung Fantasiepreise z.B. für Krebs-, Rheuma- und Multiple-Sklerose-Mittel verlangt werden dürfen.

Wir wollen, dass alle Patientinnen und Patienten mit sicheren und wirksamen Arzneimitteln nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft versorgt werden – unabhängig von ihrem Einkommen und ihrer Erkrankung. Eine medizinische Versorgung mit nachgewiesenem Nutzen erfordert dringend die Einführung einer Positivliste. Alle Medikamente mit nachgewiesenem Nutzen müssen vollständig erstattet werden – teure Medikamente, die nur scheinbar neu sind, gehören dagegen nicht in den Leistungskatalog. Mit der Forderung treten wir zugleich für eine effektive Begrenzung der Arzneimittelpreise per Gesetz ein. Angesichts begrenzter Ressourcen ist der Fokus auf wirksame Maßnahmen dringend.

 

  • Dafür fordern wir eine Preisgestaltung, die sich am Nutzen für die Patientinnen und Patienten orientiert und eine klare Deckelung für Medikamentenpreise ab der Zulassung beinhaltet.
  • Wir wollen den Einfluss der Pharmakonzerne auf allen Ebenen zurückdrängen. Ihre Marketing-Aktivitäten müssen strikt begrenzt werden. Das betrifft nicht nur die Werbung, sondern auch die Beeinflussung der Ärzteschaft, der Wissenschaft und von Patientenorganisationen. Ärztinnen und Ärzte dürfen für das Verordnen bestimmter Medikamente nicht belohnt werden. Die Herstellung von Medikamenten und medizinischen Geräten darf nicht den Profitinteressen von Aktionären unterworfen sein. Die Pharmaindustrie muss dem Gemeinwohl verpflichtet und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.
  • Wir wollen Korruption im Gesundheitswesen effektiv bekämpfen. Ein öffentliches Studienregister für Arzneimittelstudien soll gewährleisten, dass negative Studienergebnisse nicht mehr unterdrückt werden können.
  • Wir fordern eine transparente, gesetzliche Regelung über Zuwendungen der Pharmaindustrie an Medizinerinnen und Mediziner sowie andere Heilberufe.
  • Daten, die mit der elektronischen Gesundheitskarte erhoben werden, dürfen nicht zentral gespeichert oder online weitergegeben werden. Eine Einsicht Dritter in die dezentralen Datenspeicher ohne Zustimmung der Versicherten muss verboten bleiben.

Arzneimittelforschung ist von großem öffentlichen Interesse. Sie bestimmt nicht nur, ob Medikamente entwickelt werden, die wirklich gebraucht werden, sondern auch, wer die Eigentumsrechte besitzt, welche Preise aufgerufen werden, ob die Forschungsergebnisse transparent gemacht werden und nicht zuletzt, ob Menschen im globalen Süden Zugang zu Innovationen erhalten können.

  • Für DIE LINKE ist Arzneimittelforschung eine öffentliche Aufgabe. Patente für Arzneimittel und Heilverfahren müssen abgeschafft werden.

Gesundheitsförderung statt Wettbewerbsdruck

Die beste Gesundheitspolitik ist die, die Gesundheit fördert und Krankheit verhindert. Die Gestaltung eines lebenswerten Umfelds, gute Arbeit, gute Wohn- und Lernbedingungen und soziale Gerechtigkeit tragen maßgeblich zu Gesundheit bei. LINKE Gesundheitspolitik bezieht alle Politikbereiche ein, denn nur so kann der Teufelskreis aus Armut und Krankheit durchbrochen werden.

DIE LINKE tritt für eine Gesundheitsversorgung ein, die hohe Qualität und Menschlichkeit miteinander verbindet. Das Gesundheitssystem ist für viele Menschen kaum durchschaubar. Es ist schwer, die eigenen Rechte in Erfahrung zu bringen, und noch schwerer, sie gegen Krankenkassen, Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser durchzusetzen. Der finanzielle Druck bringt alle Beteiligten zwangsläufig dazu, ihren eigenen Vorteil immer öfter vor die Interessen der Patientinnen und Patienten zu stellen. Patientinnen und Patienten dürfen nicht als Abrechnungsziffern behandelt und zwischen Gewinninteressen auf der einen und Ausgabenvermeidung auf der anderen Seite zerrieben werden.

 

  • Wir wollen den Wettbewerb zwischen den und innerhalb der Krankenkassen, Ärzteschaft, Krankenhauslandschaft und Apotheken zurückdrängen. Die Versorgungsfunktion, die ihnen im Gemeinwohlinteresse per Gesetz zugeteilt wurde, muss wieder in den Mittelpunkt rücken.
  • Rabattverträge, Kassen-Ausschreibungen, z.B. bei Hilfsmitteln, und viele andere Selektiv-Verträge wollen wir abschaffen. Sie sind nicht transparent und gefährden die Versorgungsqualität sowie die Anbietervielfalt.
  • Für eine Versorgung auf dem aktuellen Wissensstand und zum Schutz der Patientinnen und Patienten fordern wir gute wissenschaftliche Belege über Nutzen und Schaden jeder Behandlungsmethode – gerade, wenn sie solidarisch finanziert wird.
  • Patientenvertreterinnen und -vertreter sollen in Zukunft mit Stimmrechten in Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung vertreten sein. Kurzfristig wollen wir ihnen ein Benennungsrecht für die Mehrheit der jeweils vorhandenen unparteiischen Mitglieder geben. Damit Selbsthilfe ihre Unabhängigkeit sichern und den großen Verbänden und Unternehmen im Gesundheitswesen auf Augenhöhe begegnen kann, muss sie angemessen finanziert werden.
  • Die Kommunen bieten kostenlose Beratung durch fachlich geschultes Personal für Patientinnen und Patienten an. Dabei soll die Wartezeit für eine Erstberatung nicht länger als sechs Wochen sein. Auf Wunsch sind Selbsthilfegruppen bzw. Patientenvertretungen entgeltlich einzubeziehen. Die Kommunen werden für diese Aufgabe voll entschädigt.

 

Gute Pflege für alle statt Pflegenotstand!

Wer schwer erkrankt oder im Alter gebrechlich wird, braucht Pflege. Doch nicht an jedem Wohnort und nicht für jeden Menschen mit Pflegebedarf stehen gute Pflegeleistungen zur Verfügung. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland hat Angst davor, im Alter oder bei Krankheit auf Pflege angewiesen zu sein. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien tragen mehr als die Hälfte der ständig steigenden Pflegekosten. Die Pflegeversicherung deckt die Kosten nicht, sie ist eine Teilleistungsversicherung. Daran hat sich auch mit den Pflegestärkungsgesetzen der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU nichts geändert. Im Gegenteil: Wir haben ein Zwei-Klassen-System in der Pflege. Immer mehr Menschen können sich gute Pflege nicht leisten, müssen sich verschulden oder geraten in die Sozialhilfe. Das ist für ein reiches Land wie Deutschland ein Armutszeugnis.

Die vorhandenen Pflegeangebote sind unübersichtlich und für viele unerschwinglich. Pflegeleistungen werden teuer gekauft oder durch Laien unbezahlt erbracht. Noch immer pflegen vor allem Frauen – Ehe- und Lebenspartnerinnen, Töchter und Schwiegertöchter. Der Wunsch, zu Hause gepflegt zu werden, ist für viele nur erfüllbar, wenn die Familienangehörigen einspringen. Im Alltag kämpfen viele pflegende Menschen mit Dauerstress, Erschöpfung und Geldsorgen. Viele schränken ihre Berufstätigkeit ein oder geben sie auf. Das verringert die eigenen Rentenansprüche und führt die Pflegenden in die Altersarmut.

Wir stellen uns gegen eine Pflegepolitik, die auf Wettbewerbsdruck und Profite für wenige setzt. Pflege ist zu einem Markt geworden, private Unternehmen machen Gewinne – auf Kosten der Menschen mit Pflegebedarf und der Beschäftigten in der Pflege. Es fehlt die Zeit für eine aktivierende Pflege und zum Zuhören, für Zuwendung und Förderung. In einigen Fällen mussten Menschen gegen ihren Willen Inkontinenz-Vorlagen tragen. Manche wurden sogar fixiert, weil für 50 Heimbewohnerinnen und -bewohner in der Nachtschicht nur zwei Pflegekräfte zur Verfügung standen. Viele Pflegebeschäftigte werden krank, weil sie völlig überlastet sind und nicht einbringen können, was sie gelernt haben.

Oft ist vom Fachkräftemangel die Rede. Wenn Arbeitsstress krank macht, gute Bezahlung und Anerkennung fehlen, ist es nicht verwunderlich, dass viele ausgebildete Pflegekräfte ihren Beruf nur einige Jahre ausüben. Vor allem Frauen arbeiten in der Pflege. Niedriglöhne und Teilzeitverträge führen trotz harter Arbeit zu Altersarmut. Die Lohnunterschiede zwischen einzelnen Regionen sind enorm. DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten in der Pflege: Pflegearbeit muss endlich aufgewertet und besser bezahlt werden! Wir wollen die Arbeitsbedingungen verbessern und die Weichen dafür stellen, dass mehr Pflegekräfte eingestellt werden.

DIE LINKE will einen grundlegenden Wandel: Gute Pflege soll ein verbindliches Recht für alle werden. Wir wollen ein Verständnis von Qualität, das nicht aufgrund von Aktenlage entscheidet, sondern die Arbeitssituation der Pflegenden und den tatsächlichen Betreuungsbedarf der zu Pflegenden in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen die Familien entlasten: Pflegeleistungen sollen in einer Vollversicherung ausgeweitet werden, und wir wollen mehr professionelle Pflegekräfte. Das eröffnet die Möglichkeit, in der häuslichen Umgebung gepflegt zu werden und – wenn gewünscht – stärker auf professionelle Pflege zurückzugreifen.

Jede und jeder muss selbstbestimmt entscheiden können, wo und von wem sie oder er welche Pflege in Anspruch nimmt. Die Entscheidung darf nicht vom Geldbeutel, vom Wohnort oder von der Herkunft abhängig sein. Keine Pflegeleistung darf aus Kostengründen verweigert werden. Das gilt auch für die Entscheidung über den Sterbeort. Für einen Urlaub in EU-Staaten sollen die Kosten für Pflegesachleistungen, Verhinderungspflege und Pflegehilfsmittel für bis zu sechs Wochen durch die gesetzliche Pflegeversicherung übernommen werden.

Die Pflege soll gerecht finanziert und von gut bezahlten Fachkräften erbracht werden. Familiäre Pflege und nachbarschaftliches Engagement können ergänzend und nicht aus der Not heraus geleistet werden. Daher will DIE LINKE die Pflege auf eine gerechte, bedarfsdeckende und solidarische Grundlage stellen:

 

  1. Wir wollen eine Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Leistungen umfasst. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien müssen keine Eigenanteile zahlen. Wer auf Sozialhilfe angewiesen ist, erhält dieselben Leistungen wie alle anderen Menschen mit Pflegebedarf. Gleichzeitig werden die Kommunen entlastet, weil weniger Menschen durch die Pflegekosten von Sozialhilfe abhängig werden. Alle Leistungen werden bedarfsdeckend und nach bundesweit verbindlichen Qualitätsstandards erbracht. Zu den Pflegeleistungen gehören Assistenz und solange wie möglich Teilhabe am öffentlichen Leben.
  2. Mit einer Solidarischen Pflegeversicherung, in die alle einzahlen, wollen wir die finanziellen Lasten gerecht auf alle Schultern verteilen: auch privat Versicherte, Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbstständige müssen entsprechend ihrem Einkommen in die solidarische Pflegeversicherung einzahlen – ohne eine Beitragsbemessungsgrenze, die Millionäre schont. Grundlage für eine menschenwürdige Pflege ist eine verlässliche, gerechte und zukunftsfeste Finanzierung. So werden finanzielle Spielräume für bedarfsdeckende Leistungen, mehr Personal und bessere Entlohnung geschaffen. Gute Pflege braucht gute Arbeit. Tarifliche Bezahlung muss Standard werden, um regionale Leistungs- und Lohnunterschiede abzubauen.
  3. Menschenwürdige Pflege kann und darf nicht auf Profit ausgerichtet sein. Die Infrastruktur der Pflege ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge; Bund und Länder müssen hier endlich ausreichend investieren. Pflege gehört wieder in öffentliche Verantwortung und unter demokratische Kontrolle. Dafür wollen wir die Kommunen auch finanziell stärken. Denn gute Pflege wird vor Ort erbracht. Durch regionale Beschäftigungspolitik wollen wir gut entlohnte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemeinnützigen Trägern in der Pflege schaffen.
  4. Menschen mit Pflegebedarf müssen selbst bestimmen können, wo und wie sie wohnen. Sie brauchen barrierefreie und bezahlbare Wohnangebote. Sie brauchen wohnortnahe Unterstützungsnetzwerke und unabhängige Beratungsleistungen. Die Rechte von Menschen mit Pflegebedarf, pflegenden Angehörigen und Beschäftigten in der Pflege wollen wir stärken. Ihre Interessenvertretungen brauchen Antrags- und Stimmrechte in allen gesetzlich vorgeschriebenen Gremien, insbesondere im Qualitätsausschuss auf Bundesebene und in regionalen Pflegekonferenzen.

 

Die Digitalisierung geht auch am Pflegebereich nicht vorbei. Bereits jetzt werden schon vereinzelt für bestimmte Aufgaben sogenannte Pflegeroboter eingesetzt. Menschenwürdige Pflege beinhaltet aber auch einen Anspruch auf Pflege durch Menschen und menschlichen Kontakt. Deshalb wird sich DIE LINKE für eine gesetzliche Mindeststundenanzahl an menschlichem Kontakt in Pflegeeinrichtungen einsetzen.

Der derzeitige Pflegenotstand ist für die zu pflegenden Menschen, ihre Angehörigen und die Beschäftigten nicht mehr tragbar. Für eine menschenwürdige Pflege setzt DIE LINKE daher auch auf Sofortmaßnahmen:

Es braucht sofort mehr Personal und einen Ausbau professioneller Angebote. Um das zu finanzieren, wollen wir den Pflegevorsorgefonds auflösen und in einen Pflegepersonalfonds umwandeln. Zusätzliche Pflegekräfte können so regulär beschäftigt und besser bezahlt werden. DIE LINKE fordert eine Fachkraftquote von mindestens 50 Prozent in Pflegeeinrichtungen, die bundesweit verbindlich umgesetzt und deren Einhaltung wirksam kontrolliert wird.

Gute Löhne für gute Pflege – Pflegeberufe aufwerten: Als Schutz gegen Lohndumping muss der Pflegemindestlohn sofort auf 14,50 Euro erhöht und auf weitere Tätigkeitsbereiche in der Pflege ausgedehnt werden. Verstöße gegen den Pflegemindestlohn müssen sanktioniert werden. Die tarifliche Vergütung von Pflegefachkräften muss bundeseinheitlich als allgemeinverbindlich erklärt werden. Keine Pflegefachkraft sollte unter 3.000 Euro (in Vollzeit) verdienen. Die Ausbildung in den Pflegeberufen muss als integrierte Ausbildung mit einer zweijährigen gemeinsamen und einer einjährigen ergänzenden spezialisierten Fachausbildung gestaltet werden. Die dreijährige Pflegeberufsausbildung muss die unmittelbare Berufsfähigkeit sichern. Die Ausbildung, Fort- und Weiterbildungen müssen für die Pflegekräfte schulgeldfrei sein. Neben der Pflegeausbildung wollen wir eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft Assistenz nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Die steigende Qualifikation des Berufsbildes muss sich auch in einer höheren Ausbildungsvergütung und besseren Entlohnung niederschlagen.

Versicherte wollen wir entlasten: Die Kosten der medizinischen Behandlungspflege müssen auch in stationären Pflegeeinrichtungen von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. Allein das entlastet die Pflegeversicherung um mehr als zwei Milliarden Euro und verringert die Eigenanteile der Menschen mit Pflegebedarf. Die Förderung der privaten Pflegevorsorge – der sogenannte Pflege-Bahr – wird eingestellt.

Reichtum und Armut in Deutschland nehmen zu. Die reichsten zehn Prozent besitzen weit mehr als die Hälfte des gesellschaftlichen Reichtums, die untere Hälfte der Bevölkerung besitzt gerade mal ein Prozent. Deutschland ist eines von vier Ländern mit den meisten Millionärinnen und Millionären. Über eine Million Menschen besitzen mehr als eine Million Euro (1,2 Millionen Menschen besitzen über eine Million US-Dollar). Aber eine Vermögensteuer wird nicht erhoben. Wer viel hat, kann es leicht vermehren. Auf Gewinne aus Kapital und Aktien wird eine Billigsteuer erhoben, weniger als die Hälfte von dem, was unter Helmut Kohl gezahlt wurde. Wer hingegen wenig oder nichts hat, zahlt mehr und mehrfach: Lohnsteuer kann man nicht hinterziehen, sie wird sofort abgezogen. Die Mehrwertsteuer trifft prozentual Menschen mit niedrigem Einkommen stärker. Weil öffentliches Eigentum privatisiert wurde, müssen viele Dienstleistungen privat bezahlt werden. Dem privaten Reichtum steht eine verarmte öffentliche Infrastruktur gegenüber: Bibliotheken und Schwimmbäder schließen, der Bildungsbereich ist chronisch unterfinanziert, Personal im Krankenhaus wird gekürzt, um notwendige Reparaturen finanzieren zu können. Hier würden die Einnahmen aus einer Vermögenssteuer besonders helfen: Sie geht an die Länder und kann die öffentliche Infrastruktur stärken.

Die Reichen haben viele Verbündete in der Politik. Sie können ihrer Stimme mehr Gewicht verleihen. Wir halten dagegen. Mehr Gerechtigkeit und eine starke öffentliche Daseinsvorsorge gibt es nur, wenn die Unteren entlastet werden – und die Oberen stärker belastet. Hohe Vermögen und Einkommen, Erbschaften und Gewinne aus Kapital und Aktien müssen stärker besteuert werden. Damit finanzieren wir Investitionen in eine gute öffentliche Versorgung und einen Sozialstaat, der alle Menschen sicher vor Armut schützt. Wir wollen solidarische und ökologische Formen der Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze schaffen.

Profit, Privatisierung und Preisdruck beschädigen die sozialen Grundlagen der Demokratie. Der öffentliche Nahverkehr, Wohnungen der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sollten keinen Profit abwerfen müssen. Die öffentliche Daseinsvorsorge bildet die Strukturen, die die Menschen in unserer Gesellschaft verbindet. Dafür ist notwendig, dass diese Strukturen am Bedarf in der Gesellschaft ausgerichtet werden.

Unser Programm für eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt, ist kein Wunschdenken. Es ist nicht unrealistisch. Es ist machbar, und wir wissen, wie wir es bezahlen werden. Es ist genug für alle da, wenn alle genug beisteuern.

  • Wir wollen, dass Vermögen ab einer Million Euro mit fünf Prozent besteuert werden. Die erste Million ist davon freigestellt. Betriebsnotwendiges Vermögen kann bis fünf Millionen freigestellt werden. Wir stellen sicher, dass Privatvermögen nicht in Betriebsvermögen »versteckt« wird und dass Betriebsvermögen in ausländischem Eigentum ebenso besteuert wird wie inländische Eigentümer. Eine solche Vermögenssteuer würde 80 Milliarden Euro Mehreinnahmen im Jahr bringen.
  • Erbschaftssteuer: Reichtum wird vererbt – meist ohne dass nennenswerte Steuern bezahlt werden. Gerade die Superreichen können ihre Millionenvermögen in Unternehmensanteilen steuerfrei vererben oder verschenken. Die von der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD beschlossene Reform der Erbschaftssteuer ändert das nicht, im Gegenteil. Wir werden dafür sorgen, dass die Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Wir werden die Erbschaftssteuer auf hohe Erbschaften erhöhen. Normales, selbstgenutztes Wohneigentum bleibt freigestellt. Mehreinnahmen im Jahr: fünf Milliarden Euro.
  • Die Unternehmenssteuern wurden schon vor Jahren massiv gesenkt. Die Körperschaftssteuer muss wieder auf 25 Prozent erhöht werden. Wir wollen den Wettlauf der Unternehmen um Steuervermeidung unterbinden und drängen auf europaweite Mindestsätze für Unternehmenssteuern. Wir werden sicherstellen, dass Unternehmen und Konzerne sich nicht den Steuern entziehen.
  • Für arbeitsintensives Handwerk, Produkte für Kinder und Arzneimittel wollen wir ermäßigte Steuersätze bei der Umsatzsteuer.
  • Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Subventionsbetrug wollen wir wirksamer bekämpfen und somit Steueroasen – auch »made in Germany« – austrocknen. Dafür wollen wir eine Bundesfinanzpolizei aufbauen und das Personal im Steuervollzug bedarfsgerecht aufstocken. Es ist realistisch, mit einem konsequenteren Steuervollzug und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung in Steueroasen jährlich etwa 15 Milliarden Euro mehr einzunehmen.
  • Mit einer Finanztransaktionssteuer dämmen wir die Spekulationen auf den Finanzmärkten ein. Bei jeder Finanztransaktion soll ein Steuersatz von 0,1 Prozent fällig werden. Die eingenommenen Gelder sollen einerseits für eine nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Südens und für globalen Klimaschutz und andererseits für den sozial-ökologischen Umbau unserer Industriegesellschaft genutzt werden. Jährliche Mehreinnahmen in Deutschland: mindestens 30 Milliarden Euro.

Lebensqualität hat mit dem Angebot der Kommunen zu tun: Können sie nur das Nötigste finanzieren oder stellen sie Kulturveranstaltungen, Schwimmbäder, kommunalen Wohnungsbau, kostenfreie Kitas und Jugendzentren zur Verfügung? Wir wollen die Ausstattung der Kommunen verbessern. Wenn vom Bund oder von den Ländern Aufgaben an die Kommunen abgegeben werden, müssen sie auch die Finanzierung liefern (Konnexitätsprinzip: Wer bestellt, zahlt).

  • Wir wollen die bisherige Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftssteuer umwandeln. Die Bemessungsgrundlage wird ausgeweitet (Pachten, Mieten, Leasingraten und Lizenzgebühren werden berücksichtigt) und gutverdienende Selbstständige und Freiberufler einbezogen. Dafür werden wir den Freibetrag auf 30.000 Euro anheben und die festgesetzte Steuer bei der Einkommensteuer berücksichtigen. Die Gewerbesteuerumlage wird abgeschafft, was Städte und Gemeinden finanziell entlastet. 

Mehreinnahmen für die Kommunen: 15 Milliarden Euro.

Mit diesen Mehreinnahmen können wir den Einstieg in eine solidarische Gesellschaft finanzieren: bessere soziale Sicherheit, mehr Personal in Bildung, Gesundheit und Pflege und einen Neustart im gemeinnützigen Wohnungsbau, Barrierefreiheit und den Einstieg in einen sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft. Unsere Forderungen sind gegengerechnet und realistisch.

Auch die Besteuerung von Einkommen wollen wir gerechter machen. Niedrige und mittlere Einkommen wollen wir entlasten. Hohe Einkommen müssen stärker besteuert werden.

  • Alle zu versteuernden Einkommen unter  12.600 Euro im Jahr bleiben steuerfrei. Das bedeutet, dass Beschäftigte bis zu einem Bruttolohn von etwa 1.400 Euro im Monat keine Lohnsteuer zahlen müssen. Der Steuerverlauf wird abgeflacht.
  • Höhere Einkommen wollen wir stärker besteuern. Ab 70.000 Euro zu versteuerndem Einkommen im Jahr beträgt der Steuersatz 53 Prozent. Zu versteuerndes Einkommen bedeutet: das, was vom Bruttoeinkommen nach den üblichen Abzügen (pauschale Freibeträge und Sonderausgaben) übrigbleibt. 70.000 Euro zu versteuerndes Einkommen entspricht etwa 81.000 Euro Bruttoverdienst eines oder einer Alleinstehenden ohne Kinder. 53 Prozent Steuersatz gilt für das Einkommen ab 70.000 Euro. Der durchschnittliche Steuersatz für 70.000 Euro Einkommen liegt bei ca. 30 Prozent.
  • Wir sehen zwei Stufen einer gesonderten Reichensteuer vor: 60 Prozent ab der aktuellen Reichensteuergrenze von 260.533 Euro und 75 Prozent für Einkommen oberhalb von einer Million Euro zu versteuerndem Einkommen.
  • Als Faustregel gilt: Wer (als Single, Steuerklasse I) weniger als 7.100 Euro im Monat brutto hat, zahlt nach unserem Tarif weniger Steuern, wer mehr verdient, zahlt mehr Steuern. Alle haben Vorteile von der verbesserten öffentlichen Daseinsvorsorge und einer solidarischen Gesundheitsversicherung.
  • Einkommen aus Kapitalerträgen sollen nicht weiter bevorzugt werden, sondern nach denselben Sätzen versteuert werden wie alle Einkommen. Die Abgeltungssteuer von 25 Prozent werden wir abschaffen, Einschränkungen der Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen sowie den Sparerpauschbetrag allerdings beibehalten.
  • Das Ehegattensplitting wird durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt. Dabei muss das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen Eheleuten bzw. Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern übertragbar sein.
  • Bei Entlassungen wollen wir Steuerfreibeträge für Abfindungen wieder einführen.

Seit Jahren werden notwendige Investitionen in die soziale Infrastruktur zurückgehalten. Dahinter stehen die Dogmen des Neoliberalismus – Kürzen, genannt »Sparen«, und »Austerität«. Langfristige Ausgaben werden immer weniger über langfristige Finanzierung, also Kredite organisiert. Sie werden fälschlich als »Schulden« bezeichnet und von der Schuldenbremse ausgeschlossen. Länder und Kommunen haben zu wenig Einnahmen aus Steuern – es fehlen die Vermögenssteuer und eine Gemeindewirtschaftssteuer (vgl. Kapitel V »Ungleichheit ist unsozial«). Viele Kommunen sind strukturell überfordert. Sie müssen laufende Aufgaben zunehmend aus Kassenkrediten finanzieren, die eigentlich als kurzfristige Finanzierungshilfen gedacht sind.

Wenn die öffentliche Infrastruktur schlechter wird, betrifft das unmittelbar die Lebensqualität der Bevölkerung. Soziale Unterschiede schlagen stärker im Alltag durch. In der Versorgung der Bevölkerung sind große Lücken entstanden. Sozialer Wohnungsbau, Schulen, Krankenhäuser, Straßen, Schienen – überall fehlt es an Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Statt Privatisierungen und öffentlich-privaten Partnerschaften, die nach Markt und Profit wirtschaften, wollen wir Investitionen so gestalten, dass der Reichtum allen zugutekommt. Dabei müssen zuerst die Bereiche gestärkt werden, in denen für die Menschen dringender Bedarf besteht. Die Investitionen müssen die Lebensqualität der Menschen spürbar verbessern. Allein in der Bildung fehlen Investitionen in Gebäude, Technik und Personal in Höhe von 50 Milliarden Euro. Es fehlt an Personal und Investitionsmitteln in den Krankenhäusern. Es fehlt in allen großen Städten an bezahlbarem Wohnraum. Durch mehr öffentliche Investitionen auf kommunaler, Bundes- und Länderebene und durch eine gerechte Verteilung der Arbeit können Millionen neue Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit (30 bis 35 Stunden pro Woche) geschaffen werden. Wir werden jährlich über 120 Milliarden Euro in die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur investieren. Durch höhere Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen können diese Ausgaben mindestens zur Hälfte refinanziert werden.

Das Investitions- und Zukunftsprogramm zielt auf:

  • Gute Bildung: Wir schaffen mehr Personal, Inklusion, stocken das BAföG auf und sanieren Gebäude.
  • Bessere Ausstattung in der Gesundheitsversorgung und Pflege.
  • Wir schaffen einen Neustart im sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau und ein Förderprogramm für sozial gerechte Modernisierungen.
  • Wir finanzieren eine echte Energiewende, in der die fossilen, umweltschädlichen Energien durch regenerative ersetzt werden. Die großen Energiekonzerne wollen wir ablösen: saubere Energie in Bürgerhand.
  • Die üblichen Innovationsstrategien in Bereichen wie Energiemanagement und Logistik sind profitgetrieben. Wir wollen stattdessen in die gemeinwohl- und bedürfnisorientierte Entwicklung notwendiger Innovationen investieren.
  • Wir verbessern die Ausstattung des öffentlichen Nahverkehrs und führen ein Sozialticket ein.
  • Wir entlasten die Kommunen und stärken sie bei der öffentlichen Daseinsvorsorge.
  • Wir stärken regionale Wirtschaftskreisläufe, indem wir die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen fördern.
  • Wir fördern benachteiligte Regionen.
  • Wir schaffen Zugang zu schnellem Internet überall.
  • Wir investieren in Barrierefreiheit: im Verkehr, in öffentlichen Gebäuden und beim Wohnungsbau.
  • Wir schaffen mehr Lebensqualität vor Ort durch Mittel für Maßnahmen gegen Umgebungs-, Straßen-, Schienen- und Fluglärm.
  • Wir stellen Innovationen und Digitalisierung in den Dienst des Öffentlichen. »Smart Cities« von links sind öffentlich, transparent und für alle zugänglich.
  • Wir wollen eine an den gesellschaftlichen Bedürfnissen orientierte Aufstockung des Personals im öffentlichen Dienst fördern und durchsetzen.

Das Öffentliche und die Kommunen stärken: Privatisierungsstopp statt Schuldenbremse

Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt die Privatisierung wichtiger Bereiche der öffentlichen Daseinsfürsorge ab. Der Widerstand gegen die Privatisierung von Krankenhäusern und Wasserversorgung war auch bei den Protesten gegen das Freihandelsabkommen TTIP für viele ein wichtiger Grund, auf die Straße zu gehen. Vielerorts haben sich in den letzten Jahren Initiativen für eine Re-Kommunalisierung der Wohnungs-, Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft oder gegen die Privatisierung von kommunalen oder landeseigenen Krankenhäusern gebildet. DIE LINKE steht an ihrer Seite und kämpft gegen Privatisierungen und für eine Stärkung des Öffentlichen durch Re-Kommunalisierung.

Denn: Privatisierung von Wasser, öffentlichem Wohnungsbestand, von Energieversorgung, Nahverkehr und Bildung zerstört die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft und macht sie ungerechter. Privatisierungen wurden lange Zeit damit gerechtfertigt, dass sie die Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger preiswerter und den Service besser machen. Nachweisbar ist das Gegenteil eingetreten. Privatisierung bedeutet, dass die Menschen mehr zahlen müssen: für Wassergebühren, den Eintritt im Schwimmbad, den Nahverkehr oder die Musikschule. Die Privatisierung befördert eine Parallelwelt der Reichen und Besserverdienenden; wer sich den Eintritt nicht leisten kann, bleibt außen vor. Wo öffentliches Eigentum verkauft wird, verschlechtert sich die Lebensqualität, besonders für Normal- und Geringverdienende.

Kürzungen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und Privatisierungen werden häufig mit der Schuldenbremse begründet. Angeblich könnten »wir« uns das Öffentliche nicht mehr leisten, sonst würden wir unseren Kindern und Enkeln nur noch Schulden hinterlassen. Aber gerade im Interesse unserer Kinder und Enkel dürfen wir die Daseinsvorsorge nicht den Profitinteressen privater Unternehmen überlassen. Die Schuldenbremse und die »Schwarze Null« sind vor allem Hebel, um die Daseinsfürsorge kaputtzusparen und neue Märkte für private Konzerne zu schaffen. Infrastruktur, die Generationen halten wird, kann auch im Vorgriff auf die nächsten Generationen finanziert werden. Kredite in diesem Sinne auszuschließen, ist unverantwortlich und wirtschaftlich unsinnig, noch dazu angesichts der aktuellen Zinsen. Investitionen des Staates in die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur sind wichtige Investitionen in die Zukunft, die sich gerade auch für die nachfolgenden Generationen rechnen. Zu ihrer Finanzierung will DIE LINKE die Multi-Millionäre endlich durch höhere Steuern angemessen zur Finanzierung des Gemeinwohls heranziehen.

DIE LINKE setzt auf Privatisierungsstopp statt Schuldenbremse:

  • Die Schuldenbremse muss zurückgenommen werden. DIE LINKE setzt sich für eine entsprechende Veränderung des Grundgesetzes ein. Bis dahin muss der Vollzug der Schuldenbremse ausgesetzt werden. Wir wollen die Zwangsverwaltung kommunaler Haushalte abschaffen. Kommunen und Länder sollen die Möglichkeit haben, über kommunale bzw. landeseigene Unternehmen Kredite aufzunehmen, um die öffentliche Daseinsvorsorge gewährleisten zu können.
  • Grundlegende Bereiche der Daseinsvorsorge wie Gesundheitsversorgung, Wohnungen, Bildung, Jugendhilfe, Kultur, Energie- und Wasserversorgung, öffentlicher Personennahverkehr, Fernverkehr, Kommunikationsinfrastruktur und Abfallentsorgung müssen in öffentlicher Hand organisiert sein. Wir werden uns daher an keiner Regierung beteiligen oder sie tolerieren, die öffentliche Daseinsvorsorge privatisiert.
  • Wir wollen, dass die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen ebenso gestoppt wird wie alle Public-Private-Partnership-Projekte. Bis das durchgesetzt ist, müssen alle Privatisierungsvorhaben den Bürgerinnen und Bürgern zur direkten Abstimmung per Volksentscheid vorgelegt werden.
  • Wir wollen die Privatisierung der Autobahnen verhindern. Die Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen gehören in öffentliches Eigentum und sind Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Privatisierung der Infrastruktur soll lediglich renditeträchtige Anlagemöglichkeiten für die Finanzbranche schaffen. Die Autofahrerinnen und Autofahrer müssen die Rendite zahlen. Leidtragende sind auch die Beschäftigten.
  • Privatisierte Bereiche der Daseinsvorsorge wollen wir re-kommunalisieren. Wir wollen dafür sorgen, dass der Bund den Kommunen Mittel für die Re-Kommunalisierung von Wohnungen, Krankenhäusern, Wasser- und Energieversorgung zur Verfügung stellt. Dies kann über einen Re-Kommunalisierungsfonds geschehen. Unterstützung und rechtliche Beratung können durch eine Re-Kommunalisierungsagentur organisiert werden, damit nicht in jeder Kommune das Rad neu erfunden werden muss.
  • Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Partnerschaft zwischen Kommunen und Ländern in ÖÖP-Projekten zu (ÖÖP: öffentlich-öffentliche Partnerschaften).
  • Privatisierte Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen wollen wir in nichtkommerzielle, öffentliche, gemeinnützige oder genossenschaftliche Trägerschaften überführen (vgl. Kapitel IV Solidarische Gesundheitsversicherung).

DIE LINKE sieht das Öffentliche als zentralen Bestandteil der Demokratie. Der Reichtum einer Gesellschaft muss sich in einem öffentlichen Reichtum und in den Lebenschancen aller niederschlagen. Nur diese Art von Reichtum kommt allen zugute. Ohne ein leistungsfähiges öffentliches Eigentum – also kommunales, regionales, genossenschaftliches, gemeinwirtschaftliches oder staatliches Eigentum – kann eine Demokratie nicht funktionieren. DIE LINKE will das Öffentliche durch Investitionen stärken und zugleich sozial gerechter und demokratischer organisieren. Wir wollen ein neues Modell einer leistungsfähigen, demokratischen, öffentlichen, für alle zugänglichen und ökologisch zukunftsfähigen Daseinsvorsorge und Infrastruktur durchsetzen:

  • Öffentliche Dienste und Einrichtungen müssen für alle Menschen zugänglich sein, unabhängig davon, wie hoch ihr Einkommen ist, wo sie wohnen, welche Staatsbürgerschaft sie haben. Öffentliche Dienstleistungen müssen für jede und jeden erschwinglich und barrierefrei sein.
  • Nur öffentliche Unternehmen, zivilgesellschaftliche Non-Profit-Organisationen und öffentliches Eigentum bieten die Chance einer demokratischen Kontrolle und Mitbestimmung durch Bürgerinnen und Bürger sowie Beschäftigte. Den öffentlichen Unternehmen müssen die Ziele des Wirtschaftens, die Orientierung an den Zielen guter Arbeit, die Verringerung sozialer Ungleichheit, Partizipation, Klima- und Umweltschutz und ein klar definierter Handlungsrahmen durch die Parlamente vorgegeben werden.
  • Der öffentliche Dienst und die öffentlichen Unternehmen müssen sich am gesellschaftlichen Bedarf orientieren. Unter anderem heißt das: Es darf kein Personalabbau stattfinden. Verwaltungen können ohne Stellenkürzungen reformiert werden, um auf veränderten Bedarf zu reagieren.

Öffentliches Eigentum und Bürgerbeteiligung gehören zusammen. Partizipation heißt nicht, mitreden zu dürfen, sondern Entscheidungen wirksam beeinflussen zu können.

  • DIE LINKE streitet dafür, dass Bürgerinnen und Bürger den Zweck öffentlicher Unternehmen mitbestimmen und öffentliche Unternehmen und Einrichtungen kontrollieren können. Sie müssen an Entscheidungen und der Gestaltung ihres Lebensumfeldes beteiligt sein. Dazu bedarf es einer umfassenden Änderung des Gesellschaftsrechts.
  • Wir wollen, dass öffentliche Unternehmen und Einrichtungen transparent arbeiten und dass Verträge, die die öffentliche Verwaltung abschließt, offengelegt werden. Die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten müssen ausgeweitet werden.
  • DIE LINKE tritt dafür ein, dass das Personalvertretungsrecht uneingeschränkt für alle Menschen gilt, die für eine Dienststelle tätig sind.
  • Für Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, muss Transparenz und Mitbestimmung der Kommunalräte und Belegschaften sowie die Mitwirkung von Nutzergruppen gewährleistet sein. Aufsichtsratsmitglieder müssen an die Weisungen der entsendenden Gremien (Kommune, Betriebsrat etc.) gebunden sein, ihre Rechenschaftspflicht muss ausgeweitet und ihre Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem entsendenden Gremium aufgehoben werden. Die Unternehmensinteressen dürfen keinen Vorrang vor der Gemeinwohlverpflichtung für die aus den Kommunen entsandten Aufsichtsratsmitglieder haben.
  • Öffentliche Dienstleistungen müssen einem hohen Umweltstandard gerecht werden. DIE LINKE will in die ökologische Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur investieren (vgl. Kapitel XIV »Menschen und Natur vor Profite«).
  • Der öffentliche Dienst muss Vorbild in Sachen guter Arbeit und Ausbildung sein (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit«). Den Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund wollen wir erhöhen, auch um dort, wo es den Bedarf gibt, die Mehrsprachigkeit in der Verwaltung zu gewährleisten. Die Beschäftigten in der Verwaltung, in öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen müssen Einfluss auf deren Entwicklung nehmen können.

Lebensqualität und Demokratie in den Kommunen

In den Kreisen, Städten und Gemeinden entscheidet sich, wie es um Kinderbetreuung und Kultur, um Wohnen und Gesundheitsversorgung bestellt ist. In den Ballungsräumen verfestigt sich die soziale Spaltung. Die Entwicklung von einigen wenigen großen Städten auf der einen Seite und dem »ländlichen Raum« (der auch viele mittlere und Kleinstädte umfasst) driftet auseinander. Die neoliberale Politik, die die Reichen steuerlich entlastet und die Kommunen mit Aufgaben und Mehrkosten belastet, führt dazu, dass es in den Kommunen einen Rückstau an Investitionen von weit über 100 Milliarden Euro gibt. Schon jetzt sind viele Kommunen in wirtschaftlich benachteiligten Regionen überschuldet und unter Zwangsverwaltung. Die Schuldenbremse wirkt sich verheerend auf die Lebensqualität von Menschen mit geringerem Einkommen und auf die kommunale Demokratie aus. Wenn im Stadt- oder Gemeinderat bisweilen nur noch über die Verwaltung des Mangels und vermeintlicher Sachzwänge entschieden wird, wird die Demokratie in der Kommune erstickt.

  • Kommunale Daseinsvorsorge muss sich am Bedarf und an den Bedürfnissen der am stärksten Benachteiligten orientieren. Um gleichwertige Lebensbedingungen in allen Regionen und Kommunen zu schaffen, wollen wir ein verbindliches Anhörungs- und Mitwirkungsrecht der Kommunen auf Bundesebene, wenn Gesetzentwürfe und Verordnungen erarbeitet werden, die kommunal relevant sind. Kommunen sollen auch im Bund ein Selbstbefassungsrecht haben.
  • Wir wollen, dass Kommunen grundsätzlich über alle Angelegenheiten der kommunalen Daseinsvorsorge und der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich entscheiden und die sich daraus ergebenden Aufgaben wahrnehmen können. Die Kommunen sind kein neoliberales Experimentierfeld.
  • Wir wollen einen Solidarpakt, der den am meisten benachteiligten Gemeinden zugutekommt und nicht mehr nach Himmelsrichtung verteilt.
  • Die Überschuldung der Kommunen ist wesentlich auf die Veränderungen im Steuerrecht der vergangenen Jahrzehnte zurückzuführen. Wir brauchen einen Altschuldenfonds unter Beteiligung von Bund und Ländern.
  • Gemeinden dürfen nicht für Aufgaben bezahlen müssen, die die Bundesregierung ihnen auferlegt, ohne ausreichende Finanzmittel dafür bereitzustellen: Das Konnexitätsprinzips (»Wer bestellt, zahlt.«), muss umgesetzt werden. Wir wollen eine umfassende Gemeindefinanzreform, die die Selbstständigkeit der Kommunen erhöht. Dafür soll die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickelt werden (vgl. Kapitel V »Ungleichheit ist unsozial.«).

Die Kommunen in Deutschland haben durch die Klimakrise in der Zukunft große Aufgaben zu bewältigen. Die Klimafolgen wirken sich am direktesten bei den Menschen vor Ort aus. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass der Bund die Kommunen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen stärker unterstützt und gemeinsam mit den Kommunen verbindliche Rahmenbedingungen für Klimaschutzkonzepte schafft. Die Kommunen müssen bei der Energieversorgung vor Ort mehr und mehr auf erneuerbare Energien setzen. Der öffentliche Nahverkehr soll auf neue Antriebsmodelle umstellen. Hier haben kommunale Unternehmen und die örtliche Verwaltung eine Vorbildfunktion – nicht nur bei der Umrüstung, auch bei der Bereitstellung der Energie (z.B. Ladestationen). Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss umgebaut oder durch eine neue Energiegesetzgebung abgelöst werden: Kommunen, Stadtwerke und Bürger-Energie-Genossenschaften sollen einen gleichberechtigten Zugang zum Ausbau der erneuerbaren Energien erhalten. Es braucht einheitliche Standards für Klimaschutzkonzepte auf Bundesebene, die sicherstellen, dass Kommunen bei der Bewältigung der Klimafolgenanpassung unterstützt werden und der Bund entsprechende finanzielle Mittel dafür bereitstellt.

Neustart für den sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau und ein grundlegend verbessertes Mietrecht

In großen Städten, Ballungszentren und Universitätsstädten explodieren die Mieten. Weil die Miete nicht mehr bezahlbar ist, werden viele aus ihren Wohnungen verdrängt. Die Städte verändern sich: Die attraktiven Innenstädte sind mehr und mehr den Reichen vorbehalten. Arme, Studierende, Menschen mit geringem Einkommen, Rentnerinnen und Rentner werden verdrängt. Und auch für Menschen mit mittlerem Einkommen wird es eng. Immer mehr Anteile von Lohn und Gehalt müssen fürs Wohnen aufgebracht werden und fehlen an anderer Stelle. Die Angst, sich keine Wohnung mehr leisten zu können, verunsichert viele Menschen. Die Mietpreisbremse der Regierung ist wirkungslos: Sie hat die Explosion der Mieten nicht stoppen können. Der soziale Wohnungsbau ist weiter im Niedergang.

Die Mieten steigen, weil die Spekulation den Wohnungsmarkt erreicht hat und in vielen Orten zu wenig Wohnraum zur Verfügung steht. Das Kapital walzt durch die Städte. Nach der Finanzkrise und angesichts von niedrigen Zinsen suchen Immobilienfonds und Finanzfirmen nach neuen Profitmöglichkeiten. Sie kaufen Mietshäuser und »modernisieren« die Mieter heraus: Die Bestandsmieten steigen, bei Neuvermietung oder Umwandlung in Eigentumswohnungen winken große Gewinne. Inzwischen hat es auch viele mittlere und kleinere Städte erreicht: Wohnraum, Modernisierung und die Spekulation mit Immobilien ist das neue »Beton-Gold«. Große Immobilienfonds und private finanzmarktgetriebene Wohnungsunternehmen wie Vonovia und Deutsche Wohnen erwerben immer größere Bestände und unterwerfen Mieterinnen und Mieter ihren Renditeinteressen. Unser Grundgesetz bindet Eigentum an das Gemeinwohl. Der Wildwuchs von Mietsteigerungen und Privatisierungsgewinnen dagegen erinnert an die Goldgräber-Zeit: Regulierungen greifen nicht oder werden straffrei unterlaufen. Alle Erfahrung lehrt: Wenn nicht staatlich investiert, bezahlbarer Wohnraum gebaut und nicht staatlich reguliert wird, wird Wohnraum als reine Ware verwertet. Die Krise auf dem Wohnungsmarkt braucht entschlossene und schnell wirkende Maßnahmen. Es müssen Instrumente geschaffen werden, um überhöhte Mieten zu senken und in jedem Bereich Höchstmieten festzulegen. Möglichkeiten der Enteignung von Grundeigentum zum Wohle der Allgemeinheit und dessen Überführung in öffentliches Eigentum bestehen schon jetzt; sie müssen erleichtert werden.

Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen. Niemand darf mehr als ein Drittel seines Einkommens für die Miete ausgeben müssen. In den letzten 30 Jahren hat sich der Bestand an Sozialwohnungen um zwei Drittel verringert. Die Politik der Regierung? geht ganz am Bedarf vorbei: Es fehlen fünf Millionen Sozialwohnungen! 50.000 Sozialwohnungen fallen jedes Jahr aus der Sozialbindung. Wir wollen einen Neustart im sozialen Wohnungsbau. Das ist ein zentraler Bestandteil unseres Zukunftsprogramms: Sozialwohnungen müssen gebaut und angekauft werden – mindestens 250.000 im Jahr, vor allem durch gemeinnützigen kommunalen Wohnungsbau. Dieses Vorhaben unterstützen wir mit über fünf Milliarden Euro. Die Wohnungen bleiben Sozialwohnungen: Öffentlich geförderter Wohnungsbau darf nicht aus der Sozialbindung entlassen werden. Das »Wiener Modell« hat es vorgemacht: bezahlbare Wohnungen mit festgelegten Mieten, die in öffentlichem Eigentum sind und in denen die Mieterinnen und Mieter mitbestimmen.

Wir wollen eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen. Die Wohngemeinnützigkeit wurde in Deutschland 1990 abgeschafft. Wohnen wurde damit dem Markt und dem Profitstreben überlassen. Ein Sektor auf dem Wohnungsmarkt, der nicht profitorientiert ist, ist Kernbestandteil einer neuen sozialen und nachhaltigen Wohnungspolitik. Er soll die Miete bezahlbar machen, Gewinne deckeln und wieder in bezahlbare Wohnungen investieren. Dafür gibt es steuerliche Vergünstigungen, bevorzugte Förderung und einen bevorzugten Zugang zum Boden. Gemeinwohlorientierte Unternehmen müssen transparent arbeiten und Mietermitbestimmung garantieren.

Das sind Grundlagen einer demokratischen, sozial gerechten und sicheren Organisation des Wohnens. DIE LINKE stellt die Interessen der Mieterinnen und Mieter in den Mittelpunkt. Wir unterstützen Mieterinnen und Mieter, die sich gegen Mietwucher und Verdrängung wehren. In den meisten Städten gibt es inzwischen zahlreiche Initiativen, die um ihre Häuser, ihren Stadtteil, die für das Recht auf Stadt kämpfen. DIE LINKE ergreift Partei für Mieterinnen und Mieter und ist Partnerin der mietenpolitischen Bewegung. Wohnen ist ein Menschenrecht, das nicht dem Markt überlassen werden darf. Wir wollen erstens die Explosion der Mieten und Verdrängung stoppen, zweitens die Privatisierung von und die Spekulation mit Boden und Wohnraum beenden und drittens den öffentlichen und sozialen Wohnungsbau neu starten und den gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsbau stärken.

Die Mieten sind zu hoch. Mieterhöhungen stoppen!

  • Wir wollen die »Mietpreisbremse«, die sich für den Schutz der Mieterinnen und Mieter als untauglich erwiesen hat, durch eine echte Mietpreisbremse ersetzen, die flächendeckend, bundesweit, unbefristet und ausnahmslos gilt. Bis zu ihrer Einführung wollen wir ein Moratorium für Mieterhöhungen, d.h. bis dahin werden Mieterhöhungen ausgeschlossen.
  • Keine Mieterhöhungen ohne Verbesserung des Wohnwertes! Vermieter können lediglich den Inflationsausgleich umlegen.
  • Der Mietspiegel darf kein Mieterhöhungsspiegel sein. Alle Mieten müssen in die Berechnung einfließen und nicht nur die der letzten vier Jahre. Für Städte ab einer bestimmten Größe werden Mietspiegel verpflichtend. Die Kommunen erhalten hierfür finanzielle Unterstützung durch den Bund.
  • Vermieter, die gegen den Mietendeckel verstoßen, müssen bestraft werden. Wir brauchen ein Register, das Transparenz über die bisherige Miete herstellt und den Datenschutz der Mieterinnen und Mieter berücksichtigt. Mietwucher muss endlich wirkungsvoll geahndet werden.

Verdrängung und Gentrifizierung stoppen

  • In Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten sollen Mietwohnungen nicht kommerziell als Ferienwohnungen angeboten werden dürfen. Die Zweckentfremdung von Wohnraum wollen wir stoppen.
  • Zweckentfremdung von Wohnraum wollen wir mit einem Zweckentfremdungsverbot mit hohen Leerstandsabgaben stoppen.
  • Die Umsetzung des Mieterschutzes, von Mietspiegel, Milieuschutz und Verbot von Entmietung und kommerziellen Ferienwohnungen muss wirksam kontrolliert werden. Dafür wollen wir eine Sonderkommission »Gerecht Wohnen« und eine öffentliche Beschwerdestelle schaffen.
  • Wir wollen den Milieuschutz ausweiten und wirksam machen. Bis zur Umsetzung eines verbindlichen Mietspiegels wird in Milieuschutzgebieten eine Obergrenze für Mieten von 8,50 Euro eingeführt. Niedrigere Mieten werden eingefroren und dürfen nicht erhöht werden. Die Obergrenzen werden quartiersbezogen überprüft. Hier wollen wir ein generelles Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen.
  • Wir wollen Wohnraum für alle, nicht Abschreibungsobjekte für wenige fördern.
  • Die Modernisierungsumlage wollen wir abschaffen, da sie eines der zentralen Instrumente der Entmietung ist.
  • Wir wollen den Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter verbessern:
  • Wenn Rückstände bei der Miete beglichen sind, darf nicht gekündigt werden.
  • Mietminderung ist kein Kündigungsgrund. Bei Unrechtmäßigkeit der Mietminderung ist eine angemessene Frist zur Begleichung der Mietrückstände einzuräumen.
  • Kündigungen wegen Eigenbedarfs der Wohnungseigentümer wollen wir strenger regeln. Wenn Unternehmen die Eigentümer sind, sollen sie ausgeschlossen werden.
  • Die Mieterrechte sind geschliffen und Räumungsklagen erleichtert worden. Das werden wir rückgängig machen.
  • Auch der Kündigungsschutz für Gewerbemietverträge muss verbessert werden, um kleine Läden vor Verdrängung zu schützen.

Für eine neue Wohngemeinnützigkeit. Ein Bremsklotz gegen Spekulation und Privatisierung!

Wohnen ist ein Menschenrecht und muss dem Markt und Profit entzogen werden.

  • Wir wollen Wohnungen zurück in die öffentliche Hand bringen. In erster Linie Kommunen, aber auch Genossenschaften und Mietergemeinschaften wollen wir den Rückkauf von Wohnungen ermöglichen und durch die öffentliche Hand fördern. Dafür soll ein Re-Kommunalisierungsfonds aufgelegt und ein kommunales Vorkaufsrecht gestärkt werden.
  • Die Privatisierung von öffentlichen Grundstücken und Wohnungen werden wir stoppen. Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben dürfen nur noch an Kommunen, Länder, Mieterinitiativen und Mietersyndikate abgegeben werden.
  • Immobilienfonds wollen wir die Zulassung entziehen.
  • Bei Verkauf von Immobilien sollen die Kommunen sowie Mieterinnen und Mieter einzeln und als Gemeinschaft ein Vorkaufsrecht haben.
  • Öffentlicher Boden darf nicht privatisiert, sondern nur im Erbbaurecht vergeben werden. Gemeinnützige Nutzung wird dabei bevorzugt.
  • Leerstand zu Mietwohnungen! In angespannten Wohnlagen dürfen leerstehende Wohnungen nicht von der Steuer abgeschrieben werden. Das setzt die falschen Anreize.
  • Die Regelung, dass nach Ablauf einer Frist von zehn Jahren auf Gewinne aus Immobilienverkäufen keine Steuern bezahlt werden müssen, wollen wir abschaffen. Gewinne, die durch Spekulation und Immobilienverkäufe entstehen, müssen deutlich stärker besteuert werden.
  • Wohnungsunternehmen brauchen gesetzliche Vorgaben, um sie auf eine soziale Bewirtschaftung, Instandhaltung und Mietermitbestimmung zu verpflichten.
  • Mit Share Deals umgehen große Investoren die Grunderwerbsteuer. Kommunen und Ländern werden damit Einnahmen in Millionenhöhe vorenthalten. Wir wollen sie abschaffen.
  • Wir wollen ein neues Bodenrecht. Ohne eine Bodenpreisdeckelung wird es keine wirksame Mietpreisdeckelung geben. Veräußerungsgewinne aus Bodenpreissteigerungen müssen abgeschöpft und für sozialen, kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau verwendet werden.
  • Angesichts der aktuellen Notlage gilt: Wohnraum oder als Wohnraum nutzbarer Gewerberaum, der aus Spekulationsgründen oder ähnlichem leersteht oder zweckentfremdet wird, muss beschlagnahmt und einer obligatorischen Zwischennutzung zugeführt werden. Zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich mit Mitteln des zivilen Ungehorsams für eine zweckgemäße Nutzung von Wohnraum einsetzen (»Besetzungen«), müssen legalisiert werden.

Für lebenswerte und soziale Städte

Wir wollen sozial durchmischte Stadtviertel erhalten statt Bettenburgen für die Armen an den Stadträndern und Hochglanzviertel für die Reichen in den Zentren. Dafür zielen wir auf einen prozentualen Anteil von Sozialwohnungen in allen Vierteln.

  • Wohnen ist Teil unserer Investitionen in die Zukunft: Wir wollen einen Neustart für öffentlichen sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau. Dafür wollen wir dauerhaft mindestens 250.000 neue Sozialwohnungen im Jahr schaffen. Bund, Länder, Kreise und Kommunen müssen überprüfbarer zur Schaffung sozialen Wohnraums verpflichtet werden. Fehlbelegungen müssen abgebaut werden.
  • Wenn die Sozialbindung ausläuft, führt das zu erheblichen Mietsteigerungen und Kündigungen. Die Zweckbindung muss erhalten bleiben. In Zukunft muss gelten: Einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung. Die betroffenen Mieterinnen und Mieter brauchen Bestandsschutz.
  • Der Bund darf nach 2019 nicht aus der Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau entlassen werden. Wir brauchen ein Bund-Länder-Programm.
  • Wir wollen barrierefrei bauen. Für inklusive Städte. Das barrierefreie Bauen wollen wir zukünftig grundsätzlich im Baugesetz der BRD als Allgemeinforderung verankern – Barrierefreiheit soll, wie die Statik, vor Erteilung der Baugenehmigung einer Prüfung unterzogen werden.
  • Die Studierendenwerke brauchen mehr finanzielle Mittel, um die Anzahl der zur Verfügung stehenden Wohnheimplätze zu erhöhen.
  • Auch Gewerbemieten müssen begrenzt werden, um kleine Geschäfte und eine wohnortnahe Versorgung mit Einkaufsmöglichkeiten zu erhalten.
  • Wir wollen flächensparend und ökologisch bauen und Kleingärten, Stadtgrün und Flächen für Urban Gardening erhalten.
  • Städte sind lebenswert, wenn die Menschen sie mitgestalten können. Es braucht mehr Mitsprache bei Stadtumbauprojekten, innerstädtischen Nachverdichtungen und bei großen Neubauvorhaben.
  • Schluss mit dem Abriss von preisgünstigen Wohnungen mit erhaltenswerter Bausubstanz zugunsten von teuren Neubauten. Die Kommunen sollen wohnungspolitische Konzepte erarbeiten, darunter Bestandskonzepte und Leerstandskonzepte.
  • Für den Wohnungsbau sollten alternative Konzepte wie das Überbauen von Parkplätzen, Lagerflächen, Schienen und Straßen sowie die Integration von Wohnraum in industriell oder landwirtschaftlich genutzten Gebäuden genutzt werden.

Sanierungen sozial und ökologisch!

Sanierungen werden häufig genutzt, um die Wohnungen zu »entmieten« und die Mieten in die Höhe zu treiben.

  • Nach energetischer Modernisierung darf die Mieterhöhung nicht höher sein, als die Mieterinnen und Mieter an Heizkosten sparen. Die Differenz muss durch ein Förderprogramm gedeckt werden. Dafür legen wir ein Bundesprogramm von fünf Milliarden Euro pro Jahr auf.
  • Mieterinnen und Mieter sollen einen Rechtsanspruch darauf haben, dass die Vermieter diese Förderung in Anspruch nehmen. Wenn die Förderung nicht in Anspruch genommen wird, müssen die Mieterinnen und Mieter die Modernisierung nicht dulden.
  • Die Modernisierungsumlage wollen wir abschaffen.

Wir wollen die Wohnungen für diejenigen sichern, die am stärksten bedroht sind. Die Wohnungslosigkeit hat zugenommen. In einer reichen Gesellschaft wie unserer ist das eine Schande. Wir wollen Wohnungslosigkeit stoppen. Im Vordergrund muss stehen: Wohnungen zur Verfügung stellen (housing first).

  • Wir wollen Zwangsräumungen verhindern. Eine Räumung in die Obdachlosigkeit wollen wir gesetzlich ausschließen. Das Recht auf Wohnen gehört ins Grundgesetz.
  • Geflüchtete dürfen nicht zum Sündenbock für die Mängel der Wohnungspolitik gemacht werden. In einer sozialen Offensive für alle können wir gutes Wohnen für alle schaffen. Wir wollen die Unterbringung von Geflüchteten in Massenunterkünften beenden und dezentral organisieren.
  • Bisher wird Wohnungslosigkeit nicht dokumentiert, wir wollen eine öffentliche Statistik. Wir wollen ein Gesamtkonzept gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Die Institutionen der Wohnungslosenhilfe müssen finanziell gestärkt werden.
  • Das Wohngeld muss erhöht und umgebaut werden. Die öffentliche Hand darf nicht die privaten Gewinne der Wohnungsbesitzer nähren – deshalb wollen wir den Mietendeckel. Wir wollen den Heizkostenzuschlag sofort wieder einführen und eine Klima-Komponente bei Wohngeld und Kosten der Unterkunft (vgl. XIV »Menschen und Natur vor Profite«).
  • Bis zur Einführung einer Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro (vgl. Kapitel III »Soziale Sicherheit«) müssen die Angemessenheitsgrenzen für die »Kosten der Unterkunft« deutlich angehoben werden, damit sie den tatsächlichen Bedarf decken. Entsprechend muss der Bund seinen Anteil an der Kostenübernahme deutlich erhöhen.

Die Häuser denen, die drin wohnen!

Viele Menschen wehren sich gegen Mieterhöhungen, Verdrängung und Zwangsräumungen. DIE LINKE kämpft an ihrer Seite. Wir wollen, dass Mieterinnen und Mieter mehr Mitsprache erhalten oder ihre Häuser gemeinschaftlich übernehmen können (kollektives Vorkaufsrecht). In allen öffentlichen Unternehmen müssen demokratische Mieterräte gewählt werden. Mieterinnen und Mieter müssen an allen wichtigen Entscheidungen des Unternehmens beteiligt werden. Die Ergebnisse von Aufsichtsratssitzungen öffentlicher Unternehmen müssen öffentlich zugänglich sein. Mietervereine müssen ein Verbandsklagerecht erhalten. Wir wollen diese Forderungen in einem bundesweiten Mietermitbestimmungsrecht verankern, das für alle Wohnungsgesellschaften, öffentlich und privat, gleichermaßen gilt. Auch Genossenschaften wollen wir demokratisieren. Um die Gründung von kleinen Genossenschaften für kooperative und/oder altersgerechte Wohn- und Kulturprojekte zu erleichtern, wollen wir eine besondere Rechtsform im Genossenschaftsrecht einführen (Rechtsform der haftungsbeschränkten Kooperationsgesellschaft).

Besserer Schutz für soziale Träger

Viele soziale Träger stehen aufgrund der angespannten Wohnraumsituation vor Problemen: Ihnen werden langjährige Mietverträge gekündigt, und sie erhalten häufig nur noch Gewerbemietverträge. Diese erlauben den Vermietern unbegründete Mieterhöhungen und Kündigungen. Viele Projekte stehen daher vor dem Aus.

  • Soziale Träger für Wohnprojekte sollen einen Wohnungsmietvertrag mit dem dabei üblichen Schutz vor Kündigung und drastischen Mieterhöhungen erhalten. Das Mietrecht für Gewerbemietverträge muss geändert werden.
  • DIE LINKE will, dass Mietverhältnisse mit sozialen Zielstellungen (etwa Kinderladen, Wohnprojekt, Physiotherapiepraxis) künftig einem besonderen Mietrecht unterliegen, das vor willkürlicher Kündigung schützt, längere Kündigungsfristen und nur begrenzte Möglichkeiten der Mieterhöhung vorsieht.
  • Wir wollen in den Kommunen ein Generalmietermodell einführen. Die Kommune oder ein Trägerverein mietet für Wohnprojekte geeignete Wohnungen vom Hauseigentümer an. Der Vermieter hat dadurch ein dauerhaftes Mietverhältnis, und die sozialen Träger erhalten Planungssicherheit.

Wohnen in der Stadt und auf dem Land

Während in den Großstädten die Mieten explodieren, stehen in vielen ländlichen Regionen Wohnungen und Häuser leer. Wenn Wohnungen leerstehen und die Vermietung unsicher ist, wird weniger investiert, z.B. in energetische Sanierung, Barrierefreiheit oder Instandhaltung. Gerade Wohnungsunternehmen auf dem Land können zudem Belastungen durch Altschulden oft nicht abbauen. Deshalb ist Mietwohnraum in ländlichen und strukturschwachen Regionen immer weniger bedarfsgerecht und attraktiv. Das beschleunigt den Wegzug der Bevölkerung. Kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen im ländlichen Raum sind existenziell gefährdet. Das Dilemma: Die Vorteile ländlichen Wohnens (günstigere Mieten, nachbarschaftliches Zusammenleben, naturnahes Umfeld) gleichen die Nachteile (längere Wege, mehr Zeitaufwand, höhere Kosten für Mobilität usw.) nicht aus. Auch der Zugang zu sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Angeboten ist oft schwierig. Diese Situation verschärft das Ungleichgewicht der Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Wir wollen bundesweit ländliche Regionen und strukturschwache Räume durch ein Stadtumbauprogramm des Bundes unterstützen, in dem die Stadtumbauprogramme Ost und West zusammengeführt werden. Der Rückbau von Wohnungen und die Aufwertung von Wohnraum und Wohnumfeld müssen dabei zusammen gedacht werden.

  • Wir setzten uns dafür ein, dass die Stadtumbauprogramme Ost und West zusammengeführt werden. Dies darf nicht dazu führen, dass die finanziellen Mittel für den Osten geringer werden (vgl. Kapitel X »Gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West«).
  • Schwerpunkt der Förderung soll auf der Verbesserung der Wohnungen und des Wohnumfeldes in den Stadtteilen liegen, auf Modernisierung und auf altersgerechtem und barrierefreiem Umbau von Gebäuden. Der kommunale Eigenanteil bei Aufwertungsmaßnahmen wird gestrichen. In einigen Kommunen wird es weiterhin notwendig sein, Wohnungsabriss zu fördern. Dabei soll auf sogenannten Teilrückbau, also das Abtragen der oberen Geschosse anstatt eines Komplettabrisses, gesetzt werden.
  • In vielen Dörfern und Kleinstädten werden neue Wohngebiete im Außenbereich ausgewiesen. Dies führt zum Flächenfraß. Die Ortskerne verfallen und leeren sich. Der Bund muss ein Förderprogramm zur Sanierung und zum Erhalt der Orts- und Dorfkerne auflegen.
  • Das Programm Soziale Stadt muss finanziell besser ausgestattet werden. Künftig sollen auch Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes ohne kommunalen Eigenanteil auskommen und je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen werden.
  • Die Förderung für Städtebau und Dorferneuerung wollen wir niedrigschwellig zugänglich machen.
  • Grund- und Mittelzentren wollen wir stärken, damit sie dauerhaft ein Grundangebot an Daseinsvorsorge und Versorgung sowie bedarfsgerechten Mietwohnungsbestand vorhalten können.
  • Wir wollen mehr Raum für alternative Wohnkonzepte. Dafür braucht es eine Neugestaltung des Baurechts.

Den ökologischen Umbau des Gebäudesektors fördern

Der Gebäudesektor muss dringend ökologisch umgebaut werden, um den Klimawandel zu begrenzen und lebenswerte Städte zu schaffen. Der Gebäudestand muss saniert und Neubauten müssen gut gedämmt werden. Regenerative Energie und dezentrale Stromversorgung wollen wir ausbauen.

  • Die finanzielle Hauptlast für das Umsteuern im Bausektor haben die Gebäudebesitzer zu tragen. Sie sollen dafür durch gezielte Förderprogramme unterstützt werden.
  • Außerdem wollen wir Hindernisse für ökologische Baumaterialien im Baurecht beseitigen. Wir wollen die Ausbildung anpassen. Innovationen wollen wir fördern (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«) und günstige Kredite für ökologische Bauweisen und Mindeststandards für eine klimafreundliche Bauweise festschreiben.

Der Zugang zu Bildung ist in Deutschland stark von der sozialen Herkunft abhängig. Wer wohlhabende Eltern hat, hat deutlich bessere Chancen, Abitur zu machen und zu studieren. Bildung ist ein Menschenrecht. Aber für viele Kinder fällt schon nach der Grundschule die Entscheidung, welche Schulform sie besuchen werden und damit auch, welche Türen ihnen künftig verschlossen bleiben. Das deutsche Bildungssystem verschärft die soziale Spaltung der Gesellschaft, statt ihr entgegenzuwirken.

In Bildung wird viel zu wenig Geld investiert. Ein sichtbares Zeichen dafür sind marode Schulen. Durch die Schuldenbremse verschärfen sich diese Probleme. Allein der Sanierungsbedarf bei Schulen wird bundesweit auf 34 Milliarden Euro geschätzt. An den Hochschulen müssten von 2017 bis 2025 ungefähr 35 Milliarden Euro investiert werden, um den Modernisierungsstau abzubauen. Hörsäle und Seminarräume sind häufig überfüllt, und es gibt zu wenig Personal. Der Betreuungsschlüssel von Studierenden und Personal wurde 1980 mit 13 zu 1 festgelegt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat errechnet, dass 56 746 wissenschaftliche Stellen geschaffen werden müssen, um diesen zu erreichen.

Wir kämpfen für mehr Personal in Bildung und Erziehung. Wir wollen die Gebäude sanieren, ausbauen und dem Bedarf anpassen. Wir stellen sozialer Spaltung in der Bildung, Leistungsdruck und Unterfinanzierung eine andere Idee entgegen. Unser Ziel ist, dass alle die gleichen Chancen auf und den gleichen Zugang zu Bildung haben, ein Leben lang. Durch den Zugang zu Bildung sollen soziale Benachteiligungen abgebaut, nicht noch verstärkt werden. Niemand darf ausgegrenzt werden. DIE LINKE setzt sich für ein inklusives Bildungssystem ein, in dem Menschen individuell gefördert werden. Wir wollen gemeinsames solidarisches Lernen statt Konkurrenz und Notendruck. Das Bildungssystem ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie muss ausreichend vom Staat finanziert werden. Privatisierungen – auch von öffentlichen Bildungseinrichtungen – müssen gestoppt und umgekehrt werden.

Wir wollen Lehr- und Lernmittelfreiheit, kostenfreie Verpflegung in Kita und Schule sowie kostenfreie Beförderung von Schülerinnen und Schülern zur Schule. DIE LINKE steht für gute Bildung, die nicht vom Geldbeutel und der Herkunft abhängt.

Kooperation statt Konkurrenz

Die Bildungssysteme sind in den Bundesländern so unterschiedlich, dass ein Umzug zum Problem werden kann. Der im Grundgesetz verankerte Gedanke der gleichwertigen Lebensverhältnisse bleibt auf der Strecke. Einheitliche Standards würden vieles verbessern, stattdessen konkurrieren die Bundesländer miteinander.

Bildungspolitik ist Ländersache, trotzdem müssen Bund und Länder in der Bildung zusammenarbeiten können. Diese Zusammenarbeit ist seit 2006 nicht mehr möglich. Das sogenannte Kooperationsverbot ist ein Hindernis für gleiche und vergleichbare Bedingungen beim Lernen und Lehren. Zwischen den Bundesländern bestehen bei Bildungsinfrastruktur, Bildungsabschlüssen und Bildungswegen große Unterschiede. Die Bundesregierung hat das Kooperationsverbot nur für ihre Prestigeprojekte im Hochschulbereich teilweise aufgehoben. Diese sogenannte Exzellenzstrategie hat zur Folge, dass der Wettbewerb um knappe Finanzmittel zunimmt, die Grundfinanzierung der Hochschulen durch die Länder zurückgeht und Kettenbefristungen im Mittel- und Unterbau der Hochschulen ausufern.

Das ist der falsche Weg! Wir wollen das Kooperationsverbot komplett aufheben und Bildung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz verankern, damit für alle Kinder und Jugendlichen Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden kann.

  • Wir wollen Gebäude sanieren, Barrierefreiheit herstellen und die digitale Infrastruktur ausbauen. Das geht nur mit öffentlichen Investitionen.

Wir brauchen mehr Personal in der Bildung. Wir beginnen damit in Wohngebieten mit sozial benachteiligter Bevölkerung. Wir wollen die inklusive Schule.

  • Befristete Stellen sind in der Bildung allgegenwärtig, ob an der Hochschule, in der Weiterbildung oder indem Lehrerinnen und Lehrer vor den Sommerferien entlassen werden. Die Sonderregelungen für Befristungen an den Hochschulen müssen beendet werden. Wir wollen unbefristete Beschäftigung als Regel. Ausnahmen müssen auf wenige sachliche Gründe beschränkt bleiben (z.B. Elternzeitvertretung).
  • Standards in der Bildung sollen bundesweit vergleichbar sein. Mit einem Bildungsrahmengesetz wollen wir Standards der Lehr- und Lernbedingungen (Personal und Ausstattung) festlegen. Dabei soll die Vergleichbarkeit der Ansprüche an Bildungsarbeit und nicht der Leistungsbemessung von Schülerinnen und Schülern im Vordergrund stehen.

Ungleiche Chancen und Lebensläufe werden auch über Bildung organisiert und zugewiesen. Eine frühe Einteilung in unterschiedliche Schulformen befördert das. An den Hochschulen hat sich diese Entwicklung in den letzten Jahren noch verstärkt: durch Leistungsdruck und ständiges Abprüfen von Wissen. Auch in der Schule und in der Ausbildung ist der Alltag oft stressig. Konkurrenz wird schon früh geübt. Damit soziale Ungleichheit zurückgedrängt statt verstärkt wird, wollen wir eine Gemeinschaftsschule, in der länger gemeinsam gelernt wird.

Klasse Kitas

Allen Kindern muss von Anfang an ganztägig das gemeinsame Leben und Lernen mit anderen Kindern in Kindertageseinrichtungen ermöglicht werden. Unabhängig davon, ob und wie lange die Eltern arbeiten. Solche Bedarfsprüfungen lehnen wir ab. Dafür brauchen alle Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in einer Kita. Derzeit fehlen aber fast 300.000 Plätze, die nötig wären, um den aktuellen Bedarf zu decken. Zur Sicherung der Qualität der Einrichtungen und für den weiteren Ausbau von Kitaplätzen muss der Bund mehr Geld zur Verfügung stellen. Wir brauchen ein Kitaqualitätsgesetz, das beim Kitaausbau die Belange der Kinder und der Beschäftigten in den Mittelpunkt rückt:

  • DIE LINKE fordert einen bundesweit einheitlichen Betreuungsschlüssel in Kindertagesstätten von mindestens einer anwesenden Erzieherin oder einem Erzieher zu maximal drei Kindern im Alter bis zu drei Jahren und mindestens einer Erzieherin oder einem Erzieher zu maximal acht Kindern ab drei Jahren.
  • Wir wollen gebührenfreie Kitas (Elternbeitragsfreiheit) und kämpfen für die Abschaffung jeglicher Gebühren im öffentlichen Bildungssystem. Die Umstellung auf eine Kitaversorgung ohne Kosten für die Eltern darf dabei nicht auf Kosten der Qualität der Bildungsarbeit an den Einrichtungen geschehen.
  • Alle Kinder sollen täglich kostenloses, gesundes, warmes Essen erhalten, wie es in einigen Städten bereits praktiziert wird.
  • Wir brauchen dringend mehr Erzieherinnen und Erzieher für eine gute Bildung, Erziehung und Betreuung.
  • Sozial- und Erziehungsberufe müssen aufgewertet werden. Sie verdienen größere Wertschätzung: bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Dazu gehört auch die Anrechnung von Vor- und Nachbereitungszeiten, Fortbildung und Krankheit auf den Betreuungsschlüssel. Wir wollen die Ausbildung als Erzieherin und Erzieher in der frühkindlichen Bildung auf Hochschulniveau anheben. Aber auch für Frauen und Männer ohne Hochschulzugangsberechtigung wollen wir attraktivere Berufsbilder in der Kindertagesbetreuung schaffen. Das beginnt mit einer Vergütung in der Ausbildung und der Abschaffung des Schulgeldes.

Eine Schule für alle

Wesentliche Ursache der sozialen Spaltung in der Bildung ist die frühe Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in unterschiedliche Schulformen.

  • Wir wollen eine Schule für alle: eine Gemeinschaftsschule, die kein Kind zurücklässt und sozialer Ungleichheit entgegenwirkt. Statt Bildungschancen über unterschiedliche Bildungswege zuzuweisen, fordern wir inklusive Schulformen, die längeres gemeinsames Lernen ermöglichen.
  • Schule sollte so organisiert sein, dass die sozialen Unterschiede nicht noch verstärkt, sondern möglichst ausgeglichen werden. Deshalb soll die Eigenarbeit der Kinder nicht im familiären Bereich bleiben (Hausaufgaben). Im schulischen Alltag müssen dafür Raum und Zeit geschaffen werden. Jedes Kind muss die Möglichkeit haben, eine Ganztagsschule zu besuchen. Solange das nicht gewährleistet ist, fordern wir einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule.

Die Gemeinschaftsschule fördert die Kinder individuell und umfassend. Private Nachhilfe und Hausaufgaben werden überflüssig. Die Gemeinschaftsschule hat einen hohen inhaltlichen Anspruch, fördert Stärken und gleicht Nachteile aus. Sie ist ganztägig organisiert und bietet alle Schulabschlüsse an. Lehrkräfte, Schulsozialarbeit und Schulpsychologie sollen in multiprofessionellen Teams zusammenwirken. Die Gemeinschaftsschule ist demokratisch organisiert mit einer wirklichen Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern.

DIE LINKE will eine inklusive Schule, in der alle Kinder und Jugendlichen willkommen sind. Die inklusive Schule steht auch für die uneingeschränkte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Heute werden viele besondere Förderbedarfe festgestellt, es werden aber keine adäquaten Hilfen für diese Förderbedarfe angeboten. Das muss sich ändern. Inklusion ist für uns eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung, alle müssen gleichberechtigt dazugehören und teilhaben können.

  • Bund, Länder und Kommunen müssen dafür ein Investitionsprogramm »inklusive Bildung« auflegen, um Bildungseinrichtungen umfassend barrierefrei umzubauen und auszustatten.
  • Der Rechtsanspruch auf inklusive Bildung und das Recht auf das gemeinsame Lernen in einer Regelschule gehört in jedes Schulgesetz. Alle Schulen müssen über barrierefreie Zugänge für alle Kinder verfügen, die nicht nur auf die baulichen Voraussetzungen beschränkt werden dürfen. Sie müssen über eine adäquate Ausstattung und Qualifizierung an Personal, Assistenzleistungen, Lehr- und Lernmitteln sowie sonstigen Hilfsmitteln für jedes Kind verfügen. Wir wollen ein Zwei-Lehrerinnen- bzw. Zwei-Lehrer-System umsetzen, als eine der Rahmenbedingungen, mit der wir Förderschulen überflüssig machen. Inklusion darf nicht davon abhängig gemacht werden, wie viel sie kostet!
  • Tausende geflüchtete und andere zugewanderte Kinder und Jugendliche gehen in Deutschland in die Schule oder machen eine Ausbildung. Wir wollen ein Bund-Länder-Programm »Sofortmaßnahmen in der Bildung«. Es muss vom Bund mitfinanziert werden und umfasst Aus- und Weiterbildung von zusätzlichen Lehrkräften, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten, eine Erstausstattung an Schulbedarf für alle Kinder, zusätzliche Sprach- und Alphabetisierungskurse auch für geflüchtete Erwachsene und Informationen zu Berufsausbildungen, die für Geflüchtete in der Bundesagentur für Arbeit angeboten werden. Den Kommunen müssen dafür entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Eine mehrsprachige Sozialisation wird in Deutschland nur bei ökonomisch als wichtig erachteten Sprachen geschätzt. Wir hingegen sehen die Mehrsprachigkeit auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund als ein Qualifikationsmerkmal. Die Muttersprache beim Erlernen weiterer Sprachen einzubeziehen ist wichtig, um in diesen Sprachen einen sicheren Stand zu erwerben.

  • Schulsozialarbeit muss ein fester Bestandteil von schulischer Arbeit werden – an jeder Schule und dauerhaft. Dafür muss sie im Jugendhilferecht verankert werden.
  • Der Personalmangel an Schulen führt zu Unterrichtsausfall und Stress. Das Personal muss Engpässe mit regulär beschäftigten Lehrkräften ausgleichen können. Um die Personalnot an Schulen zu beenden, müssen deutlich mehr Lehrkräfte ausgebildet und eingestellt werden.
  • Viele Sporthallen und Schwimmbäder sind baufällig, müssen gesperrt werden oder sind es schon, weil gespart werden muss. Hier wollen wir sanieren und in barrierefreie, energieeffiziente und schön gestaltete Schulräume investieren!
  • Wir wollen Lobbyismus in Schule und Unterricht unterbinden. Interessengruppen dürfen dort nicht aus kommerziellen Gründen aktiv sein. Kommerzielle Werbung an Schulen muss gesetzlich untersagt werden. Schulen müssen besser mit Lehrmitteln ausgestattet werden. Lehrkräfte sollten nicht länger aus Finanznot gezwungen sein, auf externes Unterrichtsmaterial zurückgreifen zu müssen. DIE LINKE will freie, nichtkommerzialisierte Lehr- und Lernmaterialien für den gesamten Bildungsbereich mit Bundesmitteln fördern.
  • Bildung ohne Bundeswehr! Die Bundeswehr soll nicht mehr in Schulen oder Universitäten werben oder auftreten dürfen. Stattdessen brauchen wir mehr politische und friedenspädagogische Bildung durch Lehrkräfte.
  • Alle Lehrämter sollen gleichgestellt werden.
  • Wir wollen Demokratie, Selbstverwaltung und die Mitbestimmungsrechte der Schülerinnen und Schüler an den Schulen stärken.

Gut ausgebildet

Jedes Jahr werden etwa 80.000 junge Menschen in Deutschland bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz vertröstet. Sie finden keinen Ausbildungsplatz mit Perspektive oder hängen in endlosen Warteschleifen fest. Besonders Hauptschülerinnen und Hauptschüler und Migrantinnen und Migranten werden benachteiligt. Eine Studie des DGB hat gezeigt: Es gibt nicht zu wenig qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber, wie die Arbeitgeber behaupten. Rund 283.000 Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, gehen leer aus. Mehr als die Hälfte der Auszubildenden klagt über zu hohe Belastung, viele gehen auch krank zur Arbeit oder werden als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Die Bedingungen und die Qualität der Ausbildung müssen dringend verbessert werden. Weil der Ausbildungsmarkt immer noch in sogenannte Frauen- und Männerberufe gespalten ist, sind die Hürden für Jugendliche groß, eine untypische Berufswahl zu treffen.

DIE LINKE setzt sich für ein Recht auf eine gebührenfreie und vollqualifizierende Ausbildung für alle ein. Anonymisierte Bewerbungsverfahren sollen sicherstellen, dass alle die gleichen Chancen auf eine Ausbildung haben.

  • Wir wollen eine solidarische Umlagefinanzierung, die alle Betriebe in die Pflicht nimmt, damit ausreichend duale und qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze geschaffen werden (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit«).
  • Auszubildende brauchen eine Ausbildungsvergütung, die zum Leben unabhängig von den Eltern reicht. Darum fordern wir eine gesetzlich geregelte Mindestausbildungsvergütung vergleichbar dem gesetzlichen Mindestlohn. Wir unterstützen die Gewerkschaften und Gewerkschaftsjugenden bei ihrem Kampf um bessere tarifvertragliche Lösungen. Die Ausbildung in den Berufen, die nicht dual geregelt sind, muss besser finanziert werden.
  • Am Ende von berufsvorbereitenden Maßnahmen muss ein verbindliches Ausbildungsangebot stehen.
  • Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung sollen einen anerkannten Berufsabschluss machen können – unabhängig von ihrem Alter.
  • Wir wollen eine grundlegende Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), in der die Verbesserung der Ausbildungsqualität in den Mittelpunkt gerückt und ein Rechtsanspruch auf eine vollqualifizierende Ausbildung verankert wird.
  • Die Mitbestimmung der Auszubildenden wollen wir stärken. Ihre Mitwirkung in den Personalvertretungen muss garantiert werden.
  • Wir wollen einen Berufsschulpakt, damit längst überfällige Investitionen für gute Qualität an beruflichen Schulen getätigt werden.
  • Politische Bildung muss auch Teil der beruflichen Ausbildung sein.
  • Die Lehr- und Lernmittelfreiheit muss im Berufsbildungsgesetz verankert werden.

Gute Weiterbildung

Wir setzen uns für lebenslanges, lebensbegleitendes Lernen ein: als Angebot, nicht als Pflicht zur Selbstoptimierung! Die allgemeine, kulturelle, politische und berufliche Weiterbildung ist ein wichtiger Teil davon. Sie dient der Entwicklung der Einzelnen und der beruflichen Fortbildung oder Umorientierung und befördert die gesellschaftliche Teilhabe. Mit den Volkshochschulen haben auch die Kreise und kreisfreien Städte ein Instrument an der Hand, das unabhängig vom Profitinteresse privater Bildungsanbieter dafür geeignet ist, auch für das Nachholen von schulischen Abschlüssen. Dazu sollen die Volkshochschulen finanziell gestärkt werden, damit sie ihr Leistungsangebot ausbauen und kostenfrei anbieten können. Besonderes Augenmerk richten Volkshochschulen darauf, dass Angebote zur sprachlichen Förderung von Zugewanderten erbracht werden. Monatelange Wartezeiten auf einen freien Platz sind inakzeptabel. Wir wollen berufliche Weiterbildung erleichtern. DIE LINKE will zudem eine Bildungsfreistellung für alle Beschäftigten gesetzlich sichern, nicht nur für die berufliche Weiterbildung (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit«).

In der Weiterbildung sind die Arbeitsverhältnisse oft prekär.

  • Lehrkräfte in der Weiterbildung brauchen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für alle Bereiche der Weiterbildung.
  • Honorarverträge sollen in feste Stellen umgewandelt werden. Honorarverträge, soweit sie noch nötig oder von den Beschäftigten gewollt sind, müssen an die Konditionen in diesem Tarifvertrag angepasst werden. Das gilt auch für Lehrkräfte in den Sprach- und Integrationskursen.
  • Die Arbeitsagenturen und andere öffentliche Auftraggeber müssen bei der Vergabe die Qualität von Bildung und eine gute Bezahlung der Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellen. Bei der Vergabe von Bildungsdienstleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit sollen die geltenden tariflichen Bestimmungen für alle Anbieter verbindlich sein.
  • Volkshochschulen und andere öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen müssen ausreichend und dauerhaft finanziert werden. Lehrkräfte dürfen sich nicht von einem befristeten Projekt zum nächsten hangeln müssen.

Demokratische Hochschule und kritische Wissenschaften

Seit Jahren werden die Hochschulen und Universitäten unter dem Druck der öffentlichen Finanzierungssysteme zur unternehmerischen Hochschule ausgebaut. Das Ziel ist, Wissen, Bildung und Forschung wirtschaftlich verwertbar zu machen.

Das lehnen wir ab. Durch die chronische Unterfinanzierung bleibt der Raum für unabhängige und gesellschaftskritische Forschung und Lehre und damit eine wesentliche Funktion von Wissenschaft auf der Strecke. Forschung ohne Drittmittel ist kaum noch möglich. Das Studium ist von Leistungsdruck und Zeitdruck geprägt. Viele werden durch Zugangshürden ausgeschlossen. Das ist politisch gewollt. Es muss aber nicht so bleiben. Dass es sich lohnt zu kämpfen, hat die Abschaffung der regulären Studiengebühren gezeigt. Nach langen Protesten wurden die Gebühren nach und nach in allen Bundesländern abgeschafft, zuletzt 2013 in Bayern. Hier wollen wir anknüpfen und gemeinsam mit Studierenden und Lehrenden dafür streiten, die Studien- und Arbeitsbedingungen an den Universitäten und Fachhochschulen zu verbessern. DIE LINKE setzt sich für eine soziale, demokratische, offene und solidarische Hochschule ein.

  • Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen wie Numerus Clausus, Auswahlgespräche, IQ-Tests oder Bewerbungsgespräche müssen überwunden werden. Wir schlagen dazu ein Hochschulzulassungsgesetz vor. Die Zugangsmöglichkeiten für Menschen ohne Abitur müssen verbessert werden.
  • Der Zugang zum Master muss zulassungsfrei sein. Dafür müssen Masterstudienplätze bedarfsgerecht ausgebaut werden.
  • Im CDU/SPD-regierten Sachsen und unter der Führung des grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, wurden Studiengebühren teilweise wieder eingeführt. Diese Hochschulpolitik befördert Ausgrenzung. Dem stellen wir uns entgegen. Jegliche Form von Studiengebühren für Menschen mit und ohne deutschen Pass schaffen wir ab. Wir schlagen dazu ein Bundesgesetz zur Hochschulzulassung vor.
  • DIE LINKE bleibt bei ihrer Kritik am neoliberalen Bologna-Prozess. Wir setzen uns daher für ein emanzipatorisches, demokratisch organisiertes, interdisziplinäres und kritisches Studieren ein, das die Fehler des aktuellen Bachelor-Master-Systems behebt. Die Möglichkeiten für einen Hochschulwechsel und ein Auslandsstudium müssen verbessert werden.
  • Wir wollen die inklusive und barrierefreie Hochschule.
  • Wir wollen die Hochschulen für Geflüchtete öffnen. Dafür müssen zusätzliche Studienplätze geschaffen werden und im Ausland erworbene Bildungsabschlüsse schnell und unbürokratisch anerkannt werden. Die Aufnahme eines Studiums muss das Bleiberecht sicherstellen und vor Abschiebung schützen.

Demokratisierung der Hochschulen: Wir streiten bundesweit für verfasste Studierendenschaften mit allgemeinpolitischem Mandat. Hochschulgremien sollen paritätisch besetzt werden, so dass alle Statusgruppen, auch die Studierenden, gleich stimmberechtigt vertreten sind.

Statt einseitiger Stärkung der Hochschulleitung brauchen wir eine Stärkung der demokratisch durch alle Hochschulangehörigen gewählten Hochschulgremien. Gremien, die sich an Aufsichtsräte anlehnen – wie Hochschulräte – gehören abgeschafft. Stattdessen wollen wir Beiräte schaffen, die aus der Zivilgesellschaft besetzt werden. Den demokratischen Austausch der Hochschule mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Sozialverbänden wollen wir stärken.

  • Wir wollen, dass sich Studierende an den Hochschulen organisieren können. Hochschulen sollen offene Orte der gesellschaftlichen Debatte sein. Das muss Vorrang vor kommerzieller Nutzung der Hochschulräume haben.
  • Inhalte von Lehre und Forschung orientieren sich immer stärker an wirtschaftlicher Verwertbarkeit und Konzerninteressen. Wir wollen ein vielfältiges Angebot und setzen uns für kritische Wissenschaft und Lehre ein, die im Sinne einer sozial gerechten, ökologisch nachhaltigen und friedlichen Welt eingreift.
  • Die Hochschulen werden zu einem wesentlichen Teil durch nichtwissenschaftliches Personal in der Verwaltung, dem Gebäudemanagement und dem Forschungsbetrieb mitgetragen. Wer von Arbeitsbedingungen an Universitäten spricht, darf diesen Teil der Beschäftigten nicht vernachlässigen. Sie sind gleichermaßen von den Reformen der letzten Bundesregierungen mit benachteiligt worden.

Wir wollen gute Arbeitsbedingungen für Studierende und wissenschaftliches Personal. Dazu muss die Unterfinanzierung der Hochschulen beendet werden.

  • Der Bund muss Verantwortung für die Grundfinanzierung der öffentlichen Hochschulen übernehmen. Wir wollen den Hochschulpakt entfristen und zu einem Dauerzuschuss weiterentwickeln. Statt einseitiger Exzellenz-Förderung benötigen wir eine öffentliche Ausfinanzierung. Die Exzellenzinitiative muss eingestellt und die Mittel müssen für die Grundfinanzierung verwendet werden.
  • Investitionen in die soziale Infrastruktur: Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau muss wieder im Grundgesetz verankert und ein Sonderprogramm für den Neubau von Wohnheimplätzen gestartet werden. Die Lehre soll durch eine Grundfinanzierung gesichert werden, die sich an der Zahl der tatsächlichen Studienanfänger und an den Kosten des Studienplatzes bemisst.
  • Das BAföG muss an die Lebenswirklichkeit angepasst werden und die Ausbildung umfassend finanzieren. Wir setzen uns für ein elternunabhängiges, rückzahlungsfreies BAföG in Höhe von 1.050 Euro netto ein. Der BAföG-Fördersatz muss regelmäßig und automatisch an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden. Wir wollen die Altersgrenzen beim BAföG abschaffen und die Bezugsdauer an die reale durchschnittliche Studiendauer anpassen. Ebenso muss die Koppelung des BAföG an Leistungsüberprüfungen abgeschafft werden. Förderlücken müssen geschlossen werden. Menschen mit Duldung, Aufenthaltsgestattung und mit humanitären Aufenthaltstiteln müssen mit Aufnahme des Studiums oder der Ausbildung Zugang zur Ausbildungsförderung haben. Das Deutschlandstipendium hat sich als Flop erwiesen. Lediglich 0,6 Prozent der Studierenden profitieren von dieser Fördermöglichkeit. Die Bundesmittel des Deutschlandstipendiums wollen wir stattdessen zur Finanzierung des BAföG nutzen.

Gute Wissenschaft braucht gute Arbeit. Dazu muss der wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Unter- und Mittelbau gestärkt werden. Daueraufgaben müssen durch Dauerstellen bearbeitet werden. Prekäre Arbeit, Lehre zu Dumping-Vergütung und die Ausbeutung von Lehrbeauftragten und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten lehnen wir ab. Die Honorare für Lehraufträge wollen wir erhöhen, sie müssen auch die Vor- und Nachbereitung abdecken. Lehraufträge sollen das Lehrangebot ergänzen. Lehranteile in Forschungs- und Qualifizierungsverträgen müssen begrenzt werden. Zentrale Lehraufgaben müssen auf festen, unbefristeten Stellen geleistet werden. Die Anzahl von Lehraufträgen wollen wir zugunsten von regulären Arbeitsverhältnissen verringern.

  • Schluss mit den Ketten-Befristungen. Das Sonderbefristungsrecht für wissenschaftliches Personal unterhalb der Professur wollen wir abschaffen. In einem ersten Schritt müssen die erfolgten Verbesserungen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz konkretisiert und ausgebaut werden. Das betrifft zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  • Wir fordern ein bundesfinanziertes Anschubprogramm, mit dem 100.000 unbefristete Stellen geschaffen bzw. existierende Stellen entfristet werden. Die Mindestvertragslaufzeiten für Drittmittelstellen und in der Qualifizierung sollen der Dauer der bewilligten Finanzierung entsprechen. Statt von einzelnen Professorinnen und Professoren abhängig zu sein, soll der wissenschaftliche Nachwuchs Abteilungen (Departments) zugehören. Qualifikationsstellen von Doktorandinnen und Doktoranden müssen mit  100 Prozent vergütet werden.
  • Wir brauchen einen flächendeckenden Tarifvertrag für studentische Beschäftigte.
  • Frauen stärken: Wir wollen eine 50-prozentige Frauenquote auf jeder Karrierestufe durchsetzen und das Professorinnen-Programm zu einem Programm für die Förderung von Frauen auf allen Karrierestufen weiterentwickeln.
  • Das duale Studium muss öffentlich-rechtlich akkreditiert werden und zu gleichwertigen Abschlüssen führen. Dual Studierende müssen einen Ausbildungsvertrag mit einer Mindestvergütung bekommen. Der Zugang zum dualen Studium muss ohne Abitur möglich sein.

Transparente Forschung und gesellschaftliche Verantwortung

  • Kooperationsvereinbarungen, Sponsoring und sonstige Verträge zwischen öffentlichen Hochschulen und privaten Unternehmen und Stiftungen müssen offengelegt werden. Sie nehmen direkt oder indirekt Einfluss auf Wissenschaft.
  • Um urheberrechtlich geschützte Werke für Zwecke der Bildung, Forschung und Lehre frei zugänglich zu machen, wollen wir eine allgemeine Ausnahme (Wissenschaftsschranke) für Bildung und Forschung im Urheberrecht verankern. Das Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler muss von den engen einschränkenden Vorgaben befreit werden, damit die Nutzungsrechte nicht exklusiv durch Verlagsunternehmen angeeignet werden können.
  • Informationen und wissenschaftliche Erkenntnisse, die mit Steuermitteln erarbeitet wurden, müssen allen zu Verfügung stehen. Daher setzen wir uns für Open-Access-Strategien zur Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und zum Zugang zu Forschungsdaten ein. Wir fördern eine Open-Science-Kultur und wollen bedürfnis- und teilhabeorientiertes wissenschaftliches Arbeiten ermöglichen. Nutzungs- und Publikationsgebühren an Verlage, die über transparent gemachte Satz- und Lektoratsarbeiten hinausgehen, wollen wir verbieten. Die Paketverhandlungen von Forschungseinrichtungen mit einzelnen Großverlagen lehnen wir ab.
  • Forschung für Frieden statt für Krieg und Rüstungsindustrie: Wir fordern die Verankerung von Zivilklauseln an allen Hochschulen und allen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie die Förderung von Friedensforschung.

Forschung und Wissenschaft müssen zur Lösung von sozialen Spaltungen, zum Wandel von Klima und Umwelt beitragen. In diesem Sinne wollen wir die milliardenschwere Innovations- und Technologieförderung des Bundes, auch die gemeinsam von Bund und Ländern finanzierte außeruniversitäre Forschung, strategisch ausrichten. Neben technischen sind dabei besonders soziale Innovationen wichtig. Wir wollen diese Forschungslandschaft stärker mit der Arbeit der Hochschulen verknüpfen. Ein transparentes System von öffentlicher Steuerung ist notwendig. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für eine planbare Lebensperspektive für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und technisches Personal mit weniger befristeten Verträgen ist auch in der außeruniversitären Forschung unerlässlich. Wir wollen Open Access als Veröffentlichungsstandard bei überwiegend öffentlich geförderter Forschung.

Zugang zu Bildung für alle, auch digital

Die Digitalisierung bietet die Chance, vielen Menschen einen schnellen Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Das geschieht aber nicht von selbst, sondern muss durchgesetzt werden.

Wir wollen stärker Kompetenzen im Bereich Medien und Information vermitteln. Ein selbstbestimmter und kritischer Umgang mit digitalen Technologien und dem Internet sind mit Bildung verbunden.

  • Der Ausbau der IT muss einhergehen mit der Ausbildung und mit Fortbildungsangeboten für Lehramtsstudierende und die aktiven Lehrkräfte.
  • Digitale Medien dürfen nicht zum Einfallstor für Privatisierung der Bildung durch private kommerzielle Anbieter, Unternehmen oder Verlage sein. In Bildungseinrichtungen eingesetzte Software sollte Freie Software sein, die Hardware sollte nach Möglichkeit offen spezifiziert sein.
  • Wir wollen, dass jedes Kind ein mobiles Endgerät als Teil der Bildungsausstattung zur Verfügung hat und frühzeitig und regelmäßig mit den Prinzipien der digitalen Technologien (etwa Funktionsweise von Speichern, Sensoren, Programmierkenntnissen) vertraut gemacht wird. Deshalb brauchen Schulen kostenlose Leihgeräte für alle, die sich selbst keines leisten können.
  • Die IT-Infrastruktur an Schulen muss durch Fachpersonal betreut werden. Entsprechende Planstellen sollen kurz- und mittelfristig geschaffen werden.

Die IT-Infrastruktur aller Schulen und Hochschulen muss mit schnellen und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen, WLAN für alle und einer zeitgemäßen Hard- und Software-Ausstattung ausgebaut werden.

Kultur eröffnet neue Räume im Denken und Handeln und wirft immer wieder die Frage auf: Wie wollen wir zusammen leben? Kultur und Kunst ermöglichen Kommunikation und Verständigung, Bildung, Freiheit und Selbstvergewisserung. Fantasie und Kreativität zeigen, dass wir uns mit der Realität nicht abfinden müssen, sondern sie gestalten können. DIE LINKE tritt für eine demokratische Kultur ein, in der alle in Deutschland Lebenden, unabhängig von ihrer Herkunft, ihre kulturelle Identität finden und ausdrücken können. Wir werden das kulturelle Leben fördern in allen Milieus und Regionen, in Metropolen und in ländlichen Räumen, in Kulturinstitutionen und freier Szene, als Basis für die Verständigung zwischen den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft.

Kürzungen der Kulturförderung, Schließungen oder Privatisierungen von öffentlichen Einrichtungen und ein massiver Personalabbau haben den öffentlichen Kultursektor geschwächt. Kommerzielle Angebote sind nicht für alle Menschen zugänglich und häufig nicht demokratisch gestaltet. Die wirtschaftlichen und sozialen Risiken für die Kulturschaffenden haben sich vergrößert. Ihre Situation ist zunehmend von sozialer Unsicherheit sowie geringen und schwankenden Einkünften gekennzeichnet. Digitalisierung und die wachsende Kreativwirtschaft haben den Charakter der Arbeit verändert: Mehr zeit- und ortsungebundenes Arbeiten ermöglicht mehr Selbstbestimmung und Zeitsouveränität. Aber die Gefahr der (Selbst-)Ausbeutung wächst. Befristete Beschäftigungsverhältnisse und Soloselbstständigkeit lösen das alte Normalarbeitsverhältnis zunehmend ab. DIE LINKE will gute Arbeitsbedingungen, die Stärkung des Öffentlichen und mehr Demokratie auch im Bereich der Kultur durchsetzen:

  • Kultur ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Eine kommunale Haushaltsnotlage darf nicht zur Schließung von Kultureinrichtungen führen. Wir wollen gute Rahmenbedingungen für Archive, Bibliotheken, Kinos, Museen, Musik- und andere Kunstschulen, Opernhäuser, Orchester, soziokulturelle Zentren, Theater, Tanz, Volkshochschulen und die vielfältigen Vereine schaffen. Kultureinrichtungen, freie Szene und die vielfältigen Akteure kultureller Bildung in den Metropolen wie in den ländlichen Räumen brauchen eine sichere finanzielle und personelle Basis und längerfristige Planungsmöglichkeiten.
  • Wir setzen uns für eine grundlegend andere Kulturförderung ein: Statt Druck durch die Ökonomisierung wollen wir eine solide, nicht produkt-, sondern prozessorientierte Grundfinanzierung. Sie soll genügend Freiräume für Projektentwicklung bieten und die Kulturschaffenden – ob angestellt oder freischaffend – sozial absichern.
  • Für öffentliche Bibliotheken muss der Medienerwerb in den Händen der jeweiligen Einrichtung liegen. Eine Privatisierung durch Überlassung dieser Aufgabe an externe Dienstleister lehnen wir ab.

Wir streiten für gute, existenzsichernde Arbeit, ein neues Normalarbeitsverhältnis und soziale Sicherung im Kulturbereich (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit«).

  • Wir wollen die Vergabe öffentlicher Fördermittel an eine gute, existenzsichernde Vergütung, gute Arbeitsbedingungen und Gendergerechtigkeit koppeln. Wir streiten für branchenspezifische Mindesthonorare und Ausstellungshonorare für bildende Künstlerinnen und Künstler. Wir unterstützen den Erhalt von Ensemble-Theatern, damit Theater konstante politische Akteure in der Stadtgesellschaft bleiben können.
  • Wir wollen die Verhandlungsmacht der Kreativen im Urhebervertragsrecht stärken.
  • Die Künstlersozialkasse muss erhalten und ausgeweitet werden. Wir wollen neu entstandene Tätigkeitsfelder einbeziehen und den Bundeszuschuss erhöhen.
  • Wir streben die Einbeziehung von (Solo-)Selbstständigen in unsere solidarischen Versicherungsmodelle (Gesundheit, Erwerbslosigkeit, Rente, Pflege) an.
  • Die Verwertungsgesellschaften wollen wir reformieren und die Mitbestimmungsrechte der Kreativen verbessern.

Wir wollen Kulturgüter digital sichern und für alle zugänglich machen. Dafür brauchen wir eine gesamtstaatliche Digitalisierungsstrategie.

  • Wir setzen uns für eine Open-Access-Strategie auch im Kulturbereich ein. Wir schaffen Möglichkeiten und Anreize für Kultureinrichtungen, ihre digitalen Veröffentlichungen unter freie Lizenzen zu stellen. Die Kooperation mit der Deutschen Digitalen Bibliothek wollen wir ausbauen.
  • Wir wollen Filme auf Dauer bewahren und zugänglich machen.
  • Für öffentliche Bibliotheken wollen wir den Verleih digitaler Medien vereinfachen.

DIE LINKE steht für einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang zur Kultur. Wir wollen Räume für Dialog und trans-kulturellen Austausch schaffen. Wir wollen Unterschiede nicht leugnen, sondern produktiv machen. Wir wollen das gegenseitige Verständnis und einen Perspektivwechsel befördern.

  • Der Eintritt in vom Bund geförderte Museen und Sammlungen muss perspektivisch kostenfrei sein. Wir wollen das museumspädagogische Personal aufstocken.
  • Kultureinrichtungen müssen barrierefreie und inklusive Angebote unterbreiten.
  • Die Erfahrungen von Kultureinrichtungen und Projekten mit inter- bzw. transkulturellen Vermittlungskonzepten gilt es zu nutzen und zu verbreiten.
  • Wir fördern und fordern die Produktion und den Schutz von temporären und nichtinstitutionellen, frei zugänglichen Künsten, wie Street Art und Kunst im öffentlichen Raum, in soziokulturellen und selbstverwalteten Zentren.
  • Wir setzen uns ein für flächendeckende Kooperationen zwischen Schulen und Kunst-Institutionen sowie freien Künstlerinnen und Künstlern.

Wir wollen die Bundeskulturförderung neu strukturieren. DIE LINKE stellt sich gegen die Ökonomisierung und Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge. Wir bestehen auf der Einhaltung der UNESCO-Konvention für kulturelle Vielfalt bei internationalen Handelsabkommen.

  • Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern muss beendet werden. Wir wollen Kultur als Gemeinschaftsaufgabe und Staatsziel im Grundgesetz. Damit wollen wir den kooperativen Kulturföderalismus stärken.
  • Wir wollen einen Bundeskulturminister bzw. eine -ministerin mit Kabinettsrang und ein Kulturministerium, um die Belange der Kultur gegenüber anderen Ressorts sowie auf europäischer Ebene wirksamer vertreten zu können.
  • Länder und Kommunen müssen ausreichend Mittel erhalten, damit sie ihren Aufgaben in der Kulturpflege und Kulturförderung nachkommen und eine große Vielfalt der kulturellen Angebote sichern können. Die Ausschöpfung der finanziellen Mittel für Kunst am Bau muss stärker forciert und in den Kommunen mehr publik gemacht werden.
  • Wir wollen die Kulturpolitikforschung ausbauen, einen Kulturbericht etablieren und die Kulturförderung des Bundes neu systematisieren.
  • Wir wollen die Kulturförderfonds bedarfsgerecht ausstatten und sie als zentrales Instrument der freien Szene stärken.
  • DIE LINKE setzt sich auf Bundesebene dafür ein, dass Förderprogramme des Bundes besser mit Landesprogrammen verzahnt werden können.

DIE LINKE steht für eine lebendige und plurale Geschichts- und Erinnerungspolitik. Wir wollen zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert anregen, insbesondere zur Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus. Wir engagieren uns für eine differenzierte Aufarbeitung der Geschichte der DDR.

  • Gedenkstätten wollen wir als Orte des Gedenkens und als zeithistorische Museen stärken. Die Arbeitsbedingungen vor allem des pädagogischen Personals müssen verbessert werden.
  • Wir wollen lebendige Erinnerungskulturen fördern, die an den Realitäten der Einwanderungsgesellschaft orientiert sind.
  • Wir engagieren uns für demokratische, antifaschistische Kultur und einen kritischen Umgang mit der kolonialen Vergangenheit.
  • Raubkunst der Nazis muss zurückgegeben werden. Dazu bedarf es einer besseren Erforschung der Herkunft der Kunst- und Kulturgüter (Provenienz-Forschung).
  • Wir wollen die Stasi-Unterlagen ins Bundesarchiv überführen. Ihre Nutzung muss über das Bundesarchivgesetz geregelt werden.
  • Wir wollen die spezielle Kulturförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz in die allgemeine Kulturförderung überführen.

Die Unterschiede zwischen Ost und West, zwischen strukturschwachen und Wachstumsregionen in Deutschland insgesamt werden größer statt kleiner. Das neoliberale Gesellschaftsmodell führt zu wachsender Ungleichheit zwischen den Regionen. Die Bundesregierung befördert diese durch ihre ungerechte Wirtschafts- und Steuerpolitik.

Seit Jahren stagniert die Wirtschaftskraft im Osten bei nur 72 Prozent des Westniveaus. Die ostdeutsche Wirtschaftsstruktur ist kleinteilig, und es gibt keine großen Unternehmenszentralen. Bis 2030 wird ein Bevölkerungsrückgang von sieben Prozent erwartet. Die Armutsgefährdung von Rentnerinnen und Rentnern ist allein 2015 um 0,7 Prozent gestiegen und lag bei 16 Prozent. Hauptursache dafür ist die Ausweitung des Niedriglohnsektors.

Die Lücken in der öffentlichen Daseinsvorsorge in einigen Regionen, Bundesländern und Kommunen sind dramatisch. Der Investitionsstau in den Kommunen beträgt weit über 100 Milliarden Euro. Städte und Gemeinden in Ost und West brauchen mehr Mittel, um in ihre öffentliche Infrastruktur investieren zu können.

Gerechtigkeit für die Menschen in Ostdeutschland

Auch im dritten Jahrzehnt nach der deutschen Einheit sind die Menschen in Ostdeutschland in vielen Bereichen nicht gleichgestellt: Der Rentenwert und die Standardrente sind niedriger, die Löhne und Gehälter sind durchschnittlich niedriger, die Wirtschaftsleistung liegt immer noch über ein Viertel unter der der westlichen Bundesländer.

So unterschiedlich die persönlichen Erfahrungen vor und nach 1989 waren und sind und so vielfältig deren Bewertungen ausfallen – es bleibt, dass die Wirklichkeit in den ostdeutschen Ländern weit hinter dem zurückbleibt, was in der Wendezeit versprochen und erwartet wurde. Die Art und Weise der Vereinigung hat die Lebensperspektiven von vielen Menschen beschnitten. Und neue strukturelle Probleme sind entstanden. Auch hoher Leistungswille aller Generationen im Osten, auch ausgeprägte Bereitschaft zum Verzicht sowie große Investitionen und eine weithin moderne Infrastruktur haben es nicht vermocht, die kulturelle Demütigung und die soziale Benachteiligung vieler Ostdeutscher sowie den ökonomischen Zusammenbruch des Wirtschaftsraumes der ehemals sozialistischen Länder nach  1989/1990 zu kompensieren. Zwei verfehlte Politikansätze sind dafür verantwortlich:  1. Immer noch leiden die ostdeutschen Bundesländer unter der falschen Treuhand-Politik, die auf Deindustrialisierung gesetzt oder sie bewusst in Kauf genommen hat. Der Widerstand gegen diese Politik – etwa der Hungerstreik in Bischofferode –, gegen die politische Ausschaltung unliebsamer Konkurrenz durch die Treuhand und andere politische Sachverwalter im Interesse westdeutscher Konzerne wurde ausgesessen und im Westen kaum wahrgenommen. Gleiches gilt für Protest und Empörung über Investoren, die den Ausverkauf der industriellen Struktur und öffentlichen Eigentums nach 1989 für kriminelle Machenschaften nutzten. Positive wirtschaftliche Elemente aus der DDR wurden nicht aufgegriffen. 2. Die Formen der Investitionen folgten neoliberalen Vorstellungen von Wirtschaftsförderung: Niedriglohn für die Beschäftigten und Steuervorteile für die Unternehmen. Die soziale Infrastruktur, die öffentliche Daseinsvorsorge wurden vielerorts aufs Allernötigste gekürzt oder privatisiert. Die Folgen neoliberaler Politik der vergangenen 25 Jahren zeigen sich in Ostdeutschland wie unter einem Brennglas. Sie verbinden sich mit sozialen Benachteiligungen und kulturellen Demütigungen der Menschen in Ostdeutschland. Nur 2,8 Prozent aller Entscheidungsträger in Deutschland stammen aus Ostdeutschland. In den neuen Bundesländern selbst sind nur etwa 20 Prozent der Führungskräfte aus dem Osten.

Der Osten bleibt die größte Ansammlung von strukturschwachen Regionen bundesweit. Ostdeutschland ist zwar nicht durchgängig eine wirtschaftlich abgehängte Region. Gerade in den größeren Städten überwiegen Zukunftschancen und gute Entwicklung. Doch auch die vergleichsweise erfolgreichen Teilräume können mit den Leistungszentren im Westen nicht mithalten.

Das Versprechen aller Bundesregierungen seit der Vereinigung, gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West zu schaffen, ist gebrochen worden. Die beschlossene »Rentenanpassung« setzt das nur fort: Sie sieht vor, dass eine Gleichbehandlung erst 2025 erreicht ist. 35 Jahre nach der Vereinigung! Wir wollen eine vollständige Angleichung der Renten als Sofortmaßnahme. Noch immer gibt es im Osten weniger Rente für dieselbe Lebensleistung. Die Löhne und Gehälter sind niedriger, die Armutsquote ist höher, und es sind mehr Menschen erwerbslos. Ostdeutsche haben weniger Vermögen, die Tarifbindung und die Gewerkschaften sind schwächer. Kein Wunder, dass 65 Prozent der Ostdeutschen der Meinung sind, die Bundesregierung tue zu wenig, um die Lebensverhältnisse in Ost und West anzugleichen. Diese Hinhaltepolitik, die fehlende Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen sowie die Tatsache, dass ostdeutsche Interessen häufig keine Lobby im Bund haben, führen dazu, dass viele Menschen in Ostdeutschland nach wie vor nicht das Gefühl haben, gleichwertig behandelt zu werden.

Wir haben eine besondere Verantwortung im Umgang mit diesen sozialen wie regionalen Ungleichheiten und Umbrüchen. Wir kämpfen für soziale Gerechtigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse. Wir verstehen uns im Unterschied zu allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien als Vertreterin der Interessen der Menschen in Ostdeutschland. Das bleiben wir auch in Zukunft.

Aus den Erfahrungen in Ostdeutschland lässt sich lernen: Die Probleme von de-industrialisierten Regionen lassen sich gerade nicht durch Niedriglohn-Politik, durch Lohnverzicht oder durch die Schaffung von Sündenböcken lösen. Die Menschen brauchen eine engagierte, aktive Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse. Dazu gehören auch die Fortführung und Stärkung positiver Aspekte der Erfahrungsumbrüche aus den letzten Jahrzehnten. Es gilt, die eigenverantwortlichen Erfolge in der Erhaltung und im Ausbau bewährter sozialer Strukturen und Kompetenzen vor Ort zu nutzen, um in Ostdeutschland Perspektiven für gewachsene Lebensqualität aufzuzeigen.

Treuhandpolitik, Privatisierungen und die Goldgräberstimmung krimineller Investoren in den 1990er Jahren brauchen Aufarbeitung. Wir sehen ein massenhaftes Politikversagen auf allen Ebenen. DIE LINKE wird sich daher in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages für eine Enquetekommission einsetzen, die diese tiefen Einschnitte im Leben Millionen Ostdeutscher aufarbeitet und die damaligen Politikansätze und Institutionen wie die Treuhand überprüft. Wir werden endlich mit den Benachteiligungen für Ostdeutsche Schluss machen:

  • Wir fordern gleiche Rente für gleiche Lebensleistung. Noch immer erhalten Rentnerinnen und Rentner in Ost und West keine gleichwertige Rente. Die Große Koalition will die Ostdeutschen nun mit ihren Rentenplänen bis 2025 hinhalten. Wer 1990 in Rente gegangen ist, müsste dann 100 Jahre alt werden, um noch die Renteneinheit zu erleben. Gleichzeitig plant die Große Koalition, die Umrechnung der niedrigeren ostdeutschen Löhne abzuschaffen, was zu erheblichen Rentenkürzungen für die heute in Ostdeutschland Beschäftigten führen würde.
  • DIE LINKE will die Benachteiligung ostdeutscher Rentnerinnen und Rentner endlich beenden. Daher muss der Rentenwert Ost sofort steuerfinanziert an das Westniveau angeglichen werden. Solange es noch starke Lohnunterschiede zwischen Ost und West gibt, muss die Umrechnung erhalten bleiben. Die Angleichung der Ostrenten darf nicht zum Nachteil der heutigen Beschäftigten führen. Für Zeiten des Niedriglohns wollen wir generell für alle Beschäftigten in Ost wie West eine Hochwertung in der Rente einführen, und darum wollen wir die Rente nach Mindestentgeltpunkten entfristen und verbessern (vgl. Kapitel II »Gute Renten«).
  • Bei der Überführung der Alterssicherungssysteme der DDR in bundesdeutsches Recht wurden Rentenansprüche für verschiedene Gruppen, zum Beispiel Krankenschwestern, Beschäftigte der Braunkohleveredelung und in der DDR Geschiedene unzureichend anerkannt. Hunderttausende Ostdeutsche und 17 Berufsgruppen sind davon nach wie vor betroffen. Dabei geht es nicht nur um empfindliche finanzielle Einbußen bei der Rente, es geht auch um das Gefühl, dass die eigene Leistung weniger wertgeschätzt wird, nur weil man im Osten des Landes gelebt und gewirkt hat. Wir sagen hingegen: Die Lebensleistungen im Osten müssen anerkannt werden!
  • Neoliberale Arbeitsmarktpolitik ist überall und insbesondere im Osten gescheitert: Wir wollen gute Arbeit statt prekärer Jobs. Den Niedriglohnsektor wollen wir mit einem gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro trockenlegen. Tarifflucht durch Werkverträge und Leiharbeit muss unterbunden werden. Die ausufernden Befristungen wollen wir zurückdrängen und auf wenige Sachgründe beschränken. DIE LINKE steht für den Grundsatz »Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit!« – in Ost und West.
  • Die Treuhand hat in Ostdeutschland ein weitgehend deindustrialisiertes Land zurückgelassen. Wir brauchen Investitionen und regionale Entwicklungspläne für gute Arbeit und sozial und ökologisch nachhaltige Produktion. Daher fordern wir ein Investitionsprogramm für eine nachhaltige Landwirtschaft. Wir wollen den Genossenschaftsgedanken als solidarisches Wirtschaftsmodell stärken. Dazu gehören für uns auch Agrargenossenschaften als wichtiges soziales Bindeglied zwischen einer nachhaltigen Landwirtschaft und den Dörfern.
  • Die ostdeutschen Wohnungsbauunternehmen werden von ihren Altschulden befreit und die freien finanziellen Mittel im Interesse der Mieterinnen und Mieter und der öffentlichen Unternehmen eingesetzt.
  • Wir wollen besonders innovative Industrien und Forschungen im Osten fördern, um neue Entwicklungswege gehen zu können.

Beim Wandel von Lebens- und Arbeitswelt sowie gesellschaftlichen Werten haben Ostdeutsche besondere Erfahrungen gemacht. Bis heute entfalten auch Erfahrungen aus der Zeit vor der »Wende« ihre Wirkung: Viele Frauen empfinden es als selbstverständlich, sich nicht zwischen Kindern und Beruf entscheiden zu müssen. Egalitäre Rollenvorstellungen in Familien sind weiterhin verbreitet. Wer soziale Absicherung erfahren hat, ist weniger bereit, alle Lebensbereiche Konkurrenz und Wettbewerb zu unterstellen. Diese Haltungen müssen auch aus ökonomischer und ökologischer Sicht wieder stärker ins Blickfeld gerückt werden. Hinzu kommen positive Erfahrungen und Modelle wie Polikliniken und Agrar- sowie andere Genossenschaften als Formen solidarischer Ökonomie. Diese unterschiedlichen Erfahrungen und progressiven ostdeutschen Lebensmodelle müssen auch in der Bundespolitik als wichtige Impulse für die Zukunft anerkannt werden. Sie sind wertvolle Alternativen zu sozialer Kälte und einer Dominanz von Profit und Wettbewerb in immer mehr Lebensbereichen.

Die Regionen stärken: Gleichwertige Lebensverhältnisse

DIE LINKE kämpft für die Verwirklichung der im Grundgesetz verankerten Gleichheit der Lebenschancen: Weder die soziale noch die regionale Herkunft von Menschen darf ein Hindernis bei der Wahrnehmung von Lebenschancen und der Gewährleistung von Lebensqualität sein. Auch zwischen nord- und süddeutschen Regionen, zwischen Regionen der Deindustrialisierung und der industriellen Zentren gibt es ein Gefälle der Einkommen wie zwischen Ost und West. Zerfallende Infrastruktur, hohe Erwerbslosigkeit und wachsende Armut führen etwa im Ruhrgebiet und in anderen benachteiligten Regionen für viele Menschen zu Perspektivlosigkeit.

Die Erfahrungen vieler Beschäftigter in Ostdeutschland belegen: Als Billiglohn-Regionen hatten und haben weder die ostdeutschen Länder noch die strukturschwachen Regionen im Westen eine Chance – das Gegenteil ist der Fall. Gerade die Erfahrungen aus Ostdeutschland zeigen, dass Wirtschaftsförderung, die eine Billiglohn-Strategie bedient, langfristig Abhängigkeiten schafft. Das ostdeutsche Wirtschaftsprofil als Zulieferer westdeutscher Konzerne hat die ungleiche Entwicklung dieser Region in der Wirtschafts- und Steuerkraft sowie in der Entwicklung der Einkommen der Beschäftigten seit  1989/1990 zementiert. Wir setzen der Strategie von Kürzungen und Niedriglohn eine aktive regionale Wirtschaftsförderung und Strukturpolitik entgegen, die gute Arbeit an die erste Stelle setzt und zukunftsfähige Forschungs- und Industrieentwicklung mit dem ökologischen Umbau von Wirtschaft und Infrastruktur verbindet. Ein wichtiger Ansatzpunkt für diesen Prozess ist die Stärkung von regionalen Wertschöpfungsketten, bei denen kleine und mittlere Unternehmen im Fokus stehen müssen. Statt nur verlängerte Werkbank großer Konzerne zu sein, müssen diese Unternehmen bei Forschung und Entwicklung gezielt gefördert werden. Um die industriellen und handwerklichen Kerne im ländlichen Raum zu sichern, bedarf es einer Begleitung bei Unternehmensnachfolgen, dabei ist der Firmenübergang in die Hand der Beschäftigten als Produktivgenossenschaften zu unterstützen (vgl. Kapitel XIV »Menschen und Natur vor Profite«).

Gerade in Kleinunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten verwischen im Arbeitsprozess die Unterschiede zwischen Unternehmer und Beschäftigten. Auch hier geht es darum, Tarifbindung und Bedingungen guter Arbeit zu verankern, etwa durch eine veränderte Vergabepolitik der öffentlichen Hand. Nur so können Fachkräfte in ländlichen Räumen und strukturschwachen Regionen gehalten werden. Dazu gehören auch existenzsichernde Mindestlöhne. Leiharbeit und Werkverträge passen nicht in das Modell einer zukunftsorientierten Regional- und Strukturpolitik. Mit den Gewerkschaften, den Kammern und Wirtschaftsverbänden beraten wir kontinuierlich über geeignete Maßnahmen, um das Unterlaufen von Arbeitsrecht und Tarifverträgen zu unterbinden, Leiharbeit und Werkverträge zurückzudrängen. Und streiten gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür, sie umzusetzen.

Für die Entwicklung der Regionen brauchen wir dringend die Einnahmen aus einer Vermögensteuer, deren Aufkommen durch einen solidarischen Länderfinanzausgleich auf alle Bundesländer verteilt wird: Wir wollen Reichtum besteuern, damit mehr Geld vor Ort da ist. Nur durch gut bezahlte Arbeit, eine sanktionsfreie Mindestsicherung und eine zukunftsfähige Wirtschaft, die mehr als bloß eine verlängerte Werkbank ist, lässt sich Armut dauerhaft bekämpfen.

  • Wir wollen eine umfassende Gemeindefinanzreform, in der u.a. die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer umgewandelt wird.
  • Wir wollen einen Solidarpakt III für strukturschwache Regionen in Ost und West einführen.
  • Im Zuge des sozial-ökologischen Umbaus wollen wir die Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« als wichtiges Instrument der Wirtschaftsförderung sichern.
  • In Wissenschaft und Forschung muss umfangreicher investiert werden, um Innovationen und die Hochschulen besonders in Ostdeutschland zu stärken.
  • Wir setzen uns dafür ein, dass die Stadtumbauprogramme Ost und West zu einem Programm für strukturschwache Regionen umgearbeitet werden, ohne die derzeitigen finanziellen Mittel für den Osten zu verringern. Städte und Gemeinden müssen in die Lage versetzt werden, die Herausforderungen der demographischen Entwicklung, des energetischen Umbaus, der Konversion und des sozialen Zusammenhalts zu bewältigen.

Ein gutes Zusammenleben ist nicht voraussetzungslos. Eine auf Partizipation und Anerkennung basierende Gesellschaft braucht eine soziale Infrastruktur, die nicht privaten Profitinteressen, sondern dem öffentlichen Bedarf verpflichtet ist. Und sie braucht gleiche Rechte für alle Menschen, einen wirksamen Schutz vor Diskriminierung und die Möglichkeit, sich sozial, kulturell und politisch einzubringen. Wir sehen Integration als Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Damit sie nicht auseinanderdriftet, müssen Strukturen der Beteiligung und des Zusammenhalts geschaffen werden. Integration ist keine Bringschuld der Einzelnen. Die Integration einer demokratischen Gesellschaft schließt das Recht auf unterschiedliche Lebensentwürfe ein. Eine Integration, die auf einem System von bürokratischen und juristischen Schikanen aufbaut und Migrantinnen, Migranten und Geflüchtete andauernder Diskriminierung aussetzt, ist keine.

Die Bundesregierung hat keine Voraussetzungen für eine gute Integration geschaffen und betreibt stattdessen weiter eine Politik der Abschottung, des Generalverdachts und der Entrechtung gegenüber Einwanderern, Geflüchteten und Menschen nichtdeutscher Herkunft. Mit Stimmungsmache simuliert sie Handlungsfähigkeit. Gegen die Krise auf dem Wohnungsmarkt und den Verfall der sozialen Infrastruktur bleibt die Regierung untätig. In der Parallelgesellschaft der Reichen und Steuerflüchtlinge ist das egal: Auf eine öffentliche Infrastruktur und soziale Rechte ist man hier nicht angewiesen. Wir hingegen kämpfen für gleiche Rechte und eine soziale Offensive für alle. Das ist das beste Mittel gegen die Brutalisierung der Gesellschaft und reaktionäre Antworten auf die Krisen.

DIE LINKE steht an der Seite aller, die für Bewegungsfreiheit, Grundrechte und soziale Gerechtigkeit für alle einstehen. Deutschland ist längst ein Einwanderungsland. Wir wollen die solidarische Einwanderungsgesellschaft gestalten. Wir setzen dabei auf ein inklusives »Wir, die hier leben«. Das ist vielfach bereits gelebte Praxis in Kommunen, in der Arbeit und der Freizeit, in Gewerkschaften genauso wie in Sportvereinen und zivilgesellschaftlichen Initiativen. All jene, die diese Praxis bereits in ihrem Alltag leben oder darum kämpfen, werden wir unterstützen. Wie viel Offenheit und Engagement in unserer Gesellschaft vorhanden ist, zeigen die vielen, die in der Flüchtlingssolidarität aktiv sind. DIE LINKE steht für offene Grenzen für alle Menschen in einem solidarischen Europa, das sich nicht abschottet. Wir streiten für sichere Fluchtwege und eine Gesellschaft, die Menschenrechte verwirklicht – statt Mauern zu bauen und Grundrechte der aktuellen Haushalts- und Stimmungslage anzupassen.

  • Im Gegensatz zu allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien haben wir jede Einschränkung des Asylrechts abgelehnt. Wir wollen das Grundrecht auf Asyl wiederherstellen. Menschenrechte kennen keine Obergrenze (vgl. in Kapitel XVII »Asylrecht verteidigen«).
  • Auch Menschen, die nicht wegen politischer Verfolgung oder vor Krieg geflüchtet sind, sondern aus anderen Motiven einwandern, wollen wir die Möglichkeit geben, in der Bundesrepublik Deutschland zu leben. Das geltende restriktive Aufenthaltsgesetz wollen wir abschaffen.
  • Wir stellen uns klar gegen jede Diskriminierung von Geflüchteten und Eingewanderten. Eine funktionierende Demokratie braucht gleiche politische und soziale Rechte für alle, die hier leben (vgl. in Kapitel XVII »Gleiche Rechte für Migranten«).
  • Wir wollen endlich die Ursachen der Fluchtbewegungen bekämpfen, indem wir Waffenexporte verbieten, friedliche Konfliktlösung unterstützen und eine gerechtere Weltwirtschaft schaffen (vgl. Kapitel XV »Nein zum Krieg«).
  • Wir fordern eine Initiative zur Legalisierung von Menschen, die ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland leben. Diese sollen eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten, um ein geregeltes Leben in Würde führen zu können.

Wir wollen echte Integrationsangebote ausbauen und Bürokratie abbauen:

  • Migrantinnen und Migranten und Geflüchtete müssen frühzeitig Zugang zu Integrations- und Sprachkursen erhalten, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Dafür müssen Sprachkurse in ausreichender Zahl angeboten werden.
  • Lehrkräfte wollen wir entsprechend ihrer Aufgabe und Qualifikation besser bezahlen. Niedrigschwellige Angebote, insbesondere für Migrantinnen und geflüchtete Frauen, werden wir ausbauen. Wir werden ein flächendeckendes Programm auflegen, um Frauen dabei zu unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
  • Gute Bildung für alle! Wir werden ein Sofortprogramm auflegen, um zusätzliche Schulsozialarbeiter und Lehrkräfte auszubilden und einzustellen, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten. Die Schulpflicht muss für alle Kinder bundesweit und unabhängig vom Aufenthaltsstatus gelten, gleiches gilt für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Ganztagesplätze. Dabei wollen wir alle Bildungsangebote flexibel an längeren Verweildauern ausrichten. Angebote des Erwerbs von Qualifikationen für die Berufsausbildung dürfen nicht an Altersgrenzen gebunden sein. Bildungs- und Integrationsangebote wollen wir unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status gewähren (vgl. Kapitel XIII »Gute Bildung«).
  • Guter und bezahlbarer Wohnraum für alle! Asylsuchende in Not- und Massenunterkünften unterzubringen ist unmenschlich, teuer und integrationsfeindlich. Wir wollen einen Neustart des sozialen Wohnungsbaus für alle. Leerstehende Wohnungen sollen obligatorisch vermietet werden. Unterkünfte wollen wir in den Wohnquartieren statt in abgeschiedenen Randlagen schaffen.
  • Die Zuständigkeit für Migration und Integration muss dem Bundesinnenministerium entzogen werden. Wir fordern ein Bundesministerium für Migration und Integration, ähnlich dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz oder der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales.
  • Gute Ausbildung und Arbeit für alle! Gerade Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchtete werden am Arbeitsmarkt ausgegrenzt. Wir wenden uns gegen Ausnahmen beim Mindestlohn und wollen Asylbewerber und Geflüchtete schnell, aber fair in den Arbeitsmarkt integrieren. Wir lehnen Quoten, Kontingente und Punktesysteme ab. Sie dienen lediglich der Verwertungslogik des Kapitals und sind Instrumente einer selektiven Einwanderungspolitik. Die Identitätsprüfung bei der Ausbildungsduldung wollen wir abschaffen. Geflüchtete sollen bereits nach drei Monaten in Deutschland eine Arbeitserlaubnis bekommen.
  • Wir werden den Personalbestand im öffentlichen Dienst im Zuge der sozialen Offensive insgesamt deutlich anheben.
  • Wir wollen 300.000 sozialversicherungspflichtige, tariflich abgesicherte und existenzsichernde Arbeitsplätze im Bereich öffentlich geförderter Beschäftigung für Langzeiterwerbslose und Geflüchtete schaffen.
  • Solidarische Gesundheitsversicherung für alle! Leistungen für Geflüchtete dürfen nicht eingeschränkt werden. Besondere Bedarfe aufgrund von Kriegs- und Fluchterlebnissen müssen berücksichtigt werden. Die psychotherapeutische Versorgung traumatisierter Flüchtlinge muss gewährleistet sein.
  • Selbstorganisation stärken! Zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und für mehr Demokratie engagieren, Flüchtlingsräte, migrantische Verbände, selbstverwaltete Beratungsangebote und die Selbstorganisation von Flüchtlingen wollen wir stärken.
  • Unsere Kommunen unterstützen! Sie schaffen die Bedingungen für eine gelingende Integration. Der Bund muss 100 Prozent der Kosten für die Aufnahme, Unterbringung (inklusive der Gesundheitsversorgung) und Integration von Geflüchteten sowie deren nachgezogenen Familienangehörigen übernehmen.
  • Ombudsstellen für Flüchtlinge einrichten! Zu ihren Aufgaben sollten die unabhängige Aufnahme und Bearbeitung von Hinweisen auf Übergriffe, Diskriminierungen und Verletzungen der Menschenwürde gehören.
  • Mindeststandards für Unterbringung und Betreuung durchsetzen! DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass in den Kommunen bauliche und soziale Mindeststandards für die Unterbringung und Betreuung Geflüchteter verbindlich festgelegt und eingehalten werden. Der Bund muss sich an den Kosten für Bildung und frühkindliche Erziehung von Geflüchteten sowie deren nachziehenden Familienangehörigen angemessen beteiligen.
  • Den öffentlichen Nahverkehr ausbauen! Der Bund muss die Regionalisierungsmittel erhöhen und Kommunen bei der Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) und der Einführung von Sozialtickets unterstützen.
  • Wir wollen die Kinder- und Jugendhilfe ausbauen! Die Bundesregierung will wegen der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen die Standards absenken. Wir wollen die gesamte Kinder- und Jugendhilfe stärken. Die EU-Aufnahmerichtlinie werden wir umsetzen, damit die Bedürfnisse von besonders schutzbedürftigen Gruppen endlich beachtet werden.

Sport bringt Menschen zusammen und bietet Raum für gemeinsame Erfahrungen. Deshalb gilt es, die 90.000 Sportvereine und die vielfältigen Fan-Initiativen bei der Integration zu unterstützen.

  • Der Bund muss sich an der Sanierung der Sportstätten, die als Unterkunft für Geflüchtete genutzt wurden, beteiligen.
  • Antirassistische Fan-Initiativen sollten mehr finanzielle Unterstützung erhalten. Trainerinnen und Trainer, Betreuerinnen und Betreuer und ehrenamtliche Verantwortliche in Vereinen und Fanprojekten, die Integrationsarbeit leisten, müssen stärker als bisher darin unterstützt werden.

Die feministischen Bewegungen und viele mutige Menschen haben in den vergangenen Jahrzehnten so manchen Fortschritt erkämpft – auch gegen heftige Widerstände: stereotype Rollenbilder wurden aufgeweicht, und es sind mehr Frauen erwerbstätig als noch eine Generation zuvor.

Doch die Revolution der Geschlechterverhältnisse ist unvollendet. Noch immer sind die Tätigkeiten zwischen den Geschlechtern ungerecht verteilt. Noch immer verdienen Frauen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer, in vielen Bereichen trotz gleicher Qualifikation und gleicher oder gleichwertiger Arbeit. In den Familien übernehmen im Durchschnitt immer noch die Frauen den größeren Teil der Haus- und Pflegearbeit. Und Berufe, in denen überproportional viele Frauen arbeiten, sind in der Regel die schlechter bezahlten. Die Führungsetagen sind überwiegend von Männern besetzt. Der Kampf gegen den alltäglichen Sexismus stößt noch immer auf erbitterten Widerstand von Verteidigern des Patriarchats.

Der Niedriglohnsektor wächst, in dem besonders viele Frauen sich z.B. als Verkäuferinnen, Friseurinnen, Masseurinnen oder Gebäudereinigerinnen abrackern und mit dem Geld kaum über die Runden kommen. Frauen arbeiten häufiger in unfreiwilliger Teilzeit, insbesondere Alleinerziehende. Das führt dazu, dass vor allem Frauen von Altersarmut betroffen sind. Frauen erleben Sexismus zu Hause, am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit – bis hin zu sexueller Belästigung oder Gewalt. Migrantinnen werden durch Rassismus doppelt diskriminiert und in der Folge besonders stigmatisiert und ausgebeutet.

Von rechts wird die heteronormative Kleinfamilie – Vater, Mutter, Kind – als vermeintlich sicherer Hafen in unsicheren Zeiten verkauft. Die rechtspopulistische Bewegung macht Stimmung gegen Menschen und deren Forderungen nach Gleichstellung, die nicht in ihr reaktionäres Weltbild passen. Und sie instrumentalisiert feministische Kritik für ihre rassistischen Parolen. Wichtige emanzipatorische Erfolge und Forderungen werden ins Gegenteil verkehrt und sollen wieder dem Weltbild des 19. Jahrhunderts angepasst werden. Diesem Kulturkampf von rechts stellt DIE LINKE einen solidarischen und freiheitlich-emanzipatorischen Entwurf einer Gesellschaft entgegen, in der alle selbstbestimmt leben können. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der Menschen sich frei von Existenzangst und Diskriminierung entfalten können. Wir streiten für die Gleichwertigkeit aller Lebensentwürfe, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen und ethnischen Identitäten.

Wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern. Doch Gleichstellung ist nur ein Etappenziel. Es geht nicht darum, dass Frauen das gleiche Recht bekommen sollen, sich im Hamsterrad bis zur Erschöpfung abzustrampeln, ihre Arbeit unter Zeitstress zu erledigen und schlecht bezahlt zu werden – so wie viele Männer auch. Es geht nicht nur um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, damit Frauen Kinder und Karriere noch schneller jonglieren können. Wir brauchen neue Arbeitszeitmodelle – und zwar für alle! Wir streiten deshalb für eine revolutionäre Veränderung der Gesellschaft, in der alle Tätigkeiten und Bedürfnisse zu ihrem Recht kommen und nicht die Erwerbsarbeit allein den Takt vorgibt. Eine solche Gesellschaft muss verschiedene Lebensentwürfe absichern und Selbstbestimmung in Solidarität fördern statt Ich-AGs in Konkurrenz.

Geschlechtergerechtigkeit heißt Emanzipation für die ganze Gesellschaft. Es geht um soziale Gerechtigkeit und Solidarität statt individuellem Durchschlagen gegen Männerdominanz und Konkurrenz. Das ist linker Feminismus.

Zeit für eine radikale Umverteilung von Erwerbsarbeit und Sorge-Arbeit

Dass wir die notwendigen Güter mit weniger Arbeit herstellen, könnte ein Glück sein: Wenn die Arbeit gerecht verteilt wird. Stattdessen müssen die einen Überstunden machen, während andere gar keine Arbeit finden. Um selbstbestimmt zu leben, müssen wir über die Zeit anders verfügen können. Vier Bestandteile gehören zusammen: Zeit für Erwerbsarbeit, für Familie und Freundinnen und Freunde, für gesellschaftliches Engagement, Bildung und Kultur sowie ausreichend Erholung und Zeit für sich selbst. Wir wollen:

  • eine Arbeitszeitverkürzung, die um 30 Wochenstunden oder einen Sechs-Stunden-Tag kreist, bei vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich. In diesem neuen Normalarbeitsverhältnis werden die individuellen Bedürfnisse in der Arbeitszeit stärker berücksichtigt.
  • ein individuelles Recht auf Teilzeit sowie das Rückkehrrecht auf die vorherige Arbeitszeit, die Einführung von Auszeiten-Regelungen und die stärkere Kontrolle von Überstunden und Arbeitszeitgesetzen durch Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen.
  • die Stärkung sozialer Dienstleistungen und der öffentlichen Daseinsvorsorge, hin zu einer bedarfsgerechten Versorgung, durch bessere Finanzierung und mehr Personal.
  • Alle Menschen sollen gleichermaßen freie Zeit genießen können und Zugang zu unterschiedlichen Freizeit- und Kulturangeboten haben. Doch nicht nur die Zeit, auch Arbeit und Löhne sind ungerecht verteilt zwischen Frauen und Männern. Deshalb fordern wir:
  • gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit! Dafür brauchen wir ein verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz samt Verbandsklagerecht, damit Frauen nicht mehr allein vor Gericht ziehen müssen.
  • die gerechte Verteilung von Erwerbsarbeit, unbezahlter Hausarbeit, Kindererziehung und Betreuung sowie von Pflege innerhalb der Gesellschaft und zwischen den Geschlechtern. Das heißt auch, eine Umverteilung der gut bezahlten Erwerbsarbeit hin zu Frauen. Wir wissen: Mehr Männer wollen und würden sich mehr an der Familienarbeit beteiligen, wenn die ökonomischen Verhältnisse es zuließen. Dass sie das genauso gut können wie Frauen, beweisen täglich viele Männer, die erziehen und pflegen.
  • ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, das nicht nur die 101 Dax-notierten Unternehmen und nicht nur die Aufsichtsräte betrifft.
  • Weg mit der unverbindlichen Flexi-Quote! Wir brauchen eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent für alle Aufsichtsräte sowie für die Vorstände aller Unternehmen.

Noch immer leisten Frauen den Löwinnen-Anteil der sogenannten Sorge-Arbeit. Dabei steht die Sorge um sich und andere im Zentrum einer solidarischen Gesellschaft. Wer sich professionell um andere sorgt, seien es Kinder, Alte oder Kranke, verdient ein hohes Maß gesellschaftlicher Anerkennung – nicht nur, aber auch finanziell. Viele werden zwischen Sorgeverpflichtung und eigener Erwerbsarbeit zerrieben, häufig bleibt Hartz IV als einziger Ausweg. Meist trifft es Frauen. Zudem sind immer mehr Frauen erwerbstätig, nicht selten sind sie Familienernährerinnen. Familien leben räumlich oft nicht mehr nah beieinander. Öffentliche Angebote fehlen, professionelle Rund-um-die-Uhr-Pflege können sich nur wenige leisten.

Wir brauchen ein revolutionäres Umdenken, wie Sorge- und Pflegearbeit (Care) verteilt und anerkannt wird. Deshalb fordern wir im Sinne einer »Care-Revolution«:

  • eine solidarische Pflegevollversicherung (vgl. Kapitel IV »Solidarische Gesundheitsversorgung«).
  • einen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf regulär und durch den Arbeitgeber bezahlte Freistellung von bis zu sechs Wochen für die akut notwendige Pflegeversorgung. Menschen übernehmen heute in sehr unterschiedlichen Lebensmodellen Verantwortung füreinander. Der Rechtsanspruch auf Pflegezeit muss daher auch für Angehörige ohne verwandtschaftliche Beziehung gelten.
  • die volle Anrechnung von Kindererziehung und eine bessere Anrechnung von Pflegezeiten bei der Rentenberechnung. So wirken wir Altersarmut entgegen, von der vor allem Frauen betroffen sind.
  • eine Neubewertung aller gesellschaftlich erforderlichen Tätigkeiten und eine neue Verteilung aller bezahlten und unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen. Nur so kann Sorge-Arbeit langfristig aufgewertet werden.

Die Erkämpfung des Frauenwahlrechts war ein Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung. Dass die tatsächliche Geschlechtergleichstellung immer noch in weiter Ferne ist, liegt auch an der mangelnden Vertretung von Frauen bei den Wahlämtern.

  • Wir fordern ein Parité-Gesetz, das – wie in verschiedenen Ländern bereits üblich – die Parteien verpflichtet, ihre Wahllisten und Wahlkreise geschlechterparitätisch aufzustellen.

Ohne Angst verschieden sein können

Vielfalt ist für uns kein Lippenbekenntnis, sondern eine Selbstverständlichkeit, ein Zeichen von Lebensqualität und Humanismus. Dafür müssen wir gegen Diskriminierung vorgehen. Wir stehen an der Seite derjenigen, die von prekärer Arbeit und Niedriglohn, ungleichen Bildungschancen, Rassismus, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und Altersdiskriminierung, Homo- und Transfeindlichkeit betroffen sind. Von Diskriminierung betroffene Menschen müssen aber nicht nur geschützt werden. Zugleich ist notwendig, ihre (Selbst-)Organisationen finanziell und politisch zu stärken.

Wir wollen, dass die vielfältigen Lebensweisen rechtlich gleichgestellt werden und setzen uns für ihre gesellschaftliche Akzeptanz ein. Dazu gehört, die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften zu überwinden. Bisher sind Ehe und Lebenspartnerschaft in den Pflichten gleichgestellt (z.B. gegenseitige Unterhaltspflichten). Doch gleiche Rechte, wie z.B. ein gemeinsames Adoptionsrecht, haben sie nicht.

Die Anerkennung aller Familienformen und Lebensentwürfe ist für uns leitendes Prinzip. Überkommene Privilegien der Ehe sollen überwunden werden. Deswegen sollen der besondere Schutz und die Förderung durch Staat und Gesellschaft in Zukunft nicht Ehepaaren, sondern denjenigen zugute kommen, die mit Kindern oder Pflegebedürftigen leben und Kompensation für daraus erwachsende Nachteile benötigen.

  • Die staatliche Subventionierung eines überholten Alleinernährer- oder Zuverdienerinnen-Modells wollen wir beenden. Stattdessen sollen die tatsächlichen Betreuungs- und Pflegeleistungen sowie das Zusammenleben mit Kindern gefördert und im Rentenrecht ausgeglichen werden. Das Ehegattensplitting wird durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt. Dabei muss das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen den Eheleuten bzw. Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern frei übertragbar sein.
  • Wir wollen als ersten Schritt die Öffnung der Ehe und das Adoptionsrecht für alle. Die Ehe soll perspektivisch durch ein System der Wahlverwandtschaften ergänzt werden (vgl. Kapitel XIII »Queer«).
  • Reproduktionsmedizin muss auch nicht verheirateten, lesbischen und Single-Frauen durch Kostenübernahme der Krankenkasse zur Verfügung stehen.
  • Kinder brauchen Erwachsene, die sich liebevoll und verbindlich um sie kümmern. Eltern und Sorgeberechtigte sind nicht unbedingt dieselben Personen. Wir setzen uns dafür ein, dass auch (bis zu) vier Personen Eltern für ein Kind sein können, also in Co-Elternschaft das gemeinsame Sorgerecht innehaben. Neben den Pflichten betrifft das auch Rechte wie Kinderfreibeträge und Rentenansprüche. Diese vertraglich zu regelnde Verbindlichkeit betrifft umgekehrt auch Rechte des Kindes gegenüber allen Elternteilen, wie Unterhaltsanspruch und Erbe.
  • Jede Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen, queeren und asexuellen Menschen (LSBTTIQA) muss aufhören. Das gilt auch für Kirchen und Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber. Ebenso müssen Geschiedene, von ihren Partnerinnen getrennt oder unverheiratet in Beziehungen Lebende vor Diskriminierung und Kündigung durch Kirchen und Religionsgemeinschaften aufgrund ihres Beziehungsstatus geschützt werden.
  • Die Unrechtsurteile der nach § 175 StGB in der BRD und DDR verfolgten Homosexuellen und Menschen mit Transhintergund müssen aufgehoben werden. Die Betroffenen müssen vollständig rehabilitiert und entschädigt werden.

 Frauen müssen Zugang zu gesellschaftlichen Positionen haben, ohne dass ihnen Lebensformen aufgedrängt werden. Sowohl das Verbot von Kopftüchern wie der Zwang dazu wären eine Einschränkung der Entfaltungsmöglichkeiten von Frauen. Es gilt, Frauen in ihrer persönlichen Entscheidung, wie sie sich kleiden, nicht zu bevormunden und keinen Druck auf sie auszuüben – weder in die eine noch die andere Richtung.

  • Wir wollen mehr und ausfinanzierte Hilfs- und Beratungsangebote für unter Druck gesetzte Frauen schaffen, kostenlos und in ihrer Sprache. Das Personal dafür benötigt gute Arbeitsbedingungen.

Rechte von Frauen stärken

Wir setzen uns ein für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Selbstbestimmung über den eigenen Körper und treten jeglichem Sexismus energisch entgegen.

  • In diesem Sinne sind wir für die Streichung der Paragraphen 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch, die Schwangerschaftsabbruch weiterhin als Straftatbestand aufführen und nur unter der Bedingung einer Zwangsberatung in den ersten drei Monaten straffrei lässt. Wir wollen stattdessen eine gesetzliche Regelung, die das Recht auf und den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen wohnortnah und barrierefrei garantiert. Wir wollen eine dichte Beratungsstellenlandschaft, damit Frauen im Falle gewollter und ungewollter Schwangerschaften professionelle Unterstützung erfahren. Plankrankenhäuser müssen verpflichtet werden, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.
  • Verhütung ist Teil der Selbstbestimmung aller Menschen. DIE LINKE fordert deshalb, sämtliche Verhütungsmethoden in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen. Ihre Kosten sind vollständig durch die Krankenkassen zu tragen. Auch Frauenhygieneprodukte müssen von öffentlichen Gesundheitsstellen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Als Zwischenschritt sollen sie zumindest mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent belegt werden, anstatt weiter als »Luxusprodukte« mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zu gelten.

Gesellschaftliche Machtverhältnisse schlagen sich auch in der Prostitution nieder. In der LINKEN werden unterschiedliche Wege diskutiert, mit Prostitution politisch umzugehen. Einigkeit besteht darin: Die in der Prostitution Tätigen müssen geschützt und gestärkt werden. Sie dürfen nicht zu Objekten gemacht werden.

Schutz vor Gewalt

Jeder Mensch ist – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Lebensentwurf – effektiv vor Gewalt zu schützen. Dies muss als bundespolitische Pflichtaufgabe anerkannt und rechtlich verbindlich verankert werden. Sicherer, schneller und bedarfsgerechter Schutz und qualifizierte Hilfe, zum Beispiel in Frauenhäusern und anderen Schutzräumen sowie Beratungsstellen, müssen den Betroffenen zugänglich sein – unabhängig von körperlichen Beeinträchtigungen, ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer Lebenssituation. Das muss einheitlich im Bund finanziert werden.

  • Wir wollen ein Gesetz, das den Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz und umfassende Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder regelt – ohne Nachweispflichten, die die Frauen zusätzlich belasten oder ihre Sicherheit gefährden.
  • Schutz- und Hilfseinrichtungen sollen einzelfallunabhängig, pauschal und verlässlich finanziert sowie barrierefrei werden. Die Finanzierung über Tagessätze muss beendet werden. Die Finanzierung der Frauenhäuser ist Bestandteil einer Schutzpflicht und darf nicht länger eine freiwillige Leistung bleiben. Hier muss auch der Bund endlich in die Verantwortung genommen werden und die Kommunen entsprechend finanziell ausstatten.
  • Staatliche Behörden wie Polizei, Gerichte und Ämter sowie die Notaufnahmen von Krankenhäusern müssen für das Thema Gewalt gegen Frauen noch stärker und intensiver durch kontinuierliche Fortbildungen sensibilisiert werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Umgangs- und Sorgerecht, wenn Kinder als Zeugen oder selbst von Gewalt betroffen sind.
  • Alle Formen von Gewalt und Gewaltverherrlichungen gegen Frauen, Kinder und LSBTTIQ-Menschen – in den unterschiedlichsten Medien – müssen konsequent geahndet werden.
  • Wir wollen Zwangsprostitution als Ausbeutung bekämpfen, ohne die zur Prostitution gezwungenen Menschen zu bekämpfen. DIE LINKE will Opfer von Menschenhandel besser schützen. Solange die Betroffenen keinen sicheren und eigenständigen Aufenthaltsstatus erhalten, sind die Täter durch die Angst der Opfer geschützt. Aufenthaltstitel, Schutz und Entschädigung müssen unabhängig von der Bereitschaft der Opfer, als Zeugin oder Zeuge in einem Strafverfahren auszusagen, gewährt werden. Für die Betroffenen fordern wir Therapiemittel, medizinische sowie psychologische Betreuung, Rechtsbeistand und Rechtshilfe, Zugang zu sozialen Leistungen und Bildungsangebote.
  • Zur Durchsetzung des Verbots der weiblichen Genitalverstümmelung müssen geeignete Maßnahmen entwickelt werden. Zum Schutz der betroffenen Mädchen und Frauen werden Beratungsmöglichkeiten und Schutzräume geschaffen.
  • Eine besondere Rolle spielt Gewalt gegen Frauen in Kriegs- und Krisengebieten. Wenngleich das Zuwanderungsgesetz in Deutschland die geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgrund anerkennt, haben in der Praxis viele betroffene Frauen keine Chance auf Asyl. Insbesondere das bisher vom Ehemann abhängige Aufenthaltsrecht muss aufgehoben und in ein eigenständiges Aufenthaltsrecht umgewandelt werden. Auch der Schutz in Flüchtlingsunterkünften weist noch erhebliche Defizite auf. Damit wird auch die aufnehmende Gesellschaft mitverantwortlich für die Gewalt, die vielen Frauen widerfährt.
  • Wir wollen eine bedürfnisorientierte Unterbringung und ausreichend Schutzräume für geflüchtete Frauen und ihre Kinder sowie für Lesben, Schwule und Transmenschen.

Das Personal in den Unterkünften muss entsprechend sorgsam geschult werden.

Weltweit kämpfen Frauen nach wie vor um die völlige Gleichstellung. Aber immer noch arbeiten vorwiegend Frauen in Teilzeit, der Gender Pay Gap liegt bei über 20 Prozent. Altersarmut ist weiblich. Alleinerziehende, die das höchste Armutsrisiko tragen, sind fast immer Frauen. Trotzdem werden Frauenrechte seit einiger Zeit wieder in Frage gestellt. Es gilt, sie weiter zu verteidigen und sich nicht zufrieden zurückzulehnen. Bessere Löhne und Gehälter, sichere Arbeitsplätze, Einbeziehung der Haus- und Pflegearbeit in Gehaltsverhandlungen, der Kampf um weitere Verkürzungen der Arbeitszeiten. Um diesen Kämpfen eine besondere Würdigung zu verleihen, aber auch unseren Vorkämpferinnen und Vorkämpfern zu gedenken, wollen wir den 8. März als gesetzlichen Feiertag!

DIE LINKE setzt sich für die Gleichberechtigung aller Lebensweisen ein. Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ist gesellschaftliche Realität. Wir fordern, die gesetzliche Realität der gesellschaftlichen Realität anzupassen, und wenden uns gegen jegliche Diskriminierung, sei es privat, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Wir unterstützen alle Schritte, die dabei helfen, mit der staatlichen und gesellschaftlichen Heteronormativität, Cisnormativität und der Zweigeschlechtlichkeit als Norm zu brechen. Neben dem Recht auf Selbstbestimmung von Menschen mit Trans- oder Interhintergrund im Personenstandsrecht ohne das entwürdigende Begutachtungswesen streben wir auch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen im Ehe- und Adoptionsrecht ein.

Es darf keine Ungleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe mehr geben. Wir fordern die Öffnung der Ehe, um rechtliche Gleichstellung für alle zu ermöglichen. Gleichzeitig fordern wir, dass die Privilegien der Ehe zurückgenommen werden. Das Ehegattensplitting begünstigt eine klassische Hausfrauenehe oder Zuverdienst-Ehe, besonders von Gutverdienenden. Wir wollen es durch Steuermodelle ersetzen, die der Vielfalt der Lebensweisen mit Kindern gerecht werden und niemanden benachteiligen: nicht Alleinerziehende und Regenbogenfamilien oder allgemein Menschen, die nichtheteronormativ oder in einer Ehe leben (vgl. Kapitel XII »Linker Feminismus«).

Gleichberechtigung aller Lebensweisen voranbringen

Die Gleichberechtigung der Lebensweisen ist mit einer Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft noch nicht erreicht. Sie ist durch ein System der Wahlverwandtschaften zu ergänzen. Hierbei sollen nicht nur monogame Zweierbeziehungen Verantwortung füreinander übernehmen dürfen, sondern jegliche Gemeinschaft, die sich einander verbunden fühlt. Dies kann eine mehr als zwei Personen umfassende Beziehung meinen. Diesen Menschen ist ein umfangreiches Besuchsrecht im Krankheitsfall, Adoptionsrecht und Aussageverweigerungsrecht einzuräumen. Gleichzeitig werden besondere Zuwendungen fällig, wenn ein Angehöriger (nach dem Wahlverwandtschaftsrecht) gepflegt werden muss oder sich Kinder in einer Wahlverwandtschaft befinden. Lebensweisen in allen Formen verdienen Akzeptanz und gesellschaftliche Gleichstellung.

Gewaltprävention und Hilfe für Gewaltopfer

Noch immer sind queere Menschen überproportional von Übergriffen und Gewalttaten betroffen. Dies betrifft sowohl das private bzw. familiäre Umfeld als auch den öffentlichen Raum. Homo- und transfeindliche Übergriffe nehmen seit dem Aufschwung von Rechtspopulisten und anderen radikalen Gruppen sogar zu. Hier kommt dem Staat eine Schutzrolle zu. DIE LINKE setzt sich für die umfassende Unterstützung von Präventionsprojekten und Organisationen ein, die sich mit der Hilfe für Gewaltopfer beschäftigen. Die Strafverfolgung von queerfeindlicher Gewalt muss dementsprechend geahndet und stärker verfolgt werden als bisher.

Inter- und Transsexualität

Die Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit – die Anforderung der Gesellschaft, sich unzweifelhaft als Frau oder Mann zu definieren – grenzt aus. Eine geschlechtergerechte Politik muss darauf hinwirken das Frauen, Männer, Menschen mit Transhintergrund und Menschen mit Interhintergrund gleich zu behandeln und rechtlich gleichzustellen sind, ohne dass ein Geschlecht oder eine Lebensweise als Norm gesetzt wird. Geschlechtergerechtigkeit muss schon im Kindesalter gefördert und dabei Raum für persönliche Entfaltung und geschlechtliche Vielfalt gesichert werden.

Wir unterstützen Menschen mit Transhintergrund in ihrem Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Menschen mit Transhintergrund sollen bei ihren eigenen Veränderungen unterstützt werden. Die Eingriffe sollen abgesichert und nicht mehr als Krankheit angesehen werden: Die derzeitige Klassifikation als »psychische Erkrankung« stammt noch aus dem 19. Jahrhundert. Die entsprechenden Sexualforscher diagnostizierten Neurosen bei Menschen mit Transhintergrund und stuften die Menschen als entartet ein. Menschen mit Interhintergrund sind gezwungen, ihren Hintergrund verschleiern, damit sie über das Transsexuellengesetz Operationen und Maßnahmen bewilligt und bezahlt bekommen.

  • Begutachtungspflicht, Therapiezwang und das gerichtliche Verfahren müssen abgeschafft werden, wenn es darum geht, Vornamen und Personenstand zu ändern. Stattdessen muss dieses Verfahren in einen Verwaltungsakt überführt und auf Antrag ohne Vorbedingung diskriminierungsfrei geregelt werden.
  • Medizinisch nicht notwendige Operationen an Menschen zum Zwecke der Geschlechtsangleichung dürfen nur durchgeführt werden, wenn diese selbst einwilligungsfähig sind und ihre Zustimmung selbst gegeben haben.
  • Das Transsexuellengesetz muss als Sondergesetz aufgehoben und in bestehendes Recht integriert werden. Im Sinne einer bedürfnisorientierten und präventiven Gesundheitsversorgung brauchen Menschen mit Transhintergrund und Interhintergrund (auch Geflüchtete) Zugang zu allen spezifischen medizinischen, therapeutischen und beratenden Leistungen (und die damit verbundenen Medikamente) und eine unbürokratische Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Alle benötigten Leistungen müssen im Katalog der Kostenträger enthalten sein. Wir setzen uns für den flächendeckenden Ausbau von Beratungsangeboten in Zusammenarbeit mit Transinitiativen ein.
  • Wir fordern Beratungs- und Aufklärungszentren für Betroffene und deren Angehörige sowie einen Entschädigungsfonds für Menschen mit Interhintergrund, denen durch geschlechtsangleichende Operationen erhebliches Leid widerfahren ist.
  • Menschen mit Transhintergrund müssen Reproduktionsmöglichkeiten haben. Das soll in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Wem im Zuge der Transition ohne Zustimmung Reproduktionsmöglichkeiten genommen wurden, hat Anspruch auf Entschädigung.
  • Wir wollen den Schutz vor Diskriminierungen aufgrund der körperlichen Variation, sexuellen Identität und Lebensweise in Artikel 3 des Grundgesetzes und in das Antidiskriminierungsgesetz aufnehmen. Um dieses erweiterte Grundrecht zu garantieren, braucht es Antidiskriminierungsstellen, ein echtes Klagerecht für Verbände im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz sowie dessen EU-rechtskonforme Ausgestaltung.
  • Die Unrechtsurteile gegen und die Verfolgung im Nationalsozialismus von Menschen mit Transhintergrund und Interhintergrund müssen aufgearbeitet werden! Die Betroffenen müssen vollständig rehabilitiert und gewürdigt, wertgeschätzt und entschädigt werden.

Wir wollen mit Angeboten und Maßnahmen einen Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein anstoßen. In den Lehrplänen der Bildungseinrichtungen muss sich die real existierende Vielfalt an Lebensentwürfen und Identitäten ganzheitlich abbilden, statt Klischees und alte Rollenmuster zu bedienen.

Dialog der queeren Community mit allen gesellschaftlichen Gruppen stärken

DIE LINKE setzt sich für die Förderung des Dialogs mit dem Ziele der Verständigung und der Bekämpfung von Vorurteilen ein. Dies betrifft auch den Diskurs mit christlichen Kirchen, jüdischen Gemeinden und nicht jüdisch-christlichen Glaubensgemeinschaften. Insbesondere von einem Dialog mit den vielfältigen muslimischen Gemeinschaften erhoffen wir uns emanzipatorische Fortschritte auf beiden Seiten sowie ein konfliktärmeres Zusammenleben.

Dieser Dialog ist auch deshalb dringend, weil u.a. rechte Gruppen und Parteien Kapital daraus schlagen wollen, dass sie die queere und die muslimische Community gegeneinander aufhetzen und spalten wollen. Für DIE LINKE ist die Bekämpfung von Rechtsradikalismus, antimuslimischem Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ebenso wichtig wie die von queerfeindlichen Übergriffen.

Statt Wirtschaftspolitik an sozialen und ökologischen Zielen auszurichten, setzt die Bundesregierung auf mehr Wettbewerbsfähigkeit und mehr Standortwettbewerb im Interesse der Konzerne. Sie macht damit Druck auf Löhne und Umweltstandards. Die Bundesregierung treibt gegen hunderttausendfachen Protest die Freihandelsabkommen TTIP und CETA voran. Sie stellt das ökonomisch unsinnige Ziel der »Schwarzen Null« über dringend notwendige Investitionen und blockiert so eine sozial gerechte und ökologisch zukunftsfähige Entwicklung. Während in die Förderung der Exportindustrie Milliarden fließen, verkommt die öffentliche Infrastruktur. Für die Versorgung der Menschen wichtige Bereiche wie der Wohnungsbau und die sozialen Dienstleistungen in der Gesundheitsversorgung, Pflege und Bildung werden vernachlässigt, unterfinanziert und privatisiert (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«).

Die dringende Klima- und Energiewende wird ebenso blockiert wie eine Regulierung der Banken und Finanzmärkte, weil die Bundesregierung keinen Konflikt mit den wirtschaftlich Mächtigen eingehen will. Profitorientierte Konzerne fragen nicht nach dem gesellschaftlichen Nutzen oder ökologischem Schaden. Der Druck der Finanzmärkte und der globale Standortwettbewerb führen dazu, dass selbst im Aufschwung zu wenig investiert wird. Die Spaltung zwischen reichen und wirtschaftlich abgehängten Regionen wächst. Der Markt kann Investitionen nicht gesellschaftlich sinnvoll lenken.

Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung stärkt vor allem die Exportkonzerne. Die einseitige Orientierung führt nicht nur zu massiven wirtschaftlichen Ungleichgewichten u.a. zwischen den EU-Ländern und trägt so zu Krisen bei. Sie führt auch dazu, dass die Erwerbstätigen hierzulande trotz harter Arbeit und hoher Produktivität unter den Möglichkeiten eines reichen Landes leben müssen. Prekäre Arbeit und Massenerwerbslosigkeit sind trotz positiver Wirtschaftsentwicklung verfestigt. Die wachsende Polarisierung in arm und reich ist nicht nur sozial ungerecht, sondern auch wirtschaftlich destruktiv.

DIE LINKE tritt für einen grundlegenden Richtungswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik ein. Wir kämpfen dafür, dass in der Wirtschaft gilt: Menschen und Natur vor Profite. Nur wenn die Macht von profitorientierten Großkonzernen gebrochen und Entscheidungen über Investitionen in Schlüsselbereichen der Wirtschaft demokratisch getroffen werden, können der notwendige ökologische Umbau der Wirtschaftsstruktur und die Digitalisierung auch sozial gerecht und am Gemeinwohl orientiert gestaltet werden. Unsere Wirtschaftspolitik besteht u.a. aus folgenden Elementen:

  • Löhne und Gehälter müssen steigen, insbesondere die unteren und mittleren Einkommen. Das bewirken wir einerseits durch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes auf zwölf Euro. Andererseits beseitigen wir die Lohnbremsen in der Arbeitsmarktpolitik: Leiharbeit, Werkverträge, Hartz IV und Sanktionen, sinkende Tarifbindung usw. So erhöhen wird die Kaufkraft und stärken den Binnenmarkt (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit«).
  • Gute Arbeit schaffen. Zur Bekämpfung der Massenerwerbslosigkeit, die etwa doppelt so hoch ist wie die offiziellen Erwerbslosigkeitszahlen, setzt DIE LINKE auf die Stärkung der Binnenwirtschaft, der Kaufkraft der Beschäftigten und auf öffentliche Investitionen. Darüber kann durch eine Umverteilung und Verkürzung der Arbeit das Versprechen der Digitalisierung, selbstbestimmter zu arbeiten und zu leben, für alle Wirklichkeit werden (vgl. Kapitel I »Gute Arbeit «).

Wir wollen neue Perspektiven für Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können. Dafür schaffen wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit zusätzlichen existenzsichernden und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Sie müssen sich an den regionalen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Erwerbslosen ausrichten (vgl. Kapitel III »Soziale Sicherheit statt Hartz IV«).

  • Wir investieren in die öffentliche Daseinsvorsorge und öffentliche Infrastruktur. Mit einem 120-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm sollen die öffentlichen und privaten Investitionen angehoben und gleichzeitig mehr tarifliche und sozial regulierte Arbeitsplätze geschaffen werden. Es wird finanziert aus einer gerechten Steuerreform. Gleichzeitig kann damit auch die regionale Wirtschaft gefördert werden, wie das Handwerk oder regionale Dienstleistungsbetriebe (vgl. Kapitel VI »In die Zukunft investieren«).
  • Der dringend notwendige sozial-öko-logische Umbau der Wirtschaft betrifft die gesamte Art und Weise, wie und was wir produzieren und wie der gesellschaftliche Reichtum verteilt und verwendet wird. An die Stelle blinden Wachstums müssen gezielte, am Gemeinwohl und dem Bedarf der Bevölkerung orientierte Investitionen in den sozialen und ökologischen Umbau von Produktion und Dienstleistungen treten. Diese müssen dazu beitragen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den Energieverbrauch zu reduzieren. Das will DIE LINKE auf den Weg bringen durch eine Demokratisierung der Wirtschaft, eine andere Steuerpolitik und eine grundlegende Reform der staatlichen Wirtschaftsförderung. Umweltschädliche Subventionen wollen wir beenden.
  • Den Finanzsektor wollen wir regulieren und Finanzspekulation eindämmen: Wir lassen die Luft aus den Spekulationsblasen. So werden den internationalen Finanzmärkten Gelder entzogen und für dringend notwendige Investitionen zur Verfügung gestellt.

Unsere Alternative zu gefährlichen Freihandelsabkommen, Wachstum um jeden Preis und Zerstörung der Umwelt ist ein Zukunftsprogramm für den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft.

Finanzmärkte schrumpfen – und die Macht der Banken brechen

Die Ursachen der Finanz- und Weltwirtschaftskrise sind nicht überwunden – weil die Regierungen nicht den Mut hatten, sich mit den Großbanken, Hedgefonds und den Multi-Milliardären anzulegen. Wenn die Spekulation schneller wächst als die wirtschaftliche Produktion, sind immer neue Krisen die Folge. Ein wirklicher Bruch mit dem Kapitalismus ist notwendig – sonst werden der Sozialstaat und die Demokratie in Europa weiter ausgehöhlt werden. Wir wollen die Gesellschaft und die Demokratie aus dem Würgegriff der Finanzkonzerne befreien:

  • Auf den Finanzmärkten werden verschiedene Vermögensformen (Aktien, Devisen, Derivate …) getauscht, vermehrt und in wenigen Händen konzentriert. Nur wenn die großen Vermögen umverteilt werden, versiegt die Quelle, die die Spekulation anheizt.
  • Auch aus der kapitalgedeckten Altersvorsorge fließen den Finanzmärkten Milliardenbeträge zu. Wir wollen die Rentenprivatisierungen zurücknehmen und die Mittel der Spekulation entziehen.

Die Bundesregierung hat bei der Bankenregulierung versagt. Die Verstrickung der Deutschen Bank in kriminelle Geschäfte zeigt, dass private Großbanken immer noch tickende Zeitbomben sind. Sie sind abgesichert, weil ihnen indirekt garantiert wird, dass sie vom Steuerzahler gerettet werden. Diese Garantie nutzen sie für riskantes Investmentbanking. Es wäre verantwortungslos, Deutsche Bank und Commerzbank zusammenzuführen, weil die so entstehende größere Bank die Bevölkerung noch besser erpressen könnte. Die Gesellschaft ist nicht für die Banken da, sondern die Banken haben der Gesellschaft zu dienen. DIE LINKE will Großbanken entmachten, Banken unter demokratische Kontrolle bringen und in öffentliches Eigentum überführen, um den Finanzsektor auf gesellschaftlich sinnvolle Kernaufgaben wie Kreditvergabe und Zahlungsverkehr für die Realwirtschaft zu konzentrieren:

  • Private Großbanken und Landesbanken müssen verkleinert und effektiver öffentlicher Kontrolle unterstellt werden. Die Basis eines neuen Finanzsektors sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie wollen wir fördern. Die Geschäftsbanken müssen wie Sparkassen auf das Gemeinwohl verpflichtet werden.
  • Mit einer demokratischen Kontrolle der Banken durch Vertreter von Beschäftigten, Gewerkschaften und öffentlicher Hand könnten die Ressourcen der Banken dazu genutzt werden, die Wirtschaft im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung zu lenken. Nur so können die Einlagen der Kleinsparerinnen und Kleinsparern geschützt und Gewerbetreibende mit günstigen Krediten versorgt werden.
  • Der überwiegende Teil des sogenannten Kapitalmarktgeschäfts der Banken folgt spekulativen Motiven. Es dient nicht den Bedürfnissen der Realwirtschaft oder der Mehrheit der Bevölkerung. Im Gegenteil: In guten Zeiten wandern spekulative Gewinne in die Taschen der Reichen. Im Krisenfall ruft die Finanzindustrie nach dem Staat, der die Verluste übernehmen soll. Das Investmentbanking – das nur in Betriebe investiert, um hohe Renditen z

DIE LINKE ist die Partei des Friedens. Wir haben als einzige Partei und Fraktion im Deutschen Bundestag den Auslandseinsätzen der Bundeswehr nicht zugestimmt und werden es auch in Zukunft nicht tun. Wir kämpfen für konsequente Abrüstung und wollen den Export und die Produktion von Waffen und Rüstungsgütern verbieten. Die Umbrüche in der Weltordnung, die Militarisierung von weltweiten Konflikten, die Aufrüstungspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten machen diese Forderungen dringlicher denn je. Mit den Geflüchteten ist für viele Menschen erlebbar geworden: Die Welt von heute kennt kein Außen mehr, wir leben alle in derselben Welt. Im Inneren bedroht die gewollte Aufrüstung – besonders unter den Bedingungen der »Schuldenbremse« – den Bestand bzw. nötigen Ausbau des Sozialstaates. Nach außen deformieren Krieg, Waffenexport und Militarisierung die zivile, soziale und demokratische Entwicklung vieler Länder. Viele Menschen sind besorgt und verunsichert durch Krieg und Terrorismus und eine drohende militärische Konfrontation zwischen den NATO-Staaten bzw. den USA und Russland. Waffenexporte, Freihandel und Direktinvestitionen, Konkurrenz um knappere Ressourcen und Folgen der Klimakatastrophe führen zu Aufständen, kriegerischen Auseinandersetzungen und Fluchtbewegungen über die Kontinente. Seit 16 Jahren führen die USA und die NATO mit Beteiligung Deutschlands einen Krieg um Einflussnahme und Zugriff auf die Ressourcen in Zentralasien und dem Nahen Osten. Die Kriege in Afghanistan und dem Irak haben zur Destabilisierung der Regionen geführt und das Entstehen des »Islamischen Staates – Daesh« begünstigt. Dieser angebliche »Krieg gegen den Terror« ist gescheitert. Auch Russland führt in Syrien einen »Anti-Terror-Krieg«. Der »Krieg gegen den Terror« hat viele Menschen das Leben gekostet und noch mehr Gewalt hervorgebracht. Die Mehrzahl der Opfer dieses Krieges sind keine »Terroristen«. Der Terror wurde nicht besiegt, sondern in viele weitere Länder auf dem gesamten Globus, auch nach Europa geholt.

In den Ländern, in denen der »Krieg gegen den Terror« geführt wird, wie Afghanistan, Pakistan oder Irak, hat er die Gesellschaften zerstört. Er hat die bekämpften Gruppen wie Taliban und Al Kaida kaum geschwächt oder ihren Terror gegen die Zivilbevölkerung wirksam unterbunden, sondern andere Gruppen wie den »Islamischen Staat – Daesh« überhaupt erst stark gemacht. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt und hat Macht und Einfluss auf diese Entwicklungen. Im Weißbuch der Bundeswehr wird der Anspruch erhoben, die globale Ordnung – auch militärisch – aktiv mitzugestalten, vor dem Hintergrund der »wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bedeutung« Deutschlands.

DIE LINKE wird ein Motor für eine globale Gerechtigkeit sein, wir stellen uns gegen die Pläne der Bundesregierung für Aufrüstung und Weltmachtpolitik. Wenn die Regierung von »deutscher Verantwortung in der Welt« spricht, sagen wir: Das muss eine Verantwortung für Abrüstung und friedliche Konfliktlösungen sein. Um Krieg und Gewalt zu beenden und allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, müssen globale friedliche und kooperative Lösungen gefunden werden. Das geht nur, wenn Konflikte friedlich gelöst werden, wenn konsequent abgerüstet und die Weltwirtschaftsordnung gerecht organisiert wird – und mit internationaler Solidarität.

Alle Menschen haben ein Recht auf Schutz vor Tod, Folter, Verfolgung und Diskriminierung. Ein Blick nach Syrien, Irak, Afghanistan oder auf die zahlreichen Kriege und Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent zeigen: Es ist schlecht bestellt um diese Menschenrechte. In Syrien haben Groß- und Regionalmächte sowie das Assad-Regime und terroristische Organisationen eine der größten humanitären Katastrophen seit dem Zweiten Weltkrieg zu verantworten: Millionen Menschen sind auf der Flucht, Hunderttausende müssen hungern. Wir brauchen eine aktive Friedenspolitik! Die Vorherrschaft des Militärischen muss beendet werden. Wir wollen alle deutschen Soldatinnen und Soldaten aus den Auslandseinsätzen zurückziehen und Rüstungsexporte verbieten. Das sind wichtige erste Schritte auf diesem Weg. Ein weiterer Schritt ist die Konversion der Rüstungsindustrie. Wir setzen auf die Stärkung zivilgesellschaftlicher Initiativen und völkerrechtlicher Mechanismen einer nichtmilitärischen Konfliktlösung – statt einer imperialen Politik des »Regime-Change«, statt Drohnenkriegen und Militäreinsätzen. In allen Ländern müssen die Bevölkerungen das Recht haben, über ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung selbst zu bestimmen. Wir streiten für das Recht auf soziale und individuelle Sicherheit sowie Schutz vor Gewalt für alle Menschen auf der Welt.

Konflikte friedlich lösen – Auslandseinsätze beenden

Krieg und die Androhung militärischer Gewalt können keine Mittel einer friedensstiftenden Politik sein. Die friedliche Prävention und frühzeitige Lösung von potenziell kriegerischen Konflikten müssen im Zentrum der deutschen Außenpolitik stehen. Wir wollen, dass sich Deutschland an das Völkerrecht und die universellen Menschenrechte in ihrer Gesamtheit der bürgerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte hält. Wenn die Bundesregierung dagegen von »mehr Verantwortung« in Europa und der Welt spricht, meint sie damit die Durchsetzung geopolitischer Interessen, Auslandseinsätze der Bundeswehr und mehr Geld für Rüstungsprojekte.

Die Bundesregierung verfolgt eine gefährliche Politik der Militarisierung der deutschen und europäischen Außenpolitik. Deutschland droht, nicht erst seit der Wahl von US-Präsident Trump, eine neue, führende Rolle in der militärischen Sicherheitsarchitektur der Welt(un)ordnung und innerhalb der Europäischen Union zu übernehmen. Obwohl der deutsche Militärhaushalt in den letzten fünfzehn Jahren deutlich angestiegen ist, fordert das Verteidigungsministerium bis 2030 rund 130 Milliarden Euro für die Modernisierung bestehender Waffensysteme und die Aufrüstung neuer Rüstungsprojekte. Statt momentan 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes pro Jahr für Militärisches auszugeben, fordert die NATO sogar zwei Prozent des BIP. Die Bundesregierung will das größte Aufrüstungsprogramm der vergangenen zwei Jahrzehnte auflegen. Auslandseinsätze der Bundeswehr haben zugenommen: 1992 bis 2016 haben sie mindestens 17,2 Milliarden Euro gekostet. Eine verantwortungsvolle Außenpolitik sieht anders aus: Verantwortung für den Frieden heißt für DIE LINKE, internationale Verantwortung zu übernehmen für ein kooperatives Verhältnis der Staaten und ihrer Bevölkerungen in einer demokratischen Weltgemeinschaft. Eine Politik der Dominanz und Hegemonie einzelner Staaten weisen wir zurück. Aus diesen Gründen lehnen wir Auslandseinsätze der Bundeswehr ab.

  • Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen zurückgezogen werden und darf nicht in neue Auslandseinsätze entsandt werden.
  • Die Mittel, die heute für militärische Interventionen ausgegeben werden, sollen umgewidmet werden für zivile Aufbau- und Friedenssicherungsprogramme und die Entwicklungszusammenarbeit. Wir wollen die Mittel der Auslandseinsätze für ein friedliches Zukunftsprogramm einsetzten.
  • Wir lehnen es ab, dass deutsche Soldatinnen und Soldaten andere Armeen ausbilden, die dann ihrerseits direkt oder indirekt an Kriegshandlungen beteiligt sind.
  • DIE LINKE lehnt eine weitere Erhöhung des Rüstungsetats ab.
  • Wir wenden uns gegen eine militärische Komponente im Europäischen Auswärtigen Dienst.
  • Wir wollen die Beteiligung von Bundes- und Länderpolizeien an internationalen Polizeieinsätzen beenden, die der Unterstützung von Kriegen und autoritären Regimen dienen. Eine Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich mit autoritären Regimen zur Flucht- und Migrationsabwehr lehnen wir ab.
  • Wir setzen uns für ein Ende der aktuellen Militärberatungsmissionen ein. Sie heizen weltweit Konflikte an, statt sie zu entschärfen.

Eine Vermischung von zivilen und militärischen Maßnahmen lehnen wir ab. Mit »zivil-militärischer Kooperation« und »vernetzter Sicherheit« wird die Militarisierung der Außenpolitik verschleiert. Die Einbindung von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe in sicherheitspolitische Konzeptionen – wie etwa in Afghanistan geschehen – verhindert nicht nur soziale Entwicklung in diesen Ländern. Sie widerspricht auch dem zivilgesellschaftlichen Auftrag von Nichtregierungsorganisationen. Die internationale Hilfe darf niemals Teil einer militärischen Strategie sein, sondern muss sich allein an dem Gebot der Hilfe für die von Hunger und Krieg betroffenen Bevölkerungen orientieren.

Wir wollen Politik auf gewaltlose, soziale und proaktive Friedensförderung ausrichten. Die Beteiligung und der Schutz der lokalen Bevölkerung stehen dabei im Zentrum.

  • Projekte zum Ausbau der zivilen Konfliktbearbeitung wollen wir umfassend fördern.
  • Wir wollen die Mittel für den Zivilen Friedensdienst, der Fachleute in Konfliktgebiete entsendet, bis 2020 verdoppeln. Zusätzlich wollen wir einen europäischen Zivilen Friedensdienst ins Leben rufen und die Länder Afrikas bei der Einrichtung eines afrikanischen Zivilen Friedensdienstes unterstützen. Das kann aus einem Teil der Gelder finanziert werden, die bisher für Militärausbildungsmissionen ausgegeben werden.
  • Wir wollen Zivilklauseln in den Gesellschafterverträgen der Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verankern.
  • Wir wenden uns entschieden gegen den Einsatz der Bundeswehr im Innern.
  • DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass rechtextremes Gedankengut und die Pflege der Wehrmachtstraditionen in der Bundeswehr restlos aufgedeckt und bekämpft werden.

Frieden schaffen ohne Waffen: Rüstungsexporte verbieten

Unsere internationale Politik zielt auf Frieden, Abrüstung und Entmilitarisierung. Derzeit ist Deutschland der weltweit drittgrößte Exporteur von Waffen. Jede Waffe, die aus Deutschland exportiert wird, dient der Aufrüstung eines anderen Landes. Waffenexporte fördern Unterdrückung und machen es möglich, dass anderswo in der Welt Konflikte gewaltsam ausgetragen und Kriege geführt werden.

  • Als ersten Schritt wollen wir alle Exporte von Kleinwaffen und Waffenfabriken verbieten. Mit diesen sogenannten Kleinwaffen – darunter Sturmgewehre und Maschinenpistolen – werden die meisten Menschen in den Kriegen dieser Welt getötet. Sie sind die Massenvernichtungswaffen des 21. Jahrhunderts.
  • Rüstungsexporte dürfen nicht mehr mit Steuergeldern unterstützt werden – weder durch die staatliche Absicherung mit Hermesbürgschaften noch durch Ausbildungsunterstützung oder über andere Wege.
  • Software und Geräte, mit denen Internetnutzerinnen und -nutzer verfolgt und Internetsperren errichtet werden können, dürfen nicht exportiert werden.

Unser Ziel ist, dass Rüstungsexporte verboten werden und die gesamte Rüstungsproduktion in der Bundesrepublik Deutschland eingestellt wird. Wir wollen mit gesellschaftlichen Partnerinnen und Partnern aus Gewerkschaften, Friedensbewegung und Kirchen Konversionsprogramme für die Beschäftigten in der Rüstungsindustrie entwickeln, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Ein umfassendes Produktionsverbot ist das beste Mittel zur Eindämmung und Verhinderung von Rüstungsexporten.

  • Die Forschung zur Rüstungskonversion, also zur Umstellung von militärischer auf zivile Produktion, soll sowohl durch öffentliche Gelder als auch durch die davon betroffene Privatwirtschaft und ihre Verbände finanziert werden.
  • DIE LINKE fordert ein Beteiligungsverbot deutscher Unternehmen an internationalen oder ausländischen Rüstungsunternehmen.
  • Mit Unterstützung der Bundesregierung verwandelt die islamistische Diktatur in Saudi-Arabien den Jemen in einen Ort des Schreckens. DIE LINKE fordert einen sofortigen Stopp der Rüstungslieferungen sowie der geplanten Ausbildung saudischer Militärs durch die Bundeswehr. Deutsche Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall müssen gezwungen werden, ihre Rüstungsproduktion in Saudi-Arabien einzustellen.
  • Wir beteiligen uns an der Bewegung für Zivilklauseln an den Hochschulen bundesweit.
  • DIE LINKE unterstützt die Initiative für ein sogenanntes Zivilsteuergesetz. Damit wäre, entsprechend dem Gewissensschutz, die Möglichkeit gegeben, dass jede Bürgerin und jeder Bürger die Möglichkeit hätte, einer Verwendung seiner Steuern für militärische Zwecke zu widersprechen.
  • Zur Vision einer Welt ohne Massenvernichtungswaffen gehört auch konsequente Abrüstung im eigenen Land.
  • Die letzten noch in Deutschland stationierten US-Atomwaffen müssen sofort abgezogen und vernichtet werden.

Es dürfen keine modernisierten Atomwaffen in Deutschland stationiert und keine Mittel für die Modernisierung der Trägerflugzeuge für den Einsatz von Atomwaffen bereitgestellt werden. Die sogenannte Nukleare Teilhabe wollen wir beenden.

  • Vom Boden der Bundesrepublik Deutschland aus dürfen keinerlei militärische Drohneneinsätze in anderen Ländern koordiniert oder geleitet werden. Die militärischen Standorte in Deutschland, die derzeit an solchen Drohnenkriegen beteiligt sind – wie Ramstein, das AFRICOM und das EUCOM – müssen geschlossen werden.
  • Deutschland muss endlich seine Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag von 1968 erfüllen.
  • DIE LINKE tritt auch in der nächsten Legislaturperiode für eine vertragliche Ächtung von Atomwaffen weltweit ein.
  • Die Bundeswehr oder die Polizeien des Bundes und der Länder dürfen keine Drohnen anschaffen, die gegen Menschen gerichtet sind (im Kampf oder zur Überwachung) oder sich am Betrieb solcher Systeme im Ausland beteiligen. Wir wollen alle unbemannten und vollautonomen Kampfsysteme (bewaffnete Drohnen und Kampfroboter) im Rahmen einer internationalen Konvention ächten.
  • Die Rekrutierung von Minderjährigen durch die Bundeswehr muss beendet werden. Wir wollen keine Rekrutierungskampagnen im öffentlichen Raum.
  • Wir lehnen die Offensivstrategie der Bundeswehr im Cyber-Raum ab – die Abwehr dieser Gefahren ist Sache von Strafverfolgungsbehörden des Inneren, nicht der Armee.
  • Alle ausländischen Militärbasen in Deutschland müssen geschlossen werden. Entsprechende Verträge, auch mit den USA im Rahmen von Aufenthaltsvertrag und dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut, werden gekündigt. Die Infrastruktur in der Bundesrepublik darf nicht genutzt werden, um völkerrechtswidrige Kriege und menschenrechtswidrige Maßnahmen wie die Verschleppung von Gefangenen zu ermöglichen.
  • Keine Bundeswehr in Bildungseinrichtungen und auf Ausbildungsmessen! (vgl. Kapitel VIII »Gute Bildung«)

Fluchtursachen bekämpfen – nicht Flüchtlinge!

Über 65 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Kriegen, Bürgerkriegen und Verfolgung. Die meisten kommen nicht nach Europa, sondern suchen Zuflucht in den Nachbarländern ihrer Heimat. Die internationale Flüchtlingshilfe ist unterfinanziert. Die Bundesregierung und die EU müssen die finanziellen Mittel für die Flüchtlingshilfe, vor allem für das UNHCR, erheblich anheben. Große Flüchtlingslager, in denen Geflüchtete über viele Jahre untergebracht werden, schaffen Probleme, statt sie zu lösen. Deshalb müssen die Bundesregierung und die EU ihre Flüchtlingspolitik darauf ausrichten, den Geflüchteten die Möglichkeiten zur Arbeit und Integration in den Zufluchtsländern zu eröffnen.

DIE LINKE will die Ursachen von Flucht und Vertreibung bekämpfen, anstatt Flüchtende zu bekämpfen und deren Fluchtwege zu blockieren. Im Zentrum steht das Recht, nicht migrieren zu müssen. Fluchtursachen sind vielfältig. Fast immer hängen sie mit der weltweiten Ungleichheit zwischen Arm und Reich zusammen. Diese Ungleichheit wächst durch Ausbeutung in unfairen Handelsbeziehungen, das Erstarken der großen Agrarkonzerne, rücksichtslos agierende transnationale Konzerne und den durch die Industrieländer in erster Linie zu verantwortenden Klimawandel. Die Bundesrepublik Deutschland stützt und verschärft oft bestehende Konflikte – indem Waffenexporte in Krisengebiete genehmigt und indem selbst undemokratische Regime unterstützt werden, nur damit sie Fluchtwege versperren (vgl. Kapitel XVI »Für ein Europa der Menschen«).

DIE LINKE kämpft für eine solidarische, gerechte Weltwirtschaftsordnung, gegen Krieg und Rüstungsexporte, gegen Landraub, für faire Produktionsverhältnisse, für Demokratie und Menschenrechte, weltweit. Geflüchtete sollen das Recht auf soziale, kulturelle und demokratische Teilhabe in unserem Land haben.

Soziale Gerechtigkeit weltweit – solidarische Zusammenarbeit stärken

DIE LINKE ist die Partei der internationalen Solidarität. Die acht reichsten Menschen auf der Welt besitzen mehr als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Weltweit hungern über eine Milliarde Menschen, mehr als zwei Milliarden leben von weniger als zwei Dollar am Tag. Die wenigen Reichen werden immer reicher.

Gerechtigkeit in den internationalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen ist eine direkte Prävention gegen Armut, Gewalt und Krieg. Wir wollen den Reichtum radikal umverteilen und die ungerechten weltweiten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen so verändern, dass alle Menschen sich sozial, kulturell und politisch entfalten können. Hierfür bilden die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) der UNO eine wichtige Grundlage. Um sie zu erreichen, braucht es einen politischen und wirtschaftlichen Richtungswechsel. Die deutsche und europäische »Entwicklungshilfe« ist oftmals an erpresserische »Strukturreformen« geknüpft und untergräbt eigenständige Entwicklung.

  • Wir setzen uns für eine Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit ein. Sie muss auf die Interessen und Bedürfnisse der unterstützten Länder ausgerichtet sein und sich am Gedanken von Gerechtigkeit, Solidarität und der nachhaltigen Entwicklung orientieren. Sie muss ein Instrument globaler Umverteilung im Sinne sozialer Gerechtigkeit sein und darf nicht als Instrument der Einmischung sowie als ein Druckmittel zugunsten der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen der Geberländer und internationaler Konzerne missbraucht werden. Entwicklungszusammenarbeit muss den unterstützten Ländern dabei helfen, ihre Vorstellungen von einer eigenständigen, souveränen Entwicklung umzusetzen.
  • Wir lehnen eine Verknüpfung von Entwicklungsgeldern und anderer Fördermittel mit Maßnahmen des Grenzschutzes und der Migrationskontrolle ab.
  • Wir treten für eine vorrangig öffentliche Entwicklungsfinanzierung auf allen Ebenen ein, wollen den undemokratischen Einfluss privater Stiftungen in der Entwicklungszusammenarbeit beenden und lehnen öffentlich-private Partnerschaften mit deutschen Firmen als gescheitertes Modell ab.
  • Deutschland soll sich mindestens auf die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO (SDG) verbindlich verpflichten. Die deutschen Gelder für Entwicklungszusammenarbeit müssen endlich auf die international zugesagten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehoben werden.

Statt an der Politik von ungleichen Handelsbeziehungen festzuhalten, sollte deutsche Außenpolitik an der Schaffung einer globalen sozialen Infrastruktur mitwirken, die allen Menschen auf dieser Welt den Zugang zu Bildung, Gesundheit, Arbeit und einem selbstbestimmten Leben in Würde und sozialer Sicherheit ermöglicht.

Den geplanten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA setzen wir mit hunderttausenden von Menschen unseren Widerstand entgegen. Das gleiche gilt für die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit den AKP-Staaten und andere unfaire Handelsabkommen der EU mit den Ländern des globalen Südens. Diese Abkommen sollen Märkte öffnen und Privatisierungen zementieren. Wir brauchen einen gerechten Welthandel und eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung, die hohen ökologischen und sozialen Standards gerecht werden:

  • Wir treten dafür ein, dass das globale Recht auf Nahrung umgesetzt wird. Landraub (land grabbing) und die Spekulation mit Nahrungsmitteln müssen verboten werden. Wir wollen Ernährungssouveränität fördern statt der Zusammenarbeit mit der Agroindustrie.

Wir setzen uns dafür ein, dass Rohstoffe angemessen bezahlt und ihre Verarbeitung und Wertschöpfung in den Herkunftsregionen gezielt gefördert werden. Dazu müssen die Länder des Südens entgegen den Freihandelsdiktaten die lokalen und regionalen Märkte vor Billigimporten und die Weiterverarbeitung im Land durch Ausfuhrzölle schützen können.

  • Wir fordern ein gerechtes internationales Steuersystem und die Trockenlegung von Steueroasen, um transnationale Konzerne stärker an der Entwicklung der Länder zu beteiligen, von deren Ausbeutung sie massiv profitieren. Durch Steuerflucht und Steuervermeidung verlieren die Länder des Südens jährlich 100 Milliarden Dollar – weit mehr, als sie umgekehrt an Entwicklungsgeldern erhalten –, die für die öffentliche Entwicklungsfinanzierung dringend gebraucht werden.
  • Wir setzen uns dafür ein, dass der Aufbau öffentlicher sozialer Sicherungssysteme in den Ländern des Südens unterstützt wird.
  • Auf UN-Ebene wollen wir einen Kompensationsfonds für die Folgen von Klimawandel und Kolonialismus einrichten, der von den Industriestaaten finanziert wird. Zusätzlich fordern wir einen solidarischen Wissens- und Technologietransfer für eine Energiewende in den Ländern des Südens. Die Klimafinanztransfers Deutschlands sollen bis 2020 auf sieben Milliarden Euro jährlich ansteigen und zum Großteil zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellt werden. (vgl. Kapitel XIV »Menschen und Natur vor Profite«).
  • Wir wollen die deutschen Konzerne verpflichten, weltweit die sozialen und ökologischen Standards einzuhalten und die demokratischen Rechte zu wahren. Die Einfuhr von Produkten aus Kinderarbeit wollen wir verbieten.
  • Wir setzen uns für verbindliche Regeln für multinationale Unternehmen ein. Deshalb unterstützen wir den sogenannten Treaty-Prozess der Vereinten Nationen, der ein weltweites Unternehmensstrafrecht einführen will und von den EU-Staaten, einschließlich Deutschlands, bisher blockiert wird. Beschäftigte sollen gegen Konzerne auch an ihren Heimatstandorten klagen können.
  • Wir wollen, dass deutsche Firmen ihre Zulieferer und deren Arbeitsbedingungen offenlegen müssen. Sie haben eine – auch menschenrechtliche – Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette. Das gilt für die Rohstoffe wie für die Produktion selbst, für die Baumwolle in T-Shirts wie für die Arbeitsbedingungen der Näherinnen und Näher.
  • Wir unterstützen Bemühungen der eigenständigen regionalen Integration, wie zum Beispiel ALBA und CELAC in Lateinamerika, sowie eine gleichberechtigte und solidarische Süd-Süd-Kooperation.
  • Wir setzen uns für die vollständige und bedingungslose Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba ein, inklusive der Drittstaatenregelung der US-Blockade. Wir unterstützen die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba und fordern eine gleichberechtigte, solidarische Zusammenarbeit.
  • Wir verurteilen die Destabilisierungsversuche der Europäischen Union (EU) und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gegen Venezuela. Wir fordern, dass der Handelskrieg gegen die Wirtschaft des Landes und gegen die Versorgung der Bevölkerung eingestellt wird. Wir treten solchen Versuchen auf internationaler Ebene energisch entgegen. Die sozialen Veränderungen, die durch die linken Regierungen in Lateinamerika in Gang gesetzt wurden, haben Millionen Menschen wirtschaftliche Perspektiven und demokratische Teilhabe ermöglicht. Wir unterstützen die linken Regierungen und die selbstbestimmten regionalen Integrationsprozesse in Lateinamerika.
  • Wir begrüßen den begonnen Friedensprozess in Kolumbien. Wir fordern, dass die Sicherheitsgarantien für ehemalige Guerilla-Kämpferinnen  und -Kämpfer und die Zivilgesellschaft eingehalten werden. Es sind bereits zahlreiche Morde an Menschenrechtsverteidigern und sozialen Aktivistinnen und Aktivisten durch rechte Paramilitärs zu beklagen.

Das internationale Recht stärken

DIE LINKE ist die Partei des Völkerrechts. Wir sehen in den Vereinten Nationen das zentrale Organ für die friedliche Verständigung zwischen den Staaten und Gesellschaften. Das Gewaltverbot, wie es die UNO-Charta vorsieht, muss gestärkt werden. Wir stellen uns gegen jeden Versuch, Menschenrechte gegen das Völkerrecht auszuspielen und sie als Kriegsbegründung zu missbrauchen, wie es alle Bundesregierungen der letzten knapp 20 Jahre getan haben. Menschenrechte sind universell und unteilbar. Alle Menschenrechte – einschließlich der sozialen, kulturellen und ökologischen – müssen uneingeschränkt und weltweit für alle Menschen gelten.

  • Die Bundesregierung muss das Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unterzeichnen, das Einzelpersonen bei Verletzung dieser Menschenrechte den Beschwerdeweg bei den Vereinten Nationen ermöglicht.

Wir wollen die Vereinten Nationen stärken und demokratisieren. Die Generalversammlung, in der alle Mitglieder der Vereinten Nationen vertreten sind, muss mehr entscheiden können. Die Zusammensetzung und die Kompetenzen des UN-Sicherheitsrates gehören auf den Prüfstand.

Die zivilen UN-Gremien müssen effizienter gestaltet, finanziell besser gestellt und politisch gestärkt werden. Die Mittel des UNO-Hilfswerks und des Welthungerprogramms müssen ausreichend erhöht werden. Wir lehnen die Militarisierung der UN ab. Wir setzen auf die Entwicklung multi- und supranationaler Instrumente der Friedenssicherung und demokratischer Konfliktprävention. Fragen der globalen wirtschaftlichen Entwicklung müssen in den Gremien der Vereinten Nationen wie dem Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) und der Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) verhandelt werden – und nicht in selbst ernannten Zirkeln wie den G8 oder den G20. Einen ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat lehnen wir ab.

Für eine europäische Friedens- und Entspannungspolitik

Ein geeintes soziales Europa kann nur als ein Projekt des Friedens eine wirkliche, demokratische Zukunft haben (vgl. Kapitel XVI »Für ein Europa der Menschen«). Die NATO dehnt ihren Einflussbereich bis an die Westgrenze Russlands aus. Der Beitritt weiterer Länder zur NATO wie Georgien, der Ukraine oder Mazedonien würde die Spannungen mit Russland weiter anheizen. Viele Menschen in unserem Land sind beunruhigt wegen der Verschlechterung der Beziehungen Deutschlands und der EU zu Russland. Von einem gemeinsamen Haus Europa, von der Friedensdividende nach dem Ende des Kalten Krieges, spricht heute keiner mehr. Stattdessen findet mitten in Europa, in der Ukraine, ein heißer Krieg statt. Zwischen der EU und Russland bestimmen Sanktionen und Gegensanktionen das Bild. Wo Abrüstung geboten wäre, dominiert auf beiden Seiten verbale und militärische Aufrüstung. Diplomatie und militärische Zurückhaltung sind ins Abseits geraten. Wir halten diese Konfrontationspolitik für fatal.

DIE LINKE wendet sich dagegen, EU-Beitrittsverhandlungen mit autoritären Regimen wie im Falle der Türkei zu intensivieren. Wir treten für eine radikale Wende der deutschen und europäischen Türkeipolitik ein. Wir stehen an der Seite der Demokraten in der Türkei und fordern einen sofortigen Stopp der Rüstungsexporte und der Lieferungen von Rüstungsfabriken. DIE LINKE setzt sich für die Freilassung der politischen Gefangenen in der Türkei ein und steht allen Versuchen, dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan unter die Arme zu greifen, wie mit einer Erweiterung der Zollunion, entgegen.

DIE LINKE tritt für die Stärkung der OSZE als wichtigem Format der gesamteuropäischen Kooperation ein. Um dies zu erreichen, muss als Erstes eine Vereinbarung getroffen werden, keine neuen Mitglieder in die NATO aufzunehmen. Wir wollen eine neue, auf Entspannung orientierte Ostpolitik. Sicherheit in Europa kann nur Sicherheit mit und nicht gegen Russland sein. Das muss die sicherheitspolitische Orientierung von europäischem und deutschem Handel werden. Militärmanöver oder Pläne zur Stationierung von Waffensystemen entlang der russischen Westgrenze heizen Konflikte an. Wir setzen uns gegen Militärmanöver ein. Den Einsatz und die Stationierung deutscher Soldaten in den osteuropäischen Staaten wollen wir unterbinden. Das NATO-Rüstungsziel von zwei Prozent des BIP lehnen wir ab. Wir wollen die NATO auflösen und durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einbeziehung von Russland ersetzen, das auf Abrüstung zielt. Wir wollen, dass die Bundeswehr dem Oberkommando der NATO entzogen wird und die Bundesrepublik aus den militärischen Strukturen des Bündnisses austritt.

  • DIE LINKE fordert, dass der Paragraph 80 StGB wieder eingeführt wird, der die »Vorbereitung eines Angriffskrieges« verbietet.
  • Als ersten Schritt wollen wir eine konventionelle Rüstungskontrolle in Europa nach dem Vorbild des A-KSE-Vertrags (Angepasster Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa).
  • Wir lehnen neue NATO-Kriegsbeteiligungen wie in Syrien und im Irak ab. Die deutsche Beteiligung an NATO-Kriegen wie in Afghanistan muss eingestellt werden.
  • Wir wollen die US- und NATO-Infrastruktur in Deutschland beseitigen, die für den Aufmarsch gegen Russland, eine verheerende Regime-Change-Politik sowie ganz allgemein für Interventionskriege genutzt wird.
  • Einen NATO-Raketenschild lehnen wir ab.
  • Wir wollen den Umbau der Bundeswehr zu einer Einsatzarmee stoppen. Alle offensivfähigen Waffensysteme müssen abgerüstet werden.
  • DIE LINKE setzt sich für eine schrittweise Abrüstung der Bundeswehr ein.
  • DIE LINKE verfolgt langfristig das Ziel eines Deutschlands und eines Europas ohne Armeen und einer Welt ohne Kriege. Im Zuge der Verkleinerung der Bundeswehr muss ihren Angehörigen eine Perspektive in zivilen Berufen eröffnet werden. Umschulungen, Aus- und Weiterbildungen werden unterstützt.
  • DIE LINKE fordert ein Verbot von militärischen Sicherheits- und Söldnerfirmen. Die Bundesregierung darf sie nicht beauftragen oder unterstützen.
  • DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass der 8. Mai als internationaler Tag des Gedenkens an die Befreiung vom Faschismus zum gesetzlichen Feiertag erklärt wird. In Zeiten der globalen Verwerfungen und Krisen muss sich linke Politik von dem Auftrag leiten lassen, ein menschenwürdiges Zusammenleben zu ermöglichen. Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedarf einer Politik, die allen Menschen über die Ländergrenzen hinweg ein Leben in Würde, Anerkennung und sozialer Gerechtigkeit ermöglicht. Eine lebendige Demokratie bedarf der gemeinsamen Suche nach Alternativen. Wir stellen uns den zahlreichen Akteuren und multilateralen Verpflichtungen der internationalen Politik, um nachhaltige Transformationsprozesse für eine verlässlichere und friedlichere Welt zu eröffnen. DIE LINKE wird sich nicht an einer Regierung beteiligen, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Kriege führt oder Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt.

Die Europäische Union ist in einer grundlegenden Krise. Die soziale Ungleichheit ist gewachsen, Reichtum und Armut explodieren. Die Militarisierung wird vorangetrieben. Die neoliberale Politik der Konkurrenz und Austerität hat zu Massenerwerbslosigkeit geführt und in Südeuropa eine verlorene Generation hervorgebracht. In der ganzen EU ist es fast ein Viertel, in Italien, Spanien, Griechenland sind es 40 bis 60 Prozent der jungen Menschen, die keine Arbeit finden. In dieser EU hat die Wettbewerbsfähigkeit im Interesse der Profite von Banken und Konzernen Vorrang vor den Interessen der Bevölkerung. Die »Rettung« Griechenlands war zu über 90 Prozent eine Finanzierung von reichen Gläubigern und Bankprofiten, nicht zuletzt deutscher Banken. Die Durchsetzung von neoliberalen Handelsabkommen wie TTIP und CETA gegen den Willen von hunderttausenden Menschen oder die Erpressung Griechenlands, die verheerende neoliberale Kürzungspolitik fortzusetzen, zeigt: Wenn die Menschen eine andere Politik wollen, wird die Demokratie als Wettbewerbshindernis beiseite geschoben. Das Ergebnis: Diese EU und dieses Projekt der europäischen Integration verlieren bei den Menschen an Vertrauen.

Viele Menschen in Europa fühlen sich zunehmend abgehängt. Dies wird von der politischen Rechten ausgeschlachtet, um die Menschen gegeneinander auszuspielen und den Kontinent zu polarisieren.

Die Krise der EU heute ist vor allem eine soziale Krise. Ganze Regionen, Industrien und Wirtschaftssektoren wurden in den Ruin getrieben. Dies hat sich infolge der Flucht- und Migrationsbewegungen zugespitzt. Nationalistische Töne in öffentlichen Debatten nehmen zu. Neben der linken, sozialen Kritik am neoliberalen Projekt EU nimmt auch eine von dumpfem Nationalismus und irrationalen Ängsten gespeiste Kritik von rechts zu. Wahlerfolge rechter, rechtsextremer und faschistischer Parteien in zahlreichen Ländern sind ein Ausdruck dieser politischen Krise. Spätestens mit dem »Brexit«-Referendum in Großbritannien ist offenbar geworden, dass die Gefahr eines Auseinanderbrechens der EU ganz real ist. Es sind diese unsoziale und undemokratische EU und die Politik ihrer Mitgliedsstaaten, die autoritären Kräften, Rassismus und Nationalismus Auftrieb geben. Europa kann durch Demokratie und soziale Gerechtigkeit verändert werden – andernfalls besteht die Gefahr, dass rechte Parteien und Populisten Europa nach ihrem Bild verändern.

Wer den Rechtsruck in Europa stoppen will, muss sich für einen grundlegenden Politikwechsel gerade in Deutschland einsetzen. Die deutsche Regierung spielt eine zentrale Rolle dabei, die Europäische Union weiter zum Wettbewerbsraum umzubauen. Standortkonkurrenz, Druck auf die Löhne und den Sozialstaat, Freihandel und Aufrüstung sind weder im Interesse der Menschen in Deutschland noch der Menschen im restlichen Europa. Die einseitige Exportorientierung vor allem der deutschen Wirtschaft führt zu Deindustrialisierung, Verschuldung und Massenerwerbslosigkeit in weiten Teilen der EU. Sie geht auch zu Lasten der Beschäftigten in Deutschland: Die Folge sind prekäre Arbeit, Niedriglohn und Dauerstress. DIE LINKE kämpft daher für einen Politikwechsel in Deutschland und eine andere Wirtschaftspolitik – für höhere Löhne, Umverteilung des Reichtums und öffentliche Investitionen, für einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft. Nur so kann die tiefe Krise in Europa überwunden werden.

Der deutsche Exportüberschuss führt zur Verschuldung anderer Länder. Die neoliberale Konstruktion des Euros nützt vor allem der deutschen Exportindustrie und internationalen Großkonzernen, während Europa wirtschaftlich und sozial gespalten wird. Die Politik von Troika, Merkel und Co. zerstört die Gemeinschaftswährung. Auch die Währungsunion muss radikal reformiert werden, oder sie wird mit unabsehbaren Folgen zerbrechen. Voraussetzung dafür ist eine andere deutsche Wirtschaftspolitik und ein Ende der Austerität. Dies ist möglich, indem mit der deutschen Hegemonie in der EU gebrochen wird und eine demokratische EU, die aus gleichberechtigten Partnern besteht, entsteht. Wir lehnen alle Bestrebungen ab, Euro-Länder, die die neoliberale Politik beenden wollen, mit der Drohung eines Ausschlusses aus der Eurozone zu erpressen.

DIE LINKE will einen Neustart der Europäischen Union. Die Verträge von Maastricht und Lissabon haben den Neoliberalismus in die Grundlagen der EU eingeschrieben. Wir brauchen eine grundsätzliche soziale und demokratische Alternative zu dieser neoliberalen EU: mit neuen Verträgen, neuen Strukturen, neuen Hoffnungen.

Wir wollen DIE LINKE europäische Idee von sozialer Gerechtigkeit, Humanismus und internationaler Solidarität vor ihrer Zerstörung durch die neoliberale Politik der EU bewahren. Nur so kann Europa, kann eine soziale, demokratische EU eine wirkliche und dauerhafte Antwort auf die jahrhundertelange Geschichte von Kriegen und Gewaltherrschaft in Europa sein – insbesondere dem verbrecherischen Zweiten Weltkrieg und dem Nationalsozialismus. Ein Scheitern der EU würde dem Nationalismus und Rassismus in Europa weiteren massiven Auftrieb geben.

Eine Verbesserung demokratischer und sozialer Standards wird es im 21. Jahrhundert in Europa nur auf der Grundlage des solidarischen Miteinanders geben. Diese feste Überzeugung teilen wir mit vielen Menschen, die sich für die europäische Integration einsetzen. Wir wollen den Neustart der Europäischen Union durch eine Initiative für ein Europa von unten.

In allen Mitgliedsstaaten muss über die neuen Verträge in Volksabstimmungen entschieden werden. Wir wollen die Finanzmärkte entmachten und den europäischen Bankensektor demokratisch kontrollieren. Im Vordergrund stehen für uns die Interessen der Menschen in Europa, nicht Kapitalinteressen einzelner Länder oder ein Währungssystem. Wir wollen mit der neoliberalen Wettbewerbspolitik brechen. Wir wollen die Binnennachfrage stärken und die Spekulation zurückdrängen. DIE LINKE setzt sich auf allen politischen Ebenen dafür ein, dass bei den Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU: 1. der Schutz des Rechts auf Arbeitnehmerfreizügigkeit gewahrt bleibt, damit britische Staatsbürger weiterhin das Recht haben, in EU-Mitgliedstaaten zu arbeiten und gleichzeitig Bürger von Mitgliedsstaaten der EU in Großbritannien arbeiten können. 2. das Bleiberecht von britischen Staatsbürgern mit Wohnsitz in EU-Mitgliedsstaaten sowie das Bleiberecht von Bürgern aus EU-Mitgliedsstaaten in Großbritannien gewahrt bleibt.

Die EU kann durch Bewegung von unten, ein Aufstehen der Menschen in Europa für Demokratie und soziale Gerechtigkeit, verändert werden. Bereits früher konnten durch den Druck von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen neoliberale Vorstöße zur Privatisierung der Wasserversorgung (2014) und die sogenannte Bolkestein-Richtlinie (2006) zur Liberalisierung von Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt verhindert werden. Nur so werden wir auch TTIP, CETA und TiSA verhindern. DIE LINKE steht an der Seite der Gewerkschaften und ist Teil der sozialen Bewegungen. Wir werden in Deutschland und in Europa gemeinsam mit unserer Fraktion im EU-Parlament sowie unseren Schwesterparteien in der Europäischen Linken (EL) weiter dafür kämpfen, dass die Interessen der Menschen Vorrang vor Profit und Wettbewerb haben. DIE LINKE ist solidarisch mit den linken fortschrittlichen Kräften in Europa, die ein soziales und solidarisches Europa anstreben.

Austerität für die unten, Profite für die oben? Die Macht der Banken und Konzerne brechen!

Wir wollen die Kürzungsdiktate in Europa, die besonders von Deutschland vorangetrieben werden, beenden. Es müssen sofort wirksame Schritte gegen Massenerwerbslosigkeit, Armut und Perspektivlosigkeit der Jugend in den Krisenländern eingeleitet werden. Die Löhne in Deutschland müssen steigen, den deindustrialisierten Regionen in der EU müssen alternative Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden.

  • Daher fordert DIE LINKE ein öffentliches europäisches Investitionsprogramm, das vor allem auf Entwicklung im Bereich öffentlicher und sozialer Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Pflege, Verkehr und Wohnen sowie auf einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft setzt. Zur Finanzierung wollen wir in allen EU-Staaten eine einmalige Vermögensabgabe auf Vermögen über einer Million Euro erheben.
  • Wir wollen die öffentliche Kreditaufnahme vom Finanzmarkt abkoppeln: Die EZB soll den Euro-Staaten in festgelegtem Rahmen direkt leihen dürfen. Dabei sollen nicht nur Preisstabilität, sondern auch nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Vollbeschäftigung berücksichtigt werden. Dies wäre als erster Schritt über öffentliche Banken wie die Europäische Investitionsbank sowie nationale Förderbanken möglich. Wir wollen eine öffentliche europäische Ratingagentur schaffen. Ratings von privaten Agenturen dürfen nicht Gegenstand von verbindlichen Regeln der EU sein.
  • Investitionsprogramme wie der Juncker-Plan der EU fördern die Privatisierung von Autobahnen, Krankenhäusern und öffentlicher Daseinsvorsorge. Wir wollen öffentliche Investitionen in der EU fördern, statt mit öffentlichen Geldern private Investitionen und private Renditen abzusichern.
  • Wir wollen den europaweiten Ausbau öffentlicher und ökologisch sinnvoller Infrastruktur und den Ausbau regenerativer Energien gezielt fördern.
  • Keine Bankenrettung auf Kosten der Gesellschaft! Die Eigentümer und Gläubiger müssen für die Banken haften. Die Einlagen von Kleinsparerinnen und Kleinsparern müssen öffentlich abgesichert werden (vgl. Kapitel XIV »Menschen und Natur vor Profite«). Sparkassen und Genossenschaftsbanken dürfen nicht für Mega-Banken haften.
  • Wir wollen eine europäische Schuldenkonferenz, bei der die Staatsschulden auf ihre Legitimität und ihre Tragbarkeit geprüft und Lösungen gefunden werden, die den am stärksten verschuldeten Ländern einen Ausweg aus der humanitären Katastrophe und den Pfad zu einer nachhaltigen Entwicklung eröffnen.
  • Wir setzen uns für einen Schuldenschnitt für Griechenland ein. Die Bundesregierung muss endlich in Rechtsnachfolge des Nazi-Regimes die erpressten Kredite beim griechischen Staat begleichen und Reparationen für begangene Kriegsverbrechen zahlen.
  • Wir wollen den Unterbietungswettbewerb – welches Land bietet dem Kapital die niedrigsten Steuern, Löhne und Sozialleistungen – unterbinden. Wir kämpfen für Mindeststandards und eine abgestimmte Besteuerung der Superreichen in Europa. Wir wollen, dass Lohndumping in der EU gestoppt wird. Lohn-, Steuer- und Sozialpolitik müssen in diesem Sinne aufeinander abgestimmt werden. DIE LINKE kämpft für einen europäischen Mindestlohn, der bei 60 Prozent des nationalen Durchschnittslohns liegen muss.
  • Wir lehnen die Kapitalmarktunion ab, mit der die Kapitalmärkte der Mitgliedsstaaten stärker miteinander verkoppelt werden.
  • DIE LINKE fordert gemeinsam mit den Gewerkschaften eine Klausel für sozialen Fortschritt in den EU-Verträgen. Soziale Grundrechte und die Tarifautonomie müssen Vorrang vor der Binnenmarktfreiheit haben. Sozialstaatlichkeit muss in den EU-Verträgen neben Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geschützt werden.

In der Euro-Krise wurde offensichtlich: Wir brauchen Mechanismen gegen die Ungleichgewichte in den Handelsbilanzen. Die Exportüberschüsse der einen sind notwendig die Schulden der anderen. So kann kein soziales Europa entstehen. Wir wollen die Staaten auf ausgeglichene Handelsbilanzen verpflichten. Das ist im Interesse unserer europäischen Nachbarn. Und es ist im Interesse der Menschen in Deutschland, weil die Löhne steigen und die Wirtschaft stärker auf Nachfrage im Inneren statt auf Spekulation ausgerichtet wird.

  • Wir wollen Steuerflucht bekämpfen und Steueroasen austrocknen: durch automatische Meldepflichten für Banken, die Möglichkeit, verdächtige Guthaben einzufrieren, Entzug von Banklizenzen für nicht kooperierende Banken, verbesserte Strafverfolgung von Steuerhinterziehung und durch Kapitalverkehrskontrollen.
  • Die Kreditaufnahme der Staaten, zunächst derjenigen im Euro-Verbund, muss durch eine gemeinsame Haftung abgesichert werden, um zu verhindern, dass mit den Schulden der Länder spekuliert wird und die Verzinsung in nicht mehr bezahlbare Höhen getrieben wird. Die bestehenden Regelungen der Finanzaufsicht des Europäischen Stabilitätsfonds sind entsprechend anzupassen.

Die Regierenden der EU nutzen die Verhandlungen der Freihandelsverträge TTIP, CETA und TiSA, um Rechte der Beschäftigten und den Verbraucherschutz weiter zu schleifen. Fiskalpakt und Troika schaffen weitere Eingriffsmöglichkeiten in die Entscheidungen gewählter Volksvertretungen.

  • TTIP, CETA, TiSA und EPAs stoppen! In der Handelspolitik werden wir uns weiter allen Handels- und Investitionsabkommen widersetzen, die Verschlechterungen der Rechte der Beschäftigten, im Verbraucher-, Umwelt- und Klimaschutz und beim Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie der Förderung von Kulturgütern bedeuten. DIE LINKE setzt sich daher für eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen weltweit ein.

Eine EU, in der die Parlamente entscheiden

Statt einer im Kern undemokratischen EU wollen wir die Institutionen der EU grundlegend demokratisieren und damit einen Neustart für die Demokratie in Europa ermöglichen. Wir wollen die Rechte des Europaparlaments stärken. Unter den gegebenen Bedingungen dürfen keine weiteren Kompetenzen auf die europäische Ebene verlagert werden, die zu einer Verfestigung der neoliberalen EU führen können.

Es muss der Grundsatz der Subsidiarität gelten: Das stellt sicher, dass politische Entscheidungen in der EU so bürgernah wie möglich getroffen werden. Entscheidungen sollen auf den Ebenen getroffen werden, die am stärksten davon betroffen sind: kommunale Angelegenheiten in den Kommunen und bundesweite Angelegenheiten in den nationalen Parlamenten. Grundlegende Entscheidungen in der EU müssen vom Europaparlament und den nationalen Parlamenten getroffen werden statt von nicht-legitimierten Gremien wie der EU-Kommission oder dem Rat.

  • Das Europäische Parlament muss das Initiativrecht bekommen.
  • Im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion soll das EP gleichberechtigt zu Rat und Eurogruppe entscheiden können.
  • Die Abgeordneten sollen die Kommission und ihren Präsidenten wählen und abwählen können.
  • Die Hürden für Europäische Bürgerinitiativen müssen gesenkt werden.
  • Alle sollen in den EU-Staaten, in denen sie leben, volle bürgerliche Rechte genießen können.
  • Wir wollen ein verpflichtendes und verbindliches Lobbyregister. Lobbyisten, die Einfluss auf Politik nehmen, sollen registriert werden.
  • Die EZB muss unter demokratische Entscheidungen und Kontrolle des Europäischen Parlaments gestellt werden, statt »unabhängig« von diesem zu sein und über der Demokratie zu stehen. Die EZB muss neben der Preisstabilität gleichrangig auf wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigung verpflichtet werden.
  • Wir lehnen die Entmachtung der Parlamente und Eingriffe in die Tarifautonomie durch eine Euro-Wirtschaftsregierung ab.
  • Wir wollen EU-weite Volksbegehren und Volksentscheide ermöglichen.
  • Die EU muss der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten. Soziale Grundrechte – entsprechend der revidierten Europäischen Sozialcharta des Europarates – müssen von einzelnen Personen auch beim Europäischen Gerichtshof einklagbar sein.
  • Wir wollen europaweite öffentlich-rechtliche Medien und Plattformen und einen gleichberechtigten Zugang dazu für alle demokratischen politischen und sozialen Kräfte und Bewegungen.
  • Wir wollen die Grundrechte in Europa stärken: Keine verdachtsunabhängige Datenspeicherung und kein Profiling. Unter dem Vorwand der Sicherheit und des Kampfes gegen den Terrorismus werden Überwachungstechnik und Datensammlung ausgebaut und die Freiheitsrechte ausgehöhlt, die man zu verteidigen vorgibt. Wir brauchen einen starken europäischen Datenschutz, damit der Datenschutz in Deutschland besser funktioniert. Im europäischen Haftbefehl und der europäischen Ermittlungsanordnung muss das Recht auf anwaltliche Unterstützung und Übersetzung gesichert werden.

Eine EU, die gute Arbeit und soziale Rechte schafft

  • Das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort« muss rechtlich verankert werden, um Lohndumping zu unterbinden.
  • Wir streiten für einen europäischen Mindestlohn in Höhe von mindestens 60 Prozent des Durchschnittsentgelts des jeweiligen Landes.
  • Mitbestimmungsrechte und Rechte von Gewerkschaften und Beschäftigten müssen wiederhergestellt und ausgebaut werden.
  • Arbeitsinspektionen auf europäischer Ebene müssen personell besser und mit unabhängigen Kontrollrechten ausgestattet werden.
  • Wir wollen soziale Sicherheit mit verbindlicher sozialer Mindestsicherung und verbindlichen sozialen Mindeststandards nach der Günstigkeitsklausel.

Das Freizügigkeitsrecht in der EU muss für alle gelten. Ungleiche Lebensverhältnisse und die hohe Arbeitslosigkeit in Süd- und Osteuropa zwingen insbesondere junge Menschen zur Abwanderung und untergraben echte Freizügigkeit. Wir sind gegen den Ausschluss von Arbeit suchenden Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern aus der Sozialhilfe. Stattdessen sollen sie dabei unterstützt werden, eine gute Arbeit zu finden. Die Alternative sind Armut, Verelendung und Ausbeutung.

Gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen

EU-Programme – wie der Kohäsionsfonds, der Sozialfonds, Fonds für ländliche Entwicklung, der Fischereifonds und der Fonds für regionale Entwicklung – haben in den Mitgliedsstaaten, ihren Regionen und Kommunen den Ausbau von technischer und sozialer Infrastruktur befördert. Doch trotz dieser wichtigen Beiträge waren sie nicht ausreichend, um die ungleiche Entwicklung der Wirtschaft zu korrigieren und über Grenzen hinweg vergleichbare Lebensbedingungen zu schaffen. Daher müssen diese Fonds deutlich gestärkt werden, statt von Kürzungen bedroht oder zur Durchsetzung neoliberaler politischer Vorgaben missbraucht zu werden. Das von uns geforderte Europäische Investitionsprogramm soll diese Fonds nicht ersetzen, sondern ergänzen: als Bestandteil für einen sozialen Neustart der EU.

  • Die Kohäsionspolitik muss auch ab 2021 weitergeführt werden und insbesondere südeuropäische Länder der EU fördern.
  • Der Europäische Sozialfonds zur Förderung der Beschäftigungspolitik des sozialen Zusammenhalts muss weiterentwickelt werden.
  • Der Europäische Globalisierungsfonds (EGF) soll Beschäftigten helfen, wenn sie aufgrund von Globalisierungsfolgen ihren Arbeitsplatz verloren haben. Er muss auch Betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten zugänglich gemacht werden und zu einem Beschäftigungssicherungsfonds ausgebaut werden.
  • Das INTERREG-Programm muss zur Förderung grenzüberschreitender Kooperation weiterhin Unterstützung erhalten.
  • Die Mittel der EU-Agrarförderung wollen wir im Sinne einer linken Agrarpolitik nutzen, um die Exportorientierung zu beenden und ökologische Nachhaltigkeit, regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärker zu fördern.

Keine Europäische Union der Aufrüstung und Militarisierung

Die Mitgliedsstaaten der NATO haben sich verpflichtet, jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Aufrüstung und Kriegsfähigkeit zu investieren. Die Antwort auf die Wahl von Trump zum Präsidenten der USA und das »Brexit«-Votum der britischen Bevölkerung sind auch in der EU Pläne zu weiterer Aufrüstung mit dem Ziel einer »strategischen Autonomie«. Gemeint sind: eine europäische Armee, finanziert und geführt von der Europäischen Union. Ein gemeinsamer Rüstungsmarkt soll geschaffen und die Rüstungsindustrie europäisiert werden. Der Binnenmarkt für Verteidigungsgüter soll gestärkt werden. Dafür werden auch Förderungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus den Fördertöpfen der EU geprüft.

Auf die wirtschaftlichen und sozialen Zerfallsprozesse in der EU folgen militärische und sicherheitspolitische Integrationspläne. Wirtschaftliche Entwicklung wird als Rüstungsförderung betrieben. Der Ausbau einer »Verteidigungsunion« oder »Militärunion«, die Schaffung einer europäischen Armee und andere Vorhaben der Militarisierung führen nicht zu mehr Sicherheit für die Menschen in Europa, sondern sichern Konzerninteressen militärisch ab. Wir wollen die Militarisierung der EU beenden. Sicherheit gibt es nur mit konsequenter Friedenspolitik und Förderung globaler Gerechtigkeit statt Standortkonkurrenz.

  • Wir wollen die EU-Rüstungsagentur abschaffen.
  • Wir setzen uns für ein EU-weites Verbot von Rüstungsexporten ein.
  • Unser Investitionsprogramm umfasst auch Mittel für den zivilen Umbau der Rüstungsindustrie. Die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie müssen in ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Arbeitsplätze überführt werden.
  • Wir lehnen die Pläne einer europäischen Verteidigungsunion, inklusive einer intensivierten EU-NATO-Kooperation, ab. Die EU muss eine dem Frieden verpflichtete Politik betreiben, und ihre auswärtige Politik ist strikt auf zivile Instrumente zu orientieren.
  • Wir wollen den EURATOM-Vertrag auflösen und von den vertraglichen Grundlagen der EU entflechten, denn er blockiert eine transparente, sozial und demokratisch gestaltete Energiewende und den unumkehrbaren Atomausstieg. Wir setzen uns ein für die Einrichtung einer alternativen »Europäischen Gemeinschaft zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeinsparung«. Wir treten ein für eine Europäische Friedens- und Entspannungspolitik (vgl. Kapitel XV »Nein zum Krieg«).

Sichere Fluchtwege und Schutz der Menschenrechte statt Krieg gegen Flüchtlinge

Es ist mit einem demokratischen und menschlichen Europa nicht vereinbar, dass Tausende von Menschen auf ihrem Weg in ein vermeintlich sicheres Europa im Mittelmeer ertrinken oder in rechtsfreien Räumen in Auffanglagern und Abschiebezentren vor den Grenzen der EU interniert werden. Zur Beseitigung der Fluchtursachen wird ein gemeinsames Agieren der EU-Mitgliedsstaaten benötigt (zu den Fluchtursachen vgl. Kapitel XV »Nein zum Krieg«). Wir streiten für legale und sichere Fluchtwege nach Europa. Dies würde Leben retten und das Geschäft der Schlepper unterbinden. Der aktuelle »Krieg gegen die Schlepper« ist allzu oft ein Krieg gegen Boote voller Flüchtlinge. Repression und Überwachung, Entmündigung und Entrechtung ziehen sich durch die Vorschläge der Europäischen Kommission. Wir brauchen eine humane Asylpolitik und einen ebenso zu definierenden Rahmen für Einwanderung in die EU.

  • Fähren statt Frontex! Frontex muss abgeschafft und durch eine koordinierte Seenotrettung in europäischer Verantwortung ersetzt werden.
  • Die Finanzierung und Ausbildung der libyschen Küstenwache im Rahmen der Operation EUNAVFOR Med wird eingestellt.
  • Die Verantwortung, die Flüchtlinge zu schützen, darf nicht auf Drittstaaten außerhalb der EU übertragen werden. Der von der Kanzlerin vorangetriebene EU-Türkei-Deal muss aufgekündigt werden. Die Pläne, in Nordafrika Auffanglager zu schaffen, lehnen wir ab. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention dürfen Flüchtlinge nicht abgewiesen werden!
  • Das EU-Dublin-System ist gescheitert. Wir setzen uns für ein faires und solidarisches System der Flüchtlingsaufnahme und Verantwortungsteilung in der EU ein. Ein Ausgleich soll vor allem finanziell hergestellt werden (»Fluchtumlage«). Wir wollen das Prinzip der freien Wahl des Mitgliedsstaates für die Geflüchteten.
  • Die Grenzen der EU müssen für schutzsuchende Menschen offen sein, es muss sichere und legale Fluchtwege geben.

Soziale Ungleichheit nährt die Zweifel an der Demokratie. Viele bezweifeln, dass sich durch Wahlen etwas ändert. Wenn Kürzungspolitik und Schuldenbremse als alternativlos dargestellt werden, sinkt das Vertrauen in Demokratie: Was gibt es noch zu entscheiden? Wenn sich soziale Ungleichheit in politische Ungleichheit übersetzt, wird der Riss in der Demokratie tiefer. Ohnmacht, Verdruss, Unzufriedenheit und Ängste vor sozialem Abstieg. Die Gefahren, die daraus erwachsen, sehen wir in den Erfolgen rechter Parteien in Europa und den USA. Der Zulauf der Rechtspopulisten hängt eng mit der Krise der Demokratie zusammen – in Europa und in Deutschland. »Wir werden Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben.« (Angela Merkel) Das ist das Demokratieverständnis der Bundeskanzlerin. Sie will eine marktkonforme Demokratie. Das Primat der Politik, den Willen, auch Wirtschaft mittels Politik zu gestalten, gibt die Bundesregierung auf. Das Vertrauen der Märkte, nicht das der Bürgerinnen und Bürger, ist ihr Maßstab. Politik soll sich selbst disziplinieren: überall, in Europa, auf Bundesebene, in Ländern und Kommunen.

Demokratie bedeutet mehr, als alle vier Jahre Wahlen abzuhalten oder im Parlament abzustimmen. Wir wollen die Demokratie ausweiten: indem wir mehr direkten Einfluss von Bürgerinnen und Bürgern auf politische Entscheidungen schaffen. Wir brauchen mehr direkte Demokratie und Volksentscheide auch auf Bundesebene. Wir wollen Bürgerrechte verteidigen und ausweiten. Wir wollen, dass Demokratie wieder Vorrang vor wirtschaftlicher Macht hat. Und wir wollen Demokratie im Alltag stärken: durch Bürgerhaushalte, durch Demokratisierung der Wirtschaft, durch eine demokratische, solidarische Öffentlichkeit. Alle müssen gleichermaßen wirksam an den Entscheidungen beteiligt werden. Dies setzt voraus, dass alle Menschen frei von Angst vor dem Verlust von sozialer, ökonomischer und politischer Sicherheit leben können.

Wir wollen eine Demokratisierung der Demokratie, von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft befördern. Politische, soziale und kulturelle Rechte müssen universell gesichert werden. Soziale und demokratische Rechte sind unteilbar. Grundrechte müssen für alle Bürgerinnen und Bürger in gleicher Weise gelten und nicht nur privilegierten Schichten nützen. Sie dürfen nicht eingeschränkt werden: nicht für Erwerbslose, Hartz-IV-Betroffene, Migrantinnen und Migranten oder für außerparlamentarische Initiativen und Bewegungen.

Eine Demokratisierung der Demokratie bedeutet auch, den Einfluss der Menschen zu stärken, die bei Bildung, Einkommen, Zugang zur Öffentlichkeit oder wegen zu viel Arbeit oder zu wenig Zeit ohnehin weniger Möglichkeiten zum politischen Engagement haben. Unser Ziel ist, das Öffentliche auszubauen und die Bürgerinnen und Bürger stärker zu beteiligen: eine neue Solidarität und Demokratie von unten.

Rechte Gewalt stoppen: Antifaschismus ist gelebte Demokratie

Die politische Landschaft der Bundesrepublik hat sich in den letzten Jahren nach rechts verschoben. Mit der AfD hat sich eine nationalistische und in weiten Teilen rassistische Partei etabliert, die ideologische und personelle Verbindungen zur extremen Rechten hat. Rechte Gruppen und Parteien versuchen die Ängste und Nöte der Menschen vor den Folgen neoliberaler Politik zu bedienen. Mit Pegida und seinen zahlreichen regionalen Ablegern ist eine rassistische Bürgerbewegung in Teilen des Landes entstanden, die Hetze gegen Geflüchtete und Muslime betreibt. Die Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte nehmen dramatisch zu. 2014 waren es nach offiziellen Angaben 180 solcher Angriffe, 2015 weit über 1.000. 2016 hielten die Angriffe unvermindert an. Unabhängige Stellen kommen zu weit höheren Zahlen. Alltägliche rassistische Angriffe und Taten sogenannter Hasskriminalität, die sich geg

DIE LINKE ist die Kraft für soziale Gerechtigkeit und Frieden und kämpft für eine Demokratie, in der die Menschen entscheiden, nicht die Profitinteressen. Wir nennen die Namen derjenigen, die von prekärer Arbeit, Armutslöhnen, steigenden Mieten und Pflegenotstand in den Krankenhäusern profitieren. Wir wollen die Superreichen entmachten und Reichtum umverteilen. Wir sagen den herrschenden Verhältnissen, die für die ungerechte Verteilung von Reichtum, Vermögen und Macht sorgen, den Kampf an. Wir stehen auf gegen Rassismus und rechte Hetze. Für eine soziale Offensive für alle und eine solidarische Einwanderungsgesellschaft. Wir hören zu. Wir wollen wissen, was sonst niemand hören will. Wir wirken in den Parlamenten und streiten im Alltag für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Wir stehen für eine Revolution der Gerechtigkeit, die Armut beseitigt, gute Renten, gute Bildung, Gesundheitsversorgung, Pflege und bezahlbares Wohnen für alle schafft. Das sind die sozialen Tatsachen, die eine soziale Demokratie auszeichnen. Sie müssen gemeinsam erkämpft werden. Dabei halten wir uns an klare Linien: An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen. Einen möglichen Koalitionsvertrag werden wir unseren Mitgliedern zur Entscheidung vorlegen.

Eine andere Politik wird nicht allein im Parlament erreicht werden, sie braucht Druck. Druck aus der Gesellschaft, aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, aus Sozialverbänden. Druck von unten und Druck von der Straße. Ohne die Kraft der Gewerkschaften und von großen Arbeitskämpfen gäbe es keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keine Arbeitszeitverkürzung, keine Vertretungsrechte der Belegschaften. Ohne die Friedensbewegung wäre die Einbindung der deutschen Regierungen in internationale kapitalistische Kriege noch viel größer als heute. Ohne die Frauenbewegung gäbe es die Fortschritte bei der Gleichstellung der Frauen nicht. Ohne die Umweltbewegung gäbe es keinen Atomausstieg und kein breites Umweltbewusstsein. Ohne den erfolgreichen Streik an der Charité gäbe es heute keine breite Debatte über mehr Personal in den Krankenhäusern. DIE LINKE ist Teil und Verbündete, wenn es darum geht, diesen Druck aufzubauen. Und wir wollen ihn im Parlament in Veränderung übersetzen. Widerstand und Protest, die Gestaltung der Gesellschaft im Hier und Jetzt und die Vision einer über den Kapitalismus hinausweisenden Alternative bilden für unsere Politik ein unauflösbares Dreieck.

Wir versprechen: Die Abgeordneten der LINKEN binden sich an einen Verhaltenskodex. Sie stehen für die hier vorgestellten Ziele und Projekte. Sie erklären,

  • die Programmatik der Partei DIE LINKE aktiv zu vertreten.
  • die eigene politische Biografie offenzulegen.
  • dass sie keine Spenden oder Geschenke von Lobbygruppen oder Großunternehmen annehmen. Bürgerwille und Gemeinwohl gehen vor Einzelinteresse!
  • dass sie nicht mit Geheimdiensten zusammenarbeiten.
  • dass sie Informationen und Wissen aus ihrer parlamentarischen Tätigkeit zum allgemeinen Interesse einsetzen. Wir sind keine Partei der Hinterzimmer. Informationsfreiheit statt Geheimniskrämerei!
  • dass sie sich auch für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Abgeordnetenbüros und Fraktionen für gute Arbeit und Mitbestimmung einsetzen.
  • weitgehend barrierefreie und für Anliegen der Bevölkerung offene Wahlkreisbüros zu unterhalten sowie Mittel und Infrastruktur dieser Büros der lokalen Bevölkerung, sozialen Bewegungen oder Solidaritäts- und Hilfsprojekten zur Verfügung zu stellen.

Ohne dich, ohne euch geht es nicht.

Wahlen und Wahlkämpfe können viele Menschen begeistern, wenn sie sich Veränderung erwarten.

Gemeinsam können wir etwas erreichen: eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt.